Kommunalpolitik

Stadt Zwingenberg fordert Verlängerung der Tempo-30-Zone

Bereits 2022 hatte der Kreis den Antrag abgelehnt. Mit dem Verweis auf eingehaltene Lärmschutzrichtwerte und fehlende Gefahrenlage laut Straßenverkehrsordnung.

Von 
Michael Ränker
Lesedauer: 
Bürgermeister Sebastian Clever bittet in einem Schreiben an Landrat Engelhardt, die bestehende Tempo-30-Strecke im Bereich der Evangelischen Kita um 150 Meter bis zur Wiesenpromenade zu verlängern. © Michael Ränker

Zwingenberg. Was die Ausweitung von Tempo 30 auf der Bundesstraße 3 in der Ortsdurchfahrt von Zwingenberg angeht, so zeichnen sich Stadtverwaltung und Kommunalpolitik durch ein großes Beharrungsvermögen aus: Obgleich im Rathaus diesbezüglich bislang nur Ablehnungen von der Straßenverkehrsbehörde des Landkreises Bergstraße eingetroffen sind, bleibt man hartnäckig: Bürgermeister Sebastian Clever hat jetzt im Juni einen Brief an Landrat Christian Engelhardt geschrieben und bittet darin, „die bestehende Tempo-30-Strecke im Bereich des Evangelischen Kindergartens (…) in südlicher Richtung bis zur Einmündung Wiesenpromenade zu verlängern“.

Damit tritt Rathauschef Clever quasi in die Fußstapfen seines Vorgängers Holger Habich. Der hatte auf Basis eines im Juli 2022 gefassten Stadtverordnetenbeschlusses, die Geschwindigkeit in dem beschriebenen B3-Abschnitt von den üblichen 50 km/h auf 30 km/h reduzieren zu wollen, eine Absage kassiert. „Der Kreis hat geantwortet, dass kein Handlungsbedarf beziehungsweise keine Grundlage für verkehrsrechtliche Maßnahmen besteht“, erläuterte Habich im September 2024 in einer Sitzung des Kommunalparlaments.

„Schutz der Bevölkerung vor Lärm wird eingehalten“

Seinerzeit hatte die SPD nachgehakt, was denn aus dem Beschluss vom Juli 2022 geworden sei und daraufhin von der Ablehnung erfahren. Habich zitierte aus dem Bescheid der Straßenverkehrsbehörde, „dass die Richtwerte der Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien-StV) in dem Bereich eingehalten werden“.

Allerdings war es der Zwingenberger Stadtverordnetenversammlung mit ihrer mehrheitlich beschlossenen Initiative nicht nur um mehr Lärmschutz entlang der Ortsdurchfahrt, sondern auch um mehr Sicherheit gegangen. Namentlich die SPD argumentierte mit einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung, in der geregelt werde, dass auf Bundesstraßen innerhalb von geschlossenen Ortschaften das Tempo „in sensiblen Bereichen“ auf 30 km/h beschränkt werden könne.

Und so ein „sensibler Bereich“ sei neben der Evangelischen Kita auch die weiter stadteinwärts befindliche Passschule, ein Gebäude der örtlichen Grundschule. Überdies handele es sich auch bei dem an die B3 angrenzenden Stadtpark und dem Stadtpark-Spielplatz mit Ausgängen zur B3 um solche „sensiblen Bereiche“, so die Sozialdemokraten.

Melibokusschule stellt keinen Rechtfertigungsgrund dar

„Auf weitere mögliche Rechtfertigungsgründe geht der Kreis nicht weiter ein“, hieß es jedoch in der Antwort auf die Anfrage der SPD. Insbesondere der Standort Melibokusschule stelle keinen Rechtfertigungsgrund für entsprechende Maßnahmen dar, da sich diese in der zweiten Reihe parallel zur B3 befinde und somit nicht als konkrete Gefahrenstelle gewertet werden könne, verlautbarte das Rathaus.

