Bergstraße. Die heißen Sommertage verlocken dazu, sich in den oftmals idyllisch gelegenen Baggerseen an der Bergstraße Abkühlung zu verschaffen. Allerdings ist nicht jeder Baggersee auch ein Badesee. Diese Unterscheidung kann lebenswichtig sein, schließlich kommt es immer wieder zu tragischen Unglücksfällen, bei denen Menschen im schlimmsten Fall ihr Leben verlieren.
Vor dem Baden in Seen, die nicht zur Freizeitnutzung freigegeben sind, warnt auch die Bergaufsicht beim Regierungspräsidium (RP) Darmstadt. Die Behörde ist für das Thema zuständig, weil an einigen Seen auch heute noch Kies abgebaut wird. Und bei noch aktiven Abbaubetrieben können durch steile Böschungen und Abbaugeräte oft Gefahren entstehen, die für die Badenden nicht wirklich einschätzbar sind.
Ganz gefährlich wird es, wenn man sich dort aufhält, wo in der Tiefe Feinmaterialien eingespült werden. Was so harmlos wie „Strand“ aussieht, kann zur tödlichen Falle werden, weil der Untergrund hier keinerlei Stabilität hat.
Abkühlung in natürlichen Gewässern
Badesee Bensheim: Der Baggersee mit seinem 300 Meter langen Sandstrand und parkähnlicher Liegewiese ist in den Sommermonaten ein reizvoller Anziehungspunkt für Badefreunde, denen Duschen, WCs, ein Kiosk und ein Spielplatz zur Verfügung stehen. Vom Ufer geht es gleich steil ins kühle Nass, das bis zu 17 Meter tief ist. Aufgrund dieser beachtlichen Tiefe könnte sich im Sommer eine stabile Temperaturschichtung innerhalb des Sees aufbauen. Zur Verbesserung der Wasserqualität gibt es jedoch eine Belüftungsanlage, die die Bildung der Temperaturschichtung stört.
Badesee Gernsheim: Der Baggersee befindet sich unmittelbar vor dem Rhein-Hochwasserdamm der Weschnitz am Ortsrand von Gernsheim. Das Ufer ist teilweise steil, jedoch am südlich gelegenen Badestrand relativ flach und deshalb dort eher für Kinder geeignet. Es gibt einen etwa 120 Meter langen und etwa 25 Meter breiten Sandstrand und eine Liegewiese, die sich direkt an den Sandstrand anschließt. Es gibt Toiletten, Duschen, Umkleidekabinen und einen Kiosk. Mit Ausnahme des Badestrandes wird der gesamte See auch zum Angeln genutzt, wozu an vielen Stellen Stege und befestigte Buchten angelegt wurden.
Kärcher-Surfsee Biblis: Auch heute noch wird dort Kies ausgehoben, weshalb die Fläche des Sees kontinuierlich wächst. Zudem findet sich im westlichen, zum Baden genutzten, Teil wegen des Kiesabbaus immer eine feine Trübung des ansonsten sauberen Wassers. Das östliche Becken des Sees ist mit dem restlichen nur durch einen kleinen Durchstich verbunden. Das Ufer des östlichen Beckens ist praktisch vollständig von Wochenendhäusern umgeben – und der See wird hier vorwiegend zum Segeln und Angeln genutzt. Der See wurde erst 2009 als offizieller Badesee angemeldet, nachdem an der ursprünglich vorwiegend zum Surfen vorgesehenen nordöstlichen Ecke des westlichen Beckens die Anzahl der Badenden zunahm.
Badesee Lampertheim: Dieser relativ kleine See liegt in einem Naturschutzgebiet der Rheinauen. Er gehört mit einem Freibad und Hallenbad zu den Biedensand-Bädern. Je nach Witterung ist das Baden somit im Freien oder unter Dach möglich. Am nördlichen Ufer liegt – abgetrennt vom Badebetrieb – ein Angelbereich. Am nordwestlichen Ufer gibt es auch einen kleinen FKK-Abschnitt. Es gibt zwei große, jeweils rund 200 Meter lange Badestrände am westlichen und östlichen Ufer mit anschließenden Liegewiesen, auf denen einige Bäume Schatten spenden. Für die Badegäste stehen Duschen, WCs, zwei Kioske, eine große Wasserrutsche und ein Spielplatz zur Verfügung.
