Zwingenberg/Rodau. Michael Nuß wohnt an der Gartenstraße in Rodau - und er ist, gelinde gesagt, stinksauer. Weil auf der Rückseite seines Grundstücks das Neubaugebiet „Nördlich der Hauptstraße“ erschlossen wird, soll er sich an den Erschließungskosten dafür beteiligen. Dafür hat er - nachvollziehbarerweise - keinerlei Verständnis: Er selbst wohnt schließlich seit vielen Jahren in einer Immobilie, die bereits erschlossen ist.
So, wie Michael Nuß, geht es noch weiteren Anwohnern der Garten- sowie der Zwingenberger Straße, wie der Rodauer jüngst im Bau-, Planungs- und Umweltausschusses (BPU) der Stadtverordnetenversammlung beklagte. Er und sein Nachbar Josef Kreuziger nahmen gemeinsam mit weiteren Betroffenen an der Sitzung teil, um ihrem Unverständnis über die Bescheide, die das Rathaus zwischen den Jahren verschickt hatte, mit großem Nachdruck Ausdruck zu verleihen.
Gärten grenzen an die neue Straße
Seit dem Jahr 2017 beschäftigten sich Kommunalpolitik und Stadtverwaltung nun schon mit den Planungen für das auch als „In den Gärten“ bezeichnete Areal, „aber bis dato war noch niemals von so einer ,Zweiterschließung‘ die Rede“, kritisierte Michael Nuß die Aufforderung der Kommune, sich an den Erschließungskosten zu beteiligen.
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In der Tat grenzen Nuß und seine Nachbarn lediglich mit ihren rückwärtig angeordneten Gärten an die neue Straße an, die den Namen „Am Klosterhof“ tragen wird. Ganz abgesehen davon, dass die Anwohner der Gartenstraße und der Zwingenberger Straße bereits über Zufahrten verfügen: Weitere Zufahrten von der „Am Klosterhof“-Straße wären nicht erlaubt, obwohl die Anwohner bezahlen sollen. Allenfalls eine fußläufige Erschließung ist möglich.
„Einen Vorteil haben doch nur die Besitzer der Grundstücke des Neubaugebiets, deren Kosten entsprechend reduziert werden, weil man uns zur Kasse bittet“, kritisierte Michael Nuß und kündigte an: „Wir werden das Vorgehen der Stadt nicht hinnehmen.“ Einen Rechtsstreit wolle man vermeiden: „Wir wollen nur Gerechtigkeit.“ Er forderte die Kommunalpolitiker des Bauausschusses dazu auf, ihre Fraktionen dazu zu bringen, „einen Beschluss zu fassen, dass der Magistrat die Bescheide wieder zurücknehmen soll“.
Bürgermeister Holger Habich: „Der Bundesgesetzgeber hat das so entschieden“
Bürgermeister Holger Habich erklärte den Anwohnern allerdings, die Fraktionen beziehungsweise die Stadtverordnetenversammlung seien überhaupt nicht zuständig: „Der Bundesgesetzgeber hat das so entschieden“, erläuterte der Rathauschef den Sachverhalt: Die Erschließungsbeitragspflicht bei Zweiterschließung sei nun einmal im Baugesetzbuch und durch entsprechende Rechtsprechung so geregelt.
Dass die Anwohner von Gartenstraße und Zwingenberger Straße, deren Grundstücke an die Straße „Am Klosterhof“ angrenzen, sich an den Erschließungskosten beteiligen müssen, „das ist eine reine Rechtsfrage“ und liege weder im Ermessen der Stadtverwaltung noch des Parlaments.
Die Prüfung des Sachverhalts läuft
Auf die „Problematik“ sei man im Rathaus zugegebenermaßen erst in der jüngeren Vergangenheit gestoßen, bat Habich um Verständnis dafür, dass die jetzt Betroffenen nicht schon früher informiert worden seien. Und er räumte ein: „Und vielleicht täuschen wir uns ja auch.“
Um Rechtssicherheit zu erlangen, hat die Stadtverwaltung bereits den Hessischen Städte- und Gemeindebund (HSGB) um eine Stellungnahme gebeten, sie sollte in wenigen Wochen vorliegen. Habich: „Es soll ja niemand übervorteilt werden.“ Falls der HSGB allerdings die Rechtsauffassung des Rathauses bestätigen sollte, „dann können Sie gegen die Bescheide Rechtsmittel einlegen“.
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