Zwingenberg. In der Stadtverordnetenversammlung herrscht Einigkeit darüber: Die Kommune darf auf ihr Wasserrecht und auf den vorhandenen Brunnen, um das Wasserrecht auch nutzen zu können, nicht verzichten. Das war vor Jahren bekanntermaßen schon einmal anders, als die einen für einen Vollanschluss an die Riedgruppe Ost eintraten und die anderen für einen Brunnenneubau. Der Vollanschluss wäre einem Verzicht aufs Wasserrecht gleichgekommen. Aber der über fast ein Jahrzehnt – zum Teil erbittert – ausgetragene Streit über die Zukunft der Zwingenberger Trinkwasserversorgung gehört der Vergangenheit an und heute steht fest:
Die als Brunnen 1 bezeichnete – letzte – Wassergewinnungsanlage der Stadt Zwingenberg, die sich wenige Meter östlich der Bahnlinie in Nähe der Bahnüberführung zwischen B 3 und K 67 befindet, soll entweder durch eine sogenannte „Einschubverrohrung“ saniert („revitalisiert“) oder durch einen Ersatzbau an derselben Stelle erneuert werden und so auch künftig in Betrieb bleiben. Mit eigenem Brunnenwasser und Wasser des Wasserbeschaffungsverbandes Riedgruppe Ost soll die seit vielen Jahren praktizierte Mischwasserversorgung der Kernstadt aufrechterhalten bleiben. Der Stadtteil Rodau wird ohnehin seit mehr als einem halben Jahrhundert von der Riedgruppe vollversorgt.
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Im Entwurf des Haushaltsplanes für das laufende Jahr 2024, über den heute in der Stadtverordnetenversammlung (19 Uhr, Diefenbachsaal) abschließend beraten und beschlossen wird, standen bislang als Budget aber nur 60 000 Euro für die erwähnte „Einschubverrohrung“, mit der das zunehmend von Rostfraß betroffene alte Brunnenrohr saniert werden soll.
Die SPD setzt sich durch
Die Zwingenberger Sozialdemokraten haben nun bei den Etatberatungen im Bau-, Planungs- und Umweltausschuss (BPU) der Stadtverordnetenversammlung durchgesetzt, dass diese Summe auf den Betrag erhöht wird, die für den Neubau des Brunnens veranschlagt wird, nämlich auf 385 000 Euro.
Damit hat die SPD klare Position dafür bezogen, dass sie sich nicht lange mit einem Sanierungsversuch aufhalten will, dessen Lebensdauer ohnehin nur mit einem guten Jahrzehnt angegeben wird, sondern gleich einen Brunnenneubau fordert. SPD-Stadtverordneter Peter Kaffenberger: „Das ist langfristig die bessere Lösung für die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung.“ So sieht es auch die Gemeinschaft für Umweltschutz und Demokratie (GUD), deren Fraktionsvorsitzender Ulrich Kühnhold im BPU die „Einschubverrohrung“ als „Hilfskonstruktion“ bezeichnete und feststellte: „Das ist nicht zukunftsfähig - das ist nur eine Übergangslösung.“
Bislang sind nur die Kosten für die "Einschubverrohrung" eingeplant
Regina Nethe-Jaenchen, Fraktionsvorsitzende der SPD, erinnerte im BPU überdies daran, dass die Budgetierung der Kosten für einen Ersatzbau des Brunnens nicht nur eine Forderung ihrer Partei, sondern auch Bestandteil eines Stadtverordnetenbeschlusses sei.
In einer Entscheidung, die das höchste Beschlussgremium im Oktober 2023 getroffen hat, heißt es: „Die zur Umsetzung des Konzepts für eine Revitalisierung beziehungsweise einen Ersatzneubau des Brunnens sowie zur Installation einer Wasseraufbereitungsanlage erforderlichen Haushaltsmittel werden in der Haushaltsplanung 2024 und Folgejahre veranschlagt.“ Dass bislang nur die Kosten für die „Einschubverrohrung“ eingeplant sei, begründete Bürgermeister Holger Habich damit, „dass wir uns bei der Budgetierung zunächst für die günstigere Lösungsvariante entschieden haben“.
Wasserrecht neu beantragt
Ein Beschluss, was tatsächlich umgesetzt werde, liege ja noch nicht vor. Wolle man der Forderung der SPD Rechnung tragen, „stellt sich aber die Frage, woher das Geld dafür kommt“. Eventuell müsse man zur Finanzierung des Budgets für einen Brunnenersatzbau daher auch eine Kreditaufnahme einplanen. Das Wasserrecht der Stadt Zwingenberg ist übrigens zum Jahreswechsel abgelaufen. Zurzeit fördert die Kommune das Trinkwasser aus dem Brunnen 1 auf Basis eines „Übergangswasserrechts“, wie Rathauschef Holger Habich am Rande der BPU-Sitzung mitteilte.
Das „Übergangswasserrecht“ wurde der Stadt Zwingenberg vom Regierungspräsidium Darmstadt, dem Sitz der Oberen Wasserbehörde, für ein Jahr gewährt, es endet am 31. Dezember 2024. Bis dahin soll aber auch wieder ein „klassisches“ Wasserrecht vorliegen, das die Zwingenberger im vergangenen Jahr beim RP beantragt haben. Habich geht davon aus, dass demnächst mit der Erteilung einer Genehmigung zu rechnen ist – beantragt wurde eine jährliche Fördermenge von 175 000 Kubikmetern, erteilt werden solche Genehmigungen in der Regel für die Dauer von 30 Jahren.
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