Zwingenberg. Stadträtin Evelyn Berg scherzt: „Na, sind Sie gekommen, um zu zeigen, dass wir führungslos sind?“ Nein, das Gruppenbild des Magistrats im Amtszimmer des Rathauschefs soll genau das Gegenteil dokumentieren: Während der nunmehr ehemalige Bürgermeister Holger Habich fast zeitgleich an diesem frühen Montagmorgen seinen Dienst als neuer Ordnungsamtsleiter der Stadt Frankfurt beginnt, tritt der Magistrat nach dem Fototermin im Rathaus dann im Goethezimmer des „Bunten Löwen“ unter der Leitung von Erster Stadträtin Karin Rettig zu einer ersten Sitzung ohne Hauptamtlichen zusammen und nimmt ebenfalls zuversichtlich seine „Regierungsgeschäfte“ auf.
Rettig engagiert sich seit 30 Jahren in der Kommunalpolitik
Am vergangenen Mittwoch ist Habich, der vorzeitig aus dem Amt geschieden ist, um in der Mainmetropole eine neue Herausforderung zu bestehen, verabschiedet worden (wir haben berichtet). Zuvor hat er die Amtsgeschäfte an seine ehrenamtliche Stellvertreterin Karin Rettig übergeben. Die Erste Stadträtin hat den Bürgermeister-Job schon einige Male als Urlaubsvertretung gemacht, nun aber wird sie gemeinsam mit ihren ebenfalls ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen Evelyn Berg, Ingrid Germann, Reinhold Geierhaas, Michael Knecht und Rolf Jaenchen eine ganze Zeitlang ohne Hauptamtlichen an der Spitze auskommen müssen.
Die Bürgermeisterwahl ist bekanntermaßen auf den Tag der Bundestagswahl – den 23. Februar 2025 – terminiert. Bis dato haben zwei Männer ihren Hut in den Ring geworfen: Der Zwingenberger CDU-Kommunalpolitiker Sebastian Clever, der von der FDP unterstützt wird, sowie der unabhängige Kandidat Stefan Juchems aus Seeheim-Jugenheim, der Bündnis 90/Die Grünen angehört und von der Zwingenberger Gemeinschaft für Umweltschutz und Demokratie (GUD) unterstützt wird.
Nach dem „Fahrplan“ von Gemeindewahlleiter Ralf Barthel können noch bis spätestens am 16. Dezember weitere Wahlvorschläge eingereicht werden. Die Amtseinführung des neuen Bürgermeisters wäre dann frühestens in einer Stadtverordnetenversammlung am 3. April möglich. Bis dahin will Erste Stadträtin Karin Rettig an jedem Werktag mindestens von 9 bis 13 Uhr im Rathaus arbeiten.
Karin Rettig wird den Zwingenberger Weihnachtsmarkt 2024 eröffnen
Ihr Kalender hat sich in den vergangenen Wochen bereits gut gefüllt. Der Vorstand des Bauhof-Zweckverbands tagt, eine Personalratssitzung steht an, die neue Schulleiterin macht einen Antrittsbesuch im „Schlösschen“, wie der Verwaltungssitz auch genannt wird, und an diesem Freitag wird es erstmals seit 17 Jahren nicht Holger Habich sein, der den Zwingenberger Weihnachtsmarkt eröffnet: Auch das gehört jetzt zum Job von Frau Rettig.
Vor den Themen und Terminen ist der 67-Jährigen nicht bange, schließlich macht sie seit gut drei Jahrzehnten Kommunalpolitik. Und viele Bürgerinnen und Bürger kennt sie aufgrund ihrer langjährigen Berufstätigkeit als Pharmazeutisch Technische Assistentin in der örtlichen Apotheke Herms.
Die Erwartungshaltungen indessen, die sicher viele jetzt an sie stellen, die haben ihr schon ein paar schlaflose Nächte bereitet. „Aber jetzt heißt’s Augen zu und durch.“ Sie bittet jedoch um Nachsicht: „Ich bin keine promovierte Juristin“, spielt sie auf die Ausbildung von Habich an, „und Bürgermeisterin ist nicht mein Beruf.“
Bei einer Klausurtagung der Amtsleiterrunde des Rathauses, die jüngst letztmals unter der Leitung von Holger Habich stattgefunden hat, wurde Karin Rettig aus Verwaltungssicht mit den Themen des neuen Jahres vertraut gemacht. Und sie genießt das volle Vertrauen des ehemaligen Bürgermeisters, mit dem sie eine enge Freundschaft verbindet – der ist sich sicher: „Karin wird das gut machen, sie ist schließlich schon lange dabei und stets stark interessiert an den Themen und vor allem an den Menschen.“
Überdies könne sie sich schnell in neue Sachverhalte einarbeiten und sie sei immer für Neues aufgeschlossen. Der Magistrat wiederum sei ebenso wie die Rathaus-Mannschaft ein eingespieltes und gutes Team. Habich: „Den Bürgerinnen und Bürgern muss nicht bange sein.“
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