Bergstraße. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) fragt alle zwei Jahre Radfahrer in ganz Deutschland, wie sie das Radfahren an ihrem Wohnort bewerten. Nun hat der ADFC die Ergebnisse der Umfrage aus dem Jahr 2022 veröffentlicht. Aus dem Kreis Bergstraße sind Bensheim und Heppenheim in der Klasse der Orte mit 20 000 bis 50 000 Einwohnern vertreten, sowie in der Klasse der Kommunen mit weniger als 20 000 Einwohnern Lorsch und Bürstadt.
In der Rangliste der größeren Orte liegt Bensheim auf Platz 159 deutlich vor Heppenheim auf Platz 260 von bundesweit insgesamt 447 Orten. Auch in der Hessen-Wertung ist der Unterschied deutlich: Bensheim auf Platz 19 vor Heppenheim auf Platz 28 von insgesamt 42 Orten.
Bei den Kommunen mit unter 20 000 Einwohnern liegt Lorsch auf Rang 126 deutlich vor Bürstadt auf Rang 378 von bundesweit 474 Kommunen. In der Hessen-Wertung belegt Lorsch Rang 10, Bürstadt nur Rang 43 von insgesamt 57 Kommunen.
Bensheim – Note 3,9
Die Bensheimer Radfahrer geben dem Fahrradklima in ihrem Ort die Schulnote 3,9. Das ist eine leichte Verschlechterung zum Jahr 2020. Trotzdem liegt das Fahrradklima im Vergleich zu Orten mit ähnlicher Einwohnerzahl leicht über dem bundesweiten Durchschnitt.
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Als positiv haben die 163 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bewertet, dass ausreichend öffentliche Fahrräder zur Verfügung stehen, dass der Winterdienst auf den Radwegen funktioniere und die Fahrradmitnahme im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) problemlos und günstig möglich sei.
Als nicht ausreichend empfinden die Bensheimer Radler die Fahrradförderung in letzter Zeit und die Kontrolle von Falschparkern auf Radwegen. Außerdem vermissen sie eine bequeme und sichere Führung an Baustellen.
Heppenheim – Note 4,1
Die Heppenheimer Radler bewerten die Fahrradfreundlichkeit in ihrer Stadt mit der Schulnote 4,1. Damit hat sich das Klima im Vergleich zum Jahr 2020 wie auch in Bensheim leicht verschlechtert. Das Fahrradklima liegt in der Kommune leicht unter dem bundesweiten Durchschnitt.
Als über dem Durchschnitt positiv bewerten die 86 Teilnehmer, genauso wie die Radler in Bensheim, dass ihnen ausreichend öffentliche Leihfahrräder zur Verfügung stehen und dass sie den Drahtesel problemlos in den öffentlichen Verkehrsmitteln mitnehmen können. Während die Bensheimer den funktionierenden Winterdienst als über dem Durchschnitt positiv bewerten, nennen die Heppenheimer als Stärke ihrer Stadt, dass Einbahnstraßen mit den Rad auch in Gegenrichtung befahren werden dürfen.
Als die drei größten Negativpunkte beklagen sie mangelnde Werbung für das Radfahren, eine schlechte Erreichbarkeit des Stadtzentrums mit dem Rad und dass nur bestimmte Gruppen der Gesellschaft, wie etwa Kinder und Radsportler, aber nicht eine breite Mehrheit quer durch alle Generationen das Fahrrad nutze.
Lorsch – Note 3,7
Die Fahrradfreundlichkeit von Lorsch hat sich den Antworten von 68 Umfrage-Teilnehmern zufolge mit der Schulnote 3,7 in den vergangenen beiden Jahren stark verschlechtert.
Als besonders negativ wird genannt, dass – im Gegensatz zu Heppenheim – in den meisten Einbahnstraßen das Fahren in Gegenrichtung auch für Radfahrer verboten sei, dass Radwege oft zu schmal seien und dass geduldet werde, wenn Autofahrer auf Radwegen parken.
Aber es gibt auch überdurchschnittlich Positives: Die Ortsmitte sei gut mit dem Rad zu erreichen und es werde viel für das Radeln geworben. Dem Satz „Bei uns macht Radfahren Spaß“ stimmen 46 Prozent der teilnehmenden Lorscher Radler fast uneingeschränkt zu.
Bürstadt – Note 4,2
Die Bürstädter Radfahrer geben der Fahrradfreundlichkeit ihrer Kommune die Schulnote 4,2. Im Vergleich zu 2020 ist sie damit relativ konstant geblieben. Als unter dem Durchschnitt negativ wird die Reinigung und der Winterdienst der Radwege empfunden sowie Hindernisse wie etwa Laternen oder Werbeständer.
Als über dem Durchschnitt positiv bewerten die Bürstädter Radler, wie auch schon diejenigen in Bensheim und Heppenheim, dass öffentlich zugängliche Leihfahrräder für jeden einfach, zuverlässig und preisgünstig nutzbar seien und dass sie das Rad einfach und preiswert im ÖPNV mitnehmen können. Ganz im Gegensatz zu den Heppenheimern stimmen die Bürstädter auch folgendem Satz mehrheitlich zu: „Bei uns fahren alle Fahrrad – egal ob alt oder jung.“
Die zweite Vorsitzende des ADFC Bergstraße, Anette Seip aus Heppenheim, sagt zu den Ergebnissen der aktuellen Umfrage: „Es kommt immer darauf an, wer mitmacht. Wer auch im Winter bei Eis und Schnee mit dem Fahrrad zur Arbeit oder zum Einkaufen kommen muss, ist kritischer als jemand, der nur im Sommer mal zur Eisdiele radelt oder eine Spazierfahrt macht.“
Seip kritisiert auch, dass das Radverkehrskonzept des Kreises Bergstraße, das im Herbst 2019 vorgestellt wurde und auch zahlreiche Radweg-Verbindungen zwischen den Orten enthält, bisher noch nicht umgesetzt worden sei. Es werde zwar „punktuell etwas gemacht, aber das große Ganze fehlt“.
Ein Vorbild in punkto Radler-Freundlichkeit sind für Seip Großstädte wie etwa Darmstadt oder Frankfurt. Hier würden Radwege oft auf Zeit durch vorläufige Markierungen verbreitert. Wenn der entsprechende Radweg dadurch deutlich mehr frequentiert sei, bleibe die Markierung dauerhaft bestehen.
„Am Kreis Bergstraße gibts so etwas nicht. Es ist aber auch schwieriger, weil die Städte enger gebaut sind“, räumt Seip ein. Dennoch: „Fahrradfahrer sind an der Bergstraße oft immer noch Verkehrsteilnehmer zweiter Klasse.“
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