Unterstützung

Bergsträßer Hilfstransport: „Die Ukrainer sind völlig fertig und die Polen haben Angst“

Von 
red
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Bergstraße. BA-Mitarbeiter Jürgen Pfliegensdörfer, der sich am Mittwoch mit einem Hilfstransport im Rahmen einer Aktion der Gewerkschaft der Polizei in Richtung Polen aufgemacht hat (wir berichteten), ist mitten in der Nacht in Chelm angekommen, einer Stadt mit rund 60 000 Einwohnern rund 30 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.

Hier die ersten Eindrücke des ehemaligen Kriminalhauptkommissars: „Die Menschen hier in Polen geben sich extreme Mühe, den Flüchtlingen aus der Ukraine zu helfen“, berichtet er am Telefon. Gleichzeitig beobachtet er eine große Verunsicherung und Angst der Polen selbst.

„Viele packen Schlafsäcke und Notfallpakete, damit sie ihrerseits schnell Richtung Westen flüchten können. Sie fürchten, dass Polen in den Krieg der Russen gegen die Ukraine hineingezogen werden können“, so Pfliegensdörfer.

Einige hätten schon Pläne, bei Verwandten im Westen Polens unterzukommen. Das haben ihm zwei Frauen in Chelm berichtet, die gut deutsch sprechen, weil sie in „normalen Zeiten“ Pflegekräfte nach Deutschland vermitteln.

Von den Hilfsgütern aus dem Westen „können die Flüchtlinge aus der Ukraine alles brauchen, was wir liefern können. Vor allem aber fehlt es an Hygieneartikeln für Frauen und Kinder sowie Kindernahrung“. Und an Verbandsmaterial und Medikamenten. Die Apotheken seien vielfach leer. Essen und Trinken hingegen gebe es vor Ort meist ausreichend.

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Die aktuelle Versorgungslage gebe er an die Hilfsorganisationen in Deutschland weiter, damit bei den nächsten Transporten auch das dringend Benötigte auf den Weg gebracht werden kann. Männer seien kaum unter Flüchtlingen, sie werden zum Militär eingezogen.

Was den Ukrainern in Polen besonders stark zu schaffen macht, ist der abgebrochene Kontakt zu ihren Verwandten, da die ukrainischen Telefonkarten nicht funktionieren. Viele versuchen andere Karten zu organisieren, um zu erfahren, „ob ihre Verwandten überhaupt noch leben.“

Von einer Flüchtlingsunterkunft – einem alten Autohaus – berichtet Pfliegensdörfer über schwierige hygienische Bedingungen. Für über 70 Flüchtlinge gebe es gerade mal zwei Duschen. Es herrsche ein ständiges Kommen und Gehen. 20 Flüchtlinge verlassen die Notunterkunft, 30 neue kommen an. Sie berichten von Wartezeiten von bis zu vier Tagen an der polnisch-ukrainischen Grenze. „Die sind völlig fertig“, sagt Pfliegensdörfer.

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Bei der Fahrt nach Ostpolen haben er und sein Begleiter mehrfach die Unterkunft umplanen müssen. Eine Schule und ein Hotel, das sie ansteuern wollten, waren voll. Um 1 Uhr in der Nacht sind sie dann schließlich bei „wildfremden Menschen in einer Privatunterkunft untergekommen, die sie aufgenommen haben“. Nach zwei Bier ging es um 2.30 Uhr ins Bett.

Um acht Uhr saßen sie wieder im Transporter, rund 30 Kilometer vor ihrem Zielort Chelm. Als zuvor vor Lublin der Sprit zur Neige ging, hatten sie Probleme, eine Tankstelle zu finden. Der Diesel, der in Ostpolen üblicherweise aus Russland kommt, wird nicht mehr geliefert.

Auf dem Weg haben sie Militärtransporte gesehen. US-Tankfahrzeuge, aber Sattelschlepper mit deutschen Kennzeichen, die Militärgerät transportiert haben, und auch einige Bundeswehrfahrzeuge. 

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