Bergstraße. Der Blick auf das DIVI-Intensivregister ergibt für den Kreis Bergstraße eigentlich noch moderate Zahlen. Nach Stand von Dienstag wurden dort sechs Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen verzeichnet, von denen einer beatmet werden musste. Im Bergsträßer Kreiskrankenhaus stellt sich die Lage jedoch anders dar, denn die Versorgung von Corona-Intensivpatienten läuft im Kreisgebiet vorrangig überdie Heppenheimer Klinik und das Heilig-Geist-Hospital in Bensheim.
„So ganz wenig ist das nicht“, umschreibt dann auch Geschäftsführer Daniel Frische die aktuelle Situation. Die Patientenzahlen steigen auch auf den Normalstationen und so ist es inzwischen schon erforderlich, sich mit den Rettungsdiensten und dem Kreis abzustimmen, wohin die Covid-19-Erkrankten gebracht werden. „Wir hatten bereits Verlegungen aus anderen Kreisen zu uns, haben aber auch schon Bergsträßer Patienten in anderen Gebieten unterbringen müssen – wir arbeiten an der Kapazitätsgrenze.“
Zu Lasten des normalen Betriebs
Aufgrund der steigenden Infektionszahlen, die unweigerlich auch mehr Patienten zur Folge haben, müssen im Kreiskrankenhaus zusätzliche Betten für sie bereitgestellt werden. „Das geht natürlich zu Lasten des sonstigen Betriebs und damit zu Lasten der normalen Patienten. Deshalb müssen wir schon wieder Einschränkungen bei den elektiven, den planbaren Eingriffen vornehmen“, so Frische. Für die Corona-Patienten ist auch ein größerer Aufwand bei der Versorgung notwendig. „Für sie müssen wir oftmals ein ganzes Zimmer bereithalten. Das wirkt sich natürlich auf unsere insgesamte Bettenkapazität aus“, macht er die Problematik deutlich.
Wie wichtig die Impfung gegen das Coronavirus ist, zeigt sich gerade beim Blick auf die Intensivstationen. In Heppenheim landen hier fast durchweg nur ungeimpfte Patienten. „Vor allem sie sind von schweren Krankheitsverläufen betroffen“, erklärt Frische und macht keinen Hehl aus seinem Frust: „Hätten sie sich impfen lassen, wären sie besser davor geschützt gewesen. Deshalb habe ich kein Verständnis dafür, dass sich die Erwachsenen nicht impfen lassen. Aber wir haben einen Versorgungsauftrag – und dem kommen wir auch nach.“
Der Geschäftsführer bestätigt, dass es auch im Kreiskrankenhaus Patienten mit Impfdurchbrüchen gibt, diese hätten in der Regel aber leichtere Verläufe. Die Ausnahme stellten geimpfte Patienten mit Einschränkungen des Immunschutzes beispielsweise aufgrund hohen Alters oder entsprechenden Vorerkrankungen dar.
Sehr kritisch sieht er indes das Krisenmanagement seitens der Politik – gerade vor dem Hintergrund, dass das hessische Corona-Kabinett neue Regelungen bei der Testpflicht im Gesundheitsbereich vorgegeben hat. Hier vermisst er auf Bundes- und auf Länderebene eine übergreifende, klare Linie. „Das ist alles nur Stückwerk. Ich verstehe nicht, warum die Politik nicht endlich eine Impfpflicht für die Mitarbeiter im Gesundheitswesen beschließt. Es geht doch um den Schutz der Patienten. Alles andere ist inkonsequent“, lautet seine Forderung.
Über 90 Prozent sind geimpft
Deshalb ist er froh, dass die Mitarbeiter des Kreiskrankenhauses zu über 90 Prozent geimpft sind. „Da bin ich dankbar dafür. Die täglichen Tests für die restlichen Beschäftigten, von denen sich manche medizinisch bedingt nicht impfen lassen können, kriegen wir hin. Das ist kein Problem, es kostet halt nur Zeit.“ Er teilt auch nicht die Befürchtungen, dass im Falle einer Impfpflicht gleich reihenweise Mitarbeiter verlorengingen. Und er fordert eine klare, verlässliche Strategie der Politik, die das Vorgehen in der Pandemie mit einem entsprechenden Stufenplan bis ins Frühjahr regelt, anstatt sich alle drei Wochen mit einer neuen Verordnung auseinandersetzen zu müssen: „Da ducken sich zu viele im Moment weg.“
Nach der Entscheidung des Corona-Kabinetts in Wiesbaden müssen Krankenhäuser ab Donnerstag Corona-Tests für Besucher bereitstellen. „Wir haben uns in der Leitung überlegt, ob wir eine Teststraße am Eingang aufbauen. Das wäre machbar gewesen, aber es geht ja darum, Viruseinträge zu verhindern und unsere Patienten zu schützen. Da ist ein Test pro Woche völlig inkonsequent. Deshalb haben wir uns entschlossen, ab dem kommenden Montag für die Besucher auf das 2 G-Modell zu gehen“, kündigt er an.
Besuchsverbot letzter Schritt
Frische rechnet zwar damit, dass das zu Unruhen an der Pforte führen kann, deshalb „werden wir dort einen Sicherheitsdienst hinstellen“. Sollten die Infektionszahlen weiter steigen, könnte auch die Anordnung eines Besuchsverbots wie im vergangenen Jahr wieder ein Thema werden. „Das wäre aber der letzte Schritt.“ /ü
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