Kommunalpolitik

Mögliches Überflutungsrisiko bei Starkregen in Zwingenberg

Von 
Michael Ränker
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Unser Archiv-Bild zeigt Mäharbeiten am Horstgraben, einem offenen Entwässerungskanal westlich von Rodau. © BA- Archiv

Zwingenberg. „Das Wasser sucht sich seinen Weg.“ So heißt es – und so ist es auch. Nicht immer jedoch ist der Weg, den das Wasser nimmt, ohne Risiko: Zunehmende Starkregenereignisse in Folge des Klimawandels gefährden den Menschen – gerade erst vor wenigen Wochen hat so eine Unwetterkatastrophe Zwingenbergs italienische Partnerstadt Brisighella betroffen (wir haben berichtet). Auch hierzulande machen sich die Menschen – zumal nach dem Jahrhundert-Hochwasser des Jahres 2021 im Ahrtal mit mehr als 130 Todesopfern – viele Gedanken darüber, wie man verhindern kann, dass das Wasser sich in einer riskanten Art und Weise seinen Weg sucht.

Wo es kritische Bereiche in einer Gemarkung gibt, das zeigen sogenannte Fließpfadkarten, wie sie das Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) jetzt auch für Zwingenberg vorgelegt hat. Das älteste Bergstraßenstädtchen hatte die Aufstellung einer solchen Karte gemeinsam mit seinen Nachbarn Bensheim und Heppenheim bei der Behörde in Auftrag gegeben.

Die lokale Initiative dazu ging ursprünglich von den Sozialdemokraten aus, die bereits im August 2020 einen entsprechenden Antrag in der Zwingenberger Stadtverordnetenversammlung gestellt hatten: Um bei der Ausweisung von Baugebieten künftig auch den Aspekt einer möglichen Starkregengefährdung der entsprechenden Flächen berücksichtigen zu können, wurde der Magistrat vom höchsten Beschlussgremium der Kommune einstimmig beauftragt, beim HLNUG detaillierte Informationen – vor allem Kartenmaterial – für Zwingenberg und Rodau zu besorgen.

Konkreter Anlass dafür, dass sich Politik und Verwaltung mit dem Thema Überflutungsgefahr beschäftigten, war die Sorge der Sozialdemokraten, dass es bei starkem Regen im Bereich des Rodauer Horstgrabens – einem Entwässerungsgraben – zu Überschwemmungen kommen könnte. Die Befürchtung der Genossen: Davon könnte auch die am westlichen Ortsausgang des Stadtteils mittlerweile erfolgte Bebauung mit einem Therapiezentrum und Wohnungen betroffen sein.

Im Dezember 2020 traf dann im Rathaus die Antwort des HLNUG ein – und die Behörde spielte den Ball wieder an die Kommune zurück, empfahl der Stadtverwaltung nämlich, ein Ingenieurbüro mit der Erstellung sogenannter Starkregen-Gefahrenkarten zu beauftragen. Dafür jedoch sah der Magistrat keine Veranlassung, informierte Bürgermeister Holger Habich seinerzeit die Stadtverordnetenversammlung: Mit Blick auf das genannte Rodauer Bauvorhaben werde ja im Rahmen der Bauleitplanung die Frage einer eventuellen Überschwemmungsgefahr berücksichtigt.

Um das Thema aber doch in einen größeren Zusammenhang zu stellen, hat sich Zwingenberg zwischenzeitlich mit den Städten Bensheim und Heppenheim zusammengetan und beim Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie als Trio eine sogenannte Fließpfadkarte in Auftrag gegeben.

In dem Kartenmaterial sind kritische Bereiche, die in einem Überflutungsbereich liegen, dargestellt. Die kommunale Fließpfadkarte zeigt eine erste Übersicht der potenziellen Fließpfade, die das Regenwasser bei einem Starkregenereignis nehmen würde. Einbezogen sind Hangneigungen, Geländenutzungen und Gebäudeinformationen. Bei einer Fließpfadkarte handelt es sich jedoch um eine modellhafte Darstellung und das HLNUG stellt klar:

Bei einer Fließpfadkarte handelt es sich um eine rein topographische Geländeanalyse. Dadurch können keine realen Überflutungstiefen ermittelt werden. Dies ist nur mit einer hydraulischen Simulation möglich.

Starkregenereignisse sind lokal eng begrenzte Ereignisse. So treten die höchsten Intensitäten meist in Bereichen auf, die nicht größer als ein Quadratkilometer sind. Auf den per Fließpfadkarte skizzierten Abflusspfaden wird es im Ereignisfall daher niemals überall zu stark ausgeprägten Abflüssen kommen. Die Karte stellt lediglich eine Potenzialbetrachtung dar und beschreibt, wo möglicherweise Fließpfade entstehen könnten. Je nach Lage und Stärke des Niederschlags können diese unterschiedlich stark in Erscheinung treten.

Und aufgrund der eher groben Auflösung des digitalen Geländemodells ist es nicht möglich, feine Geländestrukturen in der Karte zu berücksichtigen. Durchlässe, Mauern und Gräben führen dazu, dass Fließpfade womöglich abgeleitet werden und die Darstellung nicht mehr der Realität entspricht. Die Karte ist letztendlich nur so gut wie ihre Datengrundlage.

Der Magistrat hat die Fließpfadkarte für Zwingenberg, Bensheim und Heppenheim jetzt den Stadtverordneten vorgelegt – sie soll auf Wunsch des SPD-Stadtverordneten Peter Kaffenberger auch auf der Webseite der Stadt Zwingenberg veröffentlicht werden. In dem Beitrag des HLNUG wird außerdem angeregt, zu überlegen, „ob eine noch detailliertere Analyse notwendig ist“ – als Stichwort wird, wie bereits 2020, die Erstellung einer Starkregen-Gefahrenkarte genannt. Regina Nethe-Jaenchen, Fraktionsvorsitzende der Zwingenberger SPD, hat bereits angekündigt, in der nächsten Sitzungsrunde eine Folgeantrag zu diesem Thema einbringen zu wollen.

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