Waidsee Weinheim: Das Gewässer liegt in einem großen Naherholungsgebiet westlich der Stadt. Der ehemalige Baggersee ist rund 700 Meter lang und 500 Meter breit. Es gibt Toiletten, Duschen, Umkleidekabinen und einen Kiosk. Der See entstand in den Jahren von 1966 bis 1977 während des Autobahnbaus zwischen Darmstadt und Heidelberg.
Wiesensee Hemsbach: Ein Freizeitbad mit schattigen Liegewiesen und Sandstrand am See sowie mit einem flachen Becken für Kinder warten auf Badegäste. Ein Kinderspielplatz, ein Volleyballfeld und fünf Tischtennistische ergänzen das Freizeitangebot. Toiletten, Duschen, Umkleidekabinen und ein Kiosk sind vorhanden. Auch der örtliche Angelsportverein und ein Tauchclub haben am See ihre Heimat. seg
Auch bei längst still gelegten Seen kann es unter Wasser zu Rutschungen des Grundes kommen – die dadurch entstehenden Kaltwasserströmungen können bei den Badenden und Schwimmern einen lebensgefährlichen Kälteschock auslösen, warnt die Bergaufsicht beim RP.
Im Jahr 2019 ertranken laut der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) deutschlandweit 417 Menschen – davon 20 in Hessen. „Die Gefahren sind vielfältig und auf den ersten Blick nicht erkennbar“, warnt Frank Braunisch. Der Dezernatsleiter beim Regierungspräsidium betont, dass noch aktive Baggerseen und Tagebau-Betriebe keine geeigneten Plätze zur Freizeitnutzung seien.
Schwimmeister oder DLRG anwesend
Besucher von Baggerseen, an denen noch Kies abgebaut wird, begingen auf den Firmengeländen außerdem Hausfriedensbruch. Die Experten von der RP-Bergaufsicht mahnen daher, nur die zum Baden freigegebenen Seen und Gewässer-Abschnitte zu nutzen.
An offiziellen Badeseen sind immer Schwimmmeister oder die DLRG anwesend und leisten im Notfall schnell Hilfe. An nicht freigegebenen Baggerseen dagegen dauert es oft lange, bis Hilfe eintrifft. Denn die Zufahrt zu den Ufern ist oft schwierig, die Rettungsdienste müssen zudem erst Boote ins Wasser lassen, um in Not geratene Personen überhaupt zu erreichen. Meist werden Verunglückte deshalb nur noch tot geborgen.
Der Erlensee in Bickenbach
Am Erlensee bei Bickenbach, der oft fälschlicherweise ebenfalls als Badesee geführt wird, ist vom Angelsportverein Bickenbach gepachtet und somit Privatgelände, bei dem es sich zudem um ein im Natur- und Vogelschutzgebiet han delt.
Verboten ist das Baden zum Beispiel auch am Bruchsee in Heppenheim. Das 650 Meter lange und 210 Meter breite Gewässer ist stellenweise mehr als zehn Meter tief. Der See ist durch angelegte Spazierwege erschlossen.
An der Südspitze befindet sich ein Röhrichtgebiet. Das Gewässer entstand im Jahr 1967 durch Abtragungen von zwölf Millionen Kubikmetern Moorerde und durch die Förderung von etwa einer Million Kubikmetern Kies, der für den Bau der Autobahn A 5 genutzt wurde.
Kies wird auch heute noch an der Erlache zwischen Bensheim, Lorsch und Heppenheim abgebaut. Daher ist auch hier das Baden strengstens untersagt. Und die Einhaltung des Verbots wird auch regelmäßig kontrolliert – aus gutem Grund: Durch das permanente Ausbaggern in bis zu 30 Metern Tiefe ist es nicht verwunderlich, dass es immer wieder zu Uferabbrüchen kommt.
Mitte Mai 2009 beispielsweise ist ein 70 Meter langer und bis zu zehn Metern breiter Uferstreifen plötzlich weggebrochen. Dennoch gibt es immer wieder „Schwarzbader“, die sich an unbeaufsichtigten Gewässern – auch an der Erlache – in bodenlosem Leichtsinn in Lebensgefahr begeben.
Dabei locken rundum einige Badeseen, in denen Schwimmen nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht ist. Der nächstgelegene ist der Badesee in Bensheim. Nähere Informationen zu diesem Freizeitgewässer und noch zu fünf weiteren zum Baden geeigneten Seen in der Region sind in der Infobox zu finden.
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