Bergstraße. Das diesjährige Martinsgansessen der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) Bergstraße fand im Festsaal des Halben Monds in Heppenheim statt – an einem Ort, der eine große Bedeutung für die Freiheit habe und deshalb für die MIT wie gemacht sei, erklärte der Vorsitzende der MIT Bergstraße, Matthias Wilkes, bei der Begrüßung mit Blick auf den Halben Mond als Versammlungsort liberaler Politiker im Vorfeld der Ereignisse von 1848.
Zugleich sei im Heppenheimer Amtshof ein Jahrhundert später nicht zufällig die FDP gegründet worden. Heute ruhe die Hoffnung auf der FDP in Berlin, „die für uns die Dinge richten muss“. Wilkes führte das historisch schlechteste Wahlergebnis der CDU nicht auf Personalentscheidungen, sondern auf andere Versäumnisse der Vergangenheit zurück. Die Partei habe ihr Profil verloren. Es werde nicht mehr verstanden, wofür die Partei eigentlich stehe: für die Soziale Marktwirtschaft und für die unternehmerische Freiheit, in die durch bürokratische Vorschriften zu stark eingegriffen werde. Wichtig sei auch die Stärkung der deutsch-französischen Achse für ein funktionierendes Europa, gegen die von Putin betriebene Destabilisierung Europas.
Genau 100 Teilnehmer waren der Einladung zum traditionellen Gansessen gefolgt, darunter Vertreter der Nachbarverbände und als Ehrengast Carl-Otto Lenz, der mehrfach als CDU-Direktkandidat für den Wahlkreis Bergstraße im Bundestag saß.
Als Festrednerin war die Wirtschaftswissenschaftlerin Caroline Bosbach, Tochter des CDU-Politikers Wolfgang Bosbach gekommen, selbst Mitglied der MIT Rheingau und Mitglied des Landesvorstands der MIT Hessen und seit einigen Tagen Bundesvorsitzende des Jungen Wirtschaftsrats Deutschland, der sich als Berufsverband für die Interessen der unternehmerischen Wirtschaft gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit einsetzt.
„Die Union ist genau da, wo sie hingehört“, erklärte Bosbach. Die Zäsur des 26. Septembers tue ihr leid für die Unternehmer und das Land, aber sie habe sie in ihren Ansichten bestätigt. Die Partei leide an mangelnder Profilschärfe. Nicht dem Zeitgeist solle man hinterherrennen, indem man versuche, weiblicher, offener, urbaner oder umweltorientierter zu sein, sagte Bosbach, und verwies letztlich auf die alten Werte der Union wie die Stärkung der Sozialen Marktwirtschaft, Erhaltung des Wohlstands und Freiheit des unternehmerischen Handelns und eine Haushalts- und Finanzpolitik mit Schuldenbremse.
Der Gesellschaft attestierte sie abnehmende Leistungsbereitschaft, die etwa auch im Medaillenspiegel bei den Olympischen Spielen zum Ausdruck gekommen sei. Die digitalen Innovationen seien schwindelerregend und hätten zu einer Zersplitterung der Gesellschaft geführt – einschließlich der Radikalisierung bestimmter Milieus in den sozialen Netzwerken. Nur ein Prozent der Wähler habe die Wahlprogramme gelesen, glaubt Bosbach, und fragte skeptisch, ob man die Wähler mit Fakten überhaupt erreichen könne.
Der Debatte um klimaschonende Energien bescheinigte Bosbach ein zu hohes Maß an Emotionalität. „Die Verzichtsdebatte ist unverantwortlich“, sagte sie. Sie lenke ab von der nötigen Förderung technologieoffener klimaneutraler Technik für den Export. Der Anteil Deutschlands an den CO2-Emissionen sei unerheblich, weil sehr klein. Die Verteuerung von Energie schränke aber die deutsche Wettbewerbsfähigkeit ein, gleichzeitig werde wegen des Ausstiegs Deutschlands aus der Erzeugung von Kernenergie Atomstrom aus dem Ausland importiert.
„Pragmatismus statt Visionen“, „Pragmatismus statt vermeintlicher Moralität und Emotionen“, forderte Bosbach an mehreren Stellen ihres Vortrags.
Deutschland locke Menschen an „und sei unfähig, die eigene Grenze zu verteidigen“, sagte sie mit Blick auf die Migrationspolitik. Anders als die Bilder suggerierten, handele es sich bei den Flüchtenden vor allem um junge Männer, die nur ein Ziel hätten: Deutschland. Soziales sei nicht vom Wirtschaftlichen zu trennen. „Generationengerechtigkeit heißt vor allem, aufzuhören die soziale Gießkanne zu schwenken“, sagte Bosbach.
Die Ampelparteien forderte sie auf, von einer Erhöhung der Erbschaftssteuer abzusehen, und argumentierte dabei mit der Erhaltung der Investitionsfähigkeit der Unternehmen. Um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu gewährleisten, dürfe man sich weder an den Steuerzahler wenden, noch auf Pump oder die Notenbanken vertrauen. Man müsse stattdessen die Unternehmen stärken.
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