In seinem nun an den Landrat adressierten Brief stellt Bürgermeister Sebastian Clever auf eine „neue Rechtslage“ ab, die der Straßenverkehrsbehörde nach einer Novellierung der Straßenverkehrsordnung „erweiterte Ermessenspielräume“ zugestehe. Er bittet den Landrat um „wohlwollende Prüfung“ und stellt zusammenfassend fest: „Die beantragte Maßnahme leistet einen wichtigen Beitrag zur Schulwegsicherheit, zum Schutz spielender Kinder sowie zur allgemeinen Verkehrssicherheit in einem stark frequentierten Abschnitt unserer Stadt.“

Im Detail hebt Clever besonders die Schulweg-Situation hervor. Die B3 müsse nicht nur von zahlreichen Grundschulkindern überquert werden, sondern die Gehwege entlang der Hauptverkehrsachse seien Bestandteil des Schulwegs. „Viele Kinder - etwa die Hälfte der Schülerschaft - wohnen östlich der B3 und nutzen täglich den Abschnitt zwischen kirchlicher Kita und Wiesenpromenade, um zur Schule zu gelangen“. Gerade für Kinder im Grundschulalter sei „ein ruhigeres Verkehrsumfeld essenziell, um Orientierung und Sicherheit im Straßenraum zu gewährleisten“. Darüber hinaus nutzten viele Teenager den Abschnitt auf dem Weg zu den weiterführenden Schulen in Bensheim.

Spielplatz im Stadtpark hat einen Zugang zur B3

Ein weiterer „gewichtiger Aspekt“ für mehr Tempo 30 auf der B3 sei der Spielplatz im barrierefreien Stadtpark, der direkt an die Bundesstraße angrenzt. Clever argumentiert: „Es handelt sich um den am stärksten frequentierten Spielplatz Zwingenbergs, dessen Zugang unmittelbar zur B3 führt. Eine solche Konstellation zählt ausdrücklich zu den Fällen, in denen nach aktueller Rechtslage Tempo 30 auch auf Vorfahrtstraßen und Bundesstraßen zulässig ist.“

Hinzu komme die „problematische Sichtsituation“ im Bereich der Fußgängerampel an der Neugasse. Für Fußgänger, die aus östlicher Richtung kommen, sei die Straße aufgrund des kurvigen Verlaufs nur schwer einsehbar. In dem Brief an den Landrat heißt es: „Fahrzeuge, die sich nähern, können erst spät erkannt werden. Umgekehrt wird auch die Fußgängerampel von Fahrern, die mit höherem Tempo unterwegs sind, oft erst kurzfristig wahrgenommen. Diese unübersichtliche Lage führt insbesondere bei Kindern zu spürbarer Verunsicherung. Viele berichten, dass sie sich beim Warten an der Ampel nicht sicher fühlen, weil sie nicht abschätzen können, ob die Fahrzeuge rechtzeitig anhalten. Dieses Unsicherheitsgefühl ist ein deutliches Anzeichen für eine reale Gefährdungssituation im Alltag.“

Mehr zum Thema

Verkehr

„Promille-Highway“: Statt Idylle erlebt Bürstadts Boxheimerhof zu viel Verkehr

Veröffentlicht
Von
Corinna Busalt
Mehr erfahren
Info-Veranstaltungen

Die B460-Pläne wurden bei der Bürgerversammlung vorgestellt

Veröffentlicht
Von
thr/ü
Mehr erfahren
Verkehr

Vor allem entlang der Nibelungenstraße ist es in Lautertal laut

Veröffentlicht
Von
Thorsten Matzner
Mehr erfahren

Die Entfernung zwischen dem bestehenden Beginn der Tempo-30-Strecke am Evangelischen Kindergarten und der Wiesenpromenade betrage „lediglich rund 150 Meter“, schreibt Clever: „Die beantragte Maßnahme stellt somit einen klassischen Fall eines sogenannten Lückenschlusses mit einer Lücke von bis zu 500 Meter dar, wie ihn die Novelle der Straßenverkehrsordnung aus dem Jahr 2024 ausdrücklich vorsieht. Gerade bei kurzen Zwischenstücken zwischen zwei sensiblen Bereichen kann eine durchgehende Geschwindigkeitsreduzierung die Verkehrssituation deutlich entschärfen und gleichzeitig die Einheitlichkeit der Regelung für alle Verkehrsteilnehmer verbessern.“

Freier Autor

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

VG WORT Zählmarke