Ärztliche Versorgung

Wolfgang Zobel hört auf, aber die Praxis wird weitergeführt

Dr. Robert Kluck und Daniela Diehl arbeiten ab Oktober als Hausärzte in der Lindenstraße. Wie es dazu kam.

Von 
Nina Schmelzing
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30 Jahre lang hat Wolfgang Zobel (links) seine Hausarztpraxis in Lorsch geführt. Jetzt geht er in den Ruhestand und freut sich, dass es mit Dr. Robert Kluck und Daniela Diehl zwei Hausärzte gibt, die seine Praxis weiterführen werden. © Zelinger

Lorsch. Wolfgang Zobel hört auf. Das ist keine gute Nachricht für seine vielen Patienten. Was die Praxis des Allgemeinmediziners betrifft, kann man in Lorsch in diesem Fall aber trotzdem zuversichtlich nach vorne schauen. Denn Zobel hat einen Nachfolger gefunden. Und nicht nur das: Es gibt sogar zwei Ärzte, die seine Arbeit fortführen werden.

Lange Zeit haben sich Lorscher Sorgen gemacht über die Sicherheit vor allem der hausärztlichen Versorgung am Ort. Vor fünf Jahren gab es mehrere altersbedingte Praxisschließungen – aber keine Nachfolger, die übernehmen wollten. Ärztemangel und die Furcht vor einer drohenden medizinischen Unterversorgung waren ein viel diskutiertes Thema, als die Zahl der Hausärzte schrumpfte. Mit der Ärztegenossenschaft Ägivo, die damals eine Lösung versprach, aber öffentliche Fördergelder forderte, wurde man nicht einig. In Lorsch zeigte sich mancher ratlos: Sollte die Stadt nicht attraktiv genug sein für Ärzte?

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Seitdem hat sich einiges getan. Eine ehemalige Gemeinschaftspraxis in der Hirschstraße wird zum Beispiel unter der Leitung des Praxisverbunds der Zero-Praxen weitergeführt. Ein Allgemeinmediziner, der zusätzlich Orthopäde ist, hat eine Praxis in der Georg-Beringer-Straße übernommen. Und nun freuen sich Dr. Robert Kluck und Daniela Diehl darauf, bald in Lorsch praktizieren zu können. Anfang Oktober fangen die jungen Kollegen im Haus in der Lindenstraße an. Kluck ist 41 Jahre alt, Diehl 45. Berufsanfänger sind sie natürlich nicht. Vom Angestelltenverhältnis wollen sie jetzt aber in die Selbstständigkeit wechseln.

So kamen die beiden auf die Idee, in Lorsch gemeinsam die Praxis zu übernehmen

Kluck, der aus Hannover stammt und in Heidelberg studierte, hat als Assistenzarzt in Heppenheim gearbeitet und war zuletzt in einer Praxis in Lampertheim tätig. Diehl hat in Frankfurt studiert, in Hemsbach und Alsbach-Hähnlein als Ärztin gearbeitet. Sie hat zusätzlich eine Fortbildung in Reisemedizin absolviert und ist manchem in Lorsch und Einhausen durch ihr Engagement für den Koronarsport bekannt. Beide sind mit ihren Familien, zu denen jeweils zwei Kinder gehören, in Lorsch daheim und fühlen sich hier wohl.

Wie Wolfgang Zobel haben auch seine beiden nachfolgenden Kollegen vor ihrem Medizinstudium noch eine Ausbildung abgeschlossen. Die Wartezeit auf den Studienplatz in Heidelberg hat Zobel einst für eine Ausbildung zum Pharmareferenten genutzt. Daniela Diehl hat zunächst Krankenschwester gelernt, Kluck ist examinierter Physiotherapeut.

Auf die Idee, in Lorsch gemeinsam die Praxis mit zwei Arztsitzen zu übernehmen, kamen Diehl und Kluck im Rahmen der Notdienst-Regelungen für die Wochenenddienste, bei denen sie ins Gespräch kamen, sich kennenlernten, berufliche Pläne schmiedeten. Für die Räume in der Lindenstraße habe sie sich bereits drei Jahre zuvor interessiert, sagt Diehl. Allein-Nachfolgerin wollte sie aber nicht werden. Dann reifte die Idee für das Doppel. „Jetzt passt alles“, freut sich Daniela Diehl.

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Auch Wolfgang Zobel freut sich, die Praxis in die Hände von Diehl und Kluck übergeben zu können. Genau 30 Jahre lang war der Mediziner in der Lindenstraße als Facharzt für Allgemeinmedizin tätig. Am 1. Oktober 1994 eröffnete er seine Praxis in Lorsch, nächste Woche wird er seinen letzten Arbeitstag dort haben. „Am Freitag, den 13.“, konkretisiert er.

Seine Ehefrau Rita hat all die Jahre dort mitgearbeitet, erinnert Zobel. Um Erwerbs- und Familienarbeit aufzuteilen, sei das ideal gewesen, meint er. Die Zobels haben ebenfalls zwei Kinder. Ihre Söhne sind inzwischen längst erwachsen – und Wolfgang Zobel hat mittlerweile seinen 65. Geburtstag gefeiert. Ein gutes Datum, um aufzuhören, findet er.

Patienten dürfen die Parkscheibe nicht vergessen

Und jetzt? Eine Liste mit Plänen hat er nicht angelegt, die es ab dem 14. September abzuarbeiten gibt. Er wolle „erst mal nichts“ machen, antwortet er auf die Frage. Er ist froh, den Ruhestand nicht hinauszuschieben, sondern ihn jetzt anzugehen. Wie schnell große Pläne krankheitsbedingt platzen können, hat er gerade als Mediziner oft genug sehen müssen. Unter anderem wird er mehr Zeit für seine Band haben. Seit fast 40 Jahren spielt er Gitarre bei der Formation „All Day“. Die Beatles und Eric Clapton hat das Quartett unter anderem im Repertoire. „Ich bin der Jüngste“, merkt Zobel an.

Vom freien Arztsitz in Lorsch habe er damals, vor gut 30 Jahren, in der Tageszeitung gelesen, erinnert sich Zobel. Mit seiner Praxis ist er immer in der Lindenstraße geblieben. Ein Vorteil der gut erreichbaren Adresse direkt am Bahnhof sind auch die Parkplätze vor der Tür. Patienten dürfen allerdings die Parkscheibe nicht vergessen, wissen die Nutzer. Der Bereich wird kontrolliert.

Gute Voraussetzungen für weitere Praxiseröffnungen

Viele Patienten fragten in den vergangenen Tagen besorgt, wie es nun weitergehe für sie, berichtet Wolfgang Zobel. Sie müssen sich aber nicht auf die Suche nach einem neuen Hausarzt machen. Alle Patienten werden von den Nachfolgern erst einmal übernommen. „Gott sei Dank“, habe er als Reaktion oft gehört, sagt der scheidende Mediziner. Wer das nicht möchte, kann sich natürlich anders orientieren.

Eine Aussage, wie sie Dr. Robert Kluck und Daniela Diehl mit Blick auf ihren Arbeitsbeginn im Oktober jetzt treffen, hat man sich vor einigen Jahren kaum vorstellen können. Denn sie unterstreichen: „Wir können noch Patienten dazunehmen.“ Wenn das Ärztehaus fertig ist, das sich auf dem Areal des früheren Feuerwehrgeländes gerade im Bau befindet, soll es dort bekanntlich gute Voraussetzungen für weitere Praxiseröffnungen geben.

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