Rodau. Die Lorscher können ganz entspannt bleiben: Rodau wird der Klosterstadt den Rang einer Unesco-Welterbestätte nicht streitig machen, auch wenn es künftig im einzigen Zwingenberger Stadtteil eine Straße geben wird, die „Am Klosterhof“ heißt.
Gerade weil der ursprüngliche Vorschlag des Magistrats, die Erschließungsstrecke des „Rorrer“ Neubaugebiets „Nördlich der Hauptstraße“ als „Klosterhofstraße“ zu bezeichnen, zu der irrigen Annahme hätte führen können, in Rodau habe es einmal ein Kloster gegeben, hatte der Ortsbeirat unlängst dafür plädiert, die Straße doch besser als „Am Klosterhof“ zu bezeichnen (wir haben berichtet).
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Mit „Klosterhofstraße“ werde etwas suggeriert, was dort nie existiert hat, waren die Ortsbeiratsmitglieder sich einig. Nachdem auch der Bau-, Planungs- und Umweltausschuss zwischenzeitlich sein Okay gegeben hatte, stimmte jetzt auch die Stadtverordnetenversammlung zu.
Und auch wenn außer Frage steht, dass es in Rodau kein Kloster gegeben hat: Einen Bezug zum Kloster Lorsch, der die Namensgebung rechtfertigt, gibt es durchaus. Das erstmals im Jahr 782 in der Urkunde Nr. 228 des „Lorscher Codex“ erwähnte Rodau gehörte zum Besitztum des Klosters und ein entsprechendes Hofgut in Rodau bildete „wohl die historische Keimzelle des Ortes“, wie es in einer Vorlage aus dem Rathaus für die Kommunalpolitiker heißt.
Eben jenes Hofgut soll sich gegenüber vom Alten Rathaus, etwa an der heutigen Stelle des Bauernhofs Rechel (Hauptstraße 5), befunden haben.
Und weil ein Teil des Grundstücks dieses landwirtschaftlichen Anwesens wiederum Bestandteil der Bebauungsplanung für das Neubaugebiet ist, erschien dem Magistrat der Klosterbezug in der Namensgebung durchaus legitim zu sein: „Das Areal des ehemaligen Klosterhofs grenzt an seiner Nordostseite an die neue Erschließungsstraße an und eignet sich daher auch von seinem räumlichen Bezug her gut als namensgebender Anknüpfungspunkt.“
Zum geschichtlichen Hintergrund der Namensfindung verweist man im Rathaus auf einen Beitrag von Karl Herrmann. Der schreibt in der Chronik der Stadt Zwingenberg, die im Jahre 1974 aus Anlass des 700-jährigen Stadtrechtsjubiläums herausgegeben wurde:
„Aus einem im Dreißigjährigen Krieg angefertigten Besitz- und Einkommensverzeichnis wissen wir, dass das Kloster Lorsch in Rodau neben Ackerland und Wiesen ‚eine feine Hofreite auf einem Bauplatz‘ besessen hatte, die aber 1632 ‚bis auf eine Scheune und einen Brunnen im Hofe völlig abgebrannt und zerfallen‘ war. Dieser gesamte Haus- und Grundbesitz bildete das stattliche Hofgut, das schon zu Anfang des 12. Jahrhunderts im Lorscher Codex im Vermerk 134a erwähnt wird. Abt Diemo (1125-1139) hatte damals ‚den Hof in Rut (Rodau) zum Unterhalt des Krankenhauses der (Lorscher) Mönche‘ bestimmt. Es darf angenommen werden, dass dieses Hofgut ursprünglich von den Mönchen selbst und erst später, anfänglich wohl ungeteilt und auf Zeit, bald nach 1600 geteilt und in Erbpacht von ‚Hofleuten’ bewirtschaftet wurde. (…) Die zugehörige Hofreite, der sogenannte Klosterhof, gegenüber dem ehemaligen Rathaus, liegt, wie die Flurkarten deutlich erkennen lassen, am westlichen Ufer einer verlandeten Flussschlinge des ehemaligen Bergstraßenneckars im nördlichen Zwickel an der Straßenabzweigung nach Hähnlein.“
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