Bergstraße. Er ist ein äußerst seltenes Exemplar, bundesweit bislang der Einzige seiner Art, der Hessische Minister für den Bund, Europa, Internationales und – Achtung: jetzt kommt‘s – „Entbürokratisierung“. Seit etwas mehr als einem Jahr ist der Christdemokrat Manfred Pentz im Dienst, gehört dem Kabinett von Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) an. Am Mittwochabend war Pentz Ehrengast des Frühlingsempfangs der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) der Bergsträßer CDU, der im Diefenbachsaal des „Bunten Löwen“ in Zwingenberg stattfand.
Sein Thema – wie kann es auch anders sein? – der Abbau von bürokratischen Hürden, auf die die Landesregierung Einfluss hat. Und der ministerielle „Arm“ der Entbürokratisierung aus Wiesbaden reicht mitunter weit: In einem Fall sogar bis in den Bundesrat, in dem Manfred Pentz im Spätsommer 2024 die Überarbeitung einer Regelung vorgestellt hat, von der die Betreiber und Nutzer von Firmenflotten und Carsharing-Modellen gewaltig genervt sind:
Bis dato müssen die Fahrzeughalter sich mehrfach im Jahr die Führerscheine der eingesetzten Fahrer zeigen lassen. „Das sind über das Jahr verteilt viele bürokratische Akte, wenn man bedenkt, dass es oftmals unterschiedliche Nutzer von Dienstfahrzeugen gibt, etwa bei Speditionen oder Bauunternehmen. Mit diesem Ärgernis wollen wir Schluss machen, denn es kostet wertvolle Arbeitszeit und Geld“, skizzierte Pentz am Mittwochabend beispielhaft einen konkreten Fall, wo ein Bürokratieabbau längst überfällig ist.
Die Lösung: Künftig soll es ausreichen, wenn der Fahrzeugführer einmal zu Beginn des Vertragsverhältnisses nachweist, dass er einen gültigen Führerschein hat. Das überzeugte auch den Bundesrat, der den Gesetzentwurf einstimmig billigte. Nun muss nur noch – nach seiner Wahl am 23. Februar – der Bundestag beraten und beschließen.
Manfred Pentz ist überzeugt: „Wer Bürokratie entschlackt, der stärkt die Demokratie.“ Denn bei vielen Bürgerinnen und Bürgern herrsche mittlerweile angesichts der vielen Regeln, die es zu beachten gelte, ein „Grundfrust“ vor: „Die Menschen sind diese überbordende Bürokratie schlichtweg leid.“ Und das könne er auch sehr gut nachempfinden: Seit etwas mehr als einem halben Jahr ist der Bürokratie-Melder des Landes Hessen freigeschaltet – „und was ich da lese, das ist manchmal wirklich hanebüchener Unsinn“.
Mehr Vertrauen in die Aufrichtigkeit der Bürgermeister
Abgebaut werden müsse auch das zigfache Überprüfen von ein und demselben Sachverhalt durch mehrere Behörden und Instanzen. Zum Beispiel bei der Gewährung von Fördermitteln: „Nicht jeder Bürgermeister ist schließlich ein Straftäter“, witzelte Pentz: Wenn ein Rathauschef dafür unterschreibe, dass er einen Zuschuss zweckbestimmt einsetzt, dann müsse das ausreichen, forderte der Entbürokratisierungsminister unter dem Beifall des Publikums zu einem „Mentalitätswechsel“ und zur „Beweislastumkehr“ auf.
Besonders kräftig dürfte der MIT-Vorsitzende Matthias Wilkes geklatscht haben, denn den ehemaligen Landrat des Kreises Bergstraße (2003 bis 2015) treibt das Thema Entbürokratisierung nach wie vor mit großer Leidenschaft um. Gerade erst vor wenigen Tagen hat der Christdemokrat im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin vor dem Bundesvorstand seiner Partei die Ergebnisse einer von ihm geleiteten Kommission vorgestellt, die sich ein Jahr lang mit dem Abbau von bürokratischen Hürden befasst hat. Und siehe da: Der Parteivorstand hat die zwölf Vorschläge einstimmig verabschiedet.
Nach einem Wahlsieg der CDU bei der Bundestagswahl am 23. Februar rangiere das Thema Bürokratieabbau nun immerhin auf Platz 2 eines 15 Punkte umfassenden Sofortprogramms, mit dem Friedrich Merz als neuer Kanzler durchstarten wolle. Auch das unterscheide die CDU „übrigens von populistischen Parteien wie es die AfD ist: die gehen solche Themen nämlich erst gar nicht an“, so Wilkes. Und als Merksatz für den Bürokratieabbau gab er die Losung aus: „Für ein Gesetz, das neu beschlossen wird, müssen drei abgeschafft werden.“
Dritter Redner – ebenfalls zum Thema Bürokratieabbau – war am Mittwochabend Sebastian Clever, der CDU-Kandidat für die Zwingenberger Bürgermeisterwahl (lesen Sie dazu die Berichterstattung auf der Zwingenberg-Seite). Trotz des Rede-Reigens blieb auch ausreichend Zeit, um sowohl mit den Referenten als auch untereinander bei „Bergsträßer Krachern“ und Getränken ins Gespräch zu kommen.
Und auch mit einer seit nunmehr 22 Jahren bewahrten Tradition wurde nicht gebrochen: Für jeden Gast gab es ein Primel-Stöckchen. Quasi eine Reminiszenz an den ersten Wahlkampf von Wilkes als Anwärter auf den Landratsposten: Damals hatte er 10.000 Primeln verteilt und mit „Die Bergstraße blüht auf!“ für sich geworben.
Bürokratie-Melder
Der Bürokratie-Melder des Landes ist auf der Webseite der Hessischen Staatskanzlei erreichbar: www.staatskanzlei.hessen.de/entbuerokratisierung/der-buerokratiemelder.
Alternativ kann die Stabstelle Entbürokratisierung auch per E-Mail: bessereinfach@stk.hessen.de oder per Telefon: 0611/32113322 kontaktiert werden. mik
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