Radtour

Wohncontainer in Lorsch können nicht aufgestockt werden

Von 
Nina Schmelzing
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Zur gemeinsamen Radtour von CDU und Grünen begrüßten Alexander Löffelholz (Mitte) und Matthias Schimpf die Teilnehmer. Start war in der Lagerhausstraße. © Lotz

Lorsch. An die neuen Wohncontainer für Flüchtlinge hatten CDU und Grüne zum Start ihrer gemeinsamen Radtour eingeladen. Ein Treffpunkt in der Lagerhausstraße ist eher ungewöhnlich für Veranstaltungen. Bei der Rundfahrt durch die Stadt sollten aber ausdrücklich Orte besucht werden, die die Lorscher Kommunalpolitiker in den kommenden Jahren besonders beschäftigen werden. Die Zuweisung von Flüchtlingen, die Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten für sie und die Aufgabe, für alle ankommenden Kinder Plätze in Kitas und Schulen bereitzustellen, gehört auf jeden Fall dazu, machten die Lorscher Vorsitzenden Alexander Löffelholz (CDU) und Matthias Schimpf (Grüne) deutlich.

Als der Kreis Bergstraße angekündigt hatte, den Kommunen Flüchtlinge ab Mai 2023 direkt zuzuweisen, ist man in Lorsch erneut rasch tätig geworden. Daran erinnerte Bürgermeister Christian Schönung in der Lagerhausstraße. Kreisbeigeordneter und zuständiger Dezernent Mattias Schimpf bestätigte, dass Lorsch bereits in den vergangenen Jahren viel getan und schnell reagiert habe. Die Zusammenarbeit mit der Stadt laufe „sehr, sehr gut“. Die Aktion „Vermiete doch an die Stadt“ und die frühe Einrichtung eines Integrationsbüros wurden unter anderem als positiv erwähnt. Auf die starke Unterstützung von Ehrenamtlichen – allen voran die Mitglieder der Ökumenischen Flüchtlingshilfe – konnte man in Lorsch zudem von Anfang an zählen. Dennoch ist die allgemeine Lage sehr schwierig und eine Besserung bislang nicht in Sicht.

Schimpf sprach mit Blick auf die Zukunft von einer möglichen „fatalen Entwicklung“. Grund ist die sich anhaltend vergrößernde Menge an zugewiesenen Menschen. Es gelinge so nicht mehr, sie in „kleinen Chargen“ in Wohnungen zu vermitteln. Forderung müsse sein, dass nur Flüchtlinge mit Bleiberecht zugewiesen würden. Es würden aber sehr viele Menschen kommen, deren Bleiberechtsperspektive unter 20 Prozent liege, kommen sie aus den Maghrebstaaten sei die Prozentzahl noch viel geringer. Die finanziellen Aufwendungen haben sich in fünf Jahren in etwa verfünffacht.

Es fehlen Personal und Flächen

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„Wir tun unser Möglichstes“, sagte auch Löffelholz. Die „schiere Menge“ an Flüchtlingen mache es unmöglich, die gewünschte sinnvolle und erfolgreiche Integrationsarbeit weiter über einen langen Zeitraum zu leisten. Es fehle an Personal für die wachsende Zahl an Menschen und an bezahlbarem Wohnraum, den in Lorsch bereits viele Interessenten suchen. Nötig seien „sinnvolle europäische Lösungen“.

Im Juli waren die mobilen Wohncontainer aufgestellt worden. Sie befinden sich gegenüber den sieben Mehrfamilienhäusern der Christophoros Wohnheime, die 2018 für die Flüchtlingsunterbringung gebaut wurden, über 200 Plätze umfassen und schnell belegt waren. Viele Menschen mit gesichertem Aufenthaltstitel hätten dort längst ausziehen sollen, finden aber keine bezahlbare Bleibe. Unmittelbar nach der Fertigstellung der neuen Container vor wenigen Wochen zogen bereits die ersten Bewohner dort ein, darunter sowohl Menschen aus der Bensheimer Zeltstadt als auch Flüchtlinge, die bislang in den Lorscher Mehrfamilienhäusern lebten.

Auch wenn der Standard der Container als sehr gut und modern beurteilt wird – schließlich kommen ähnliche Module längst auch in der Grundschule und demnächst für den Kitabetrieb zum Einsatz – habe sich für die Lorscher Umzügler die Wohnsituation so erst einmal verschlechtert, hieß es beim Treffen von CDU und Grünen. Es fehlen aber bessere Alternativen. „Wir hatten nicht viel Zeit, Häuser zu bauen“, erinnerte Schönung an das Baurecht und daran, dass die Flächen generell rar sind. Um die Unterbringungsaufgabe zu erfüllen, habe man sich für die Modulbauweise entschieden. 120 neue Plätze gibt es damit.

Dass diese Lösung unter kaufmännischen Gesichtspunkten nicht die beste ist, räumte er ein. Auf rund 368 000 Euro summierten sich allein die Vorlaufkosten von der Herrichtung des früheren Ackergrundstücks mit dem Legen der Fundamente für die Containerbauten bis zu den nötigen Anschlüssen.

Schönung: „Wir legen drauf“

„Relativ teuer und nicht nachhaltig“ sei der Betrieb der Wohncontaineranlage. Insgesamt, auch mit Hausmeisterarbeiten, würden 50 000 Euro fällig – jeden Monat. Bei Maximalbelegung würden der Stadt 35 000 Euro verrechnet. „Das heißt: Wir legen drauf“, verdeutlichte Schönung. Die Mehrkosten müssen die Lorscher aus allgemeinen Deckungsmitteln finanzieren.

In Lorsch geht man davon aus, dass die Wohnanlage bis zum Jahresende voll belegt sein wird. 40 Flüchtlinge muss die Stadt pro Quartal neu aufnehmen. In der vorigen Woche kamen acht neue Bewohner, für diese Woche wurden zehn Personen erwartet, aus Afghanistan und der Ukraine. Aus diesen beiden Ländern stammt derzeit auch die Mehrheit der Flüchtlinge in der Anlage.

Dass viele Kinder gekommen sind, war auch bei der Radtour zu sehen. Von den zuletzt zugewiesenen 55 Flüchtlingen sind 18 Kinder. Für diese müssen nun auch Plätze in Kitas beziehungsweise Schulen bereit gestellt werden. 35 Flüchtlinge pro Woche plus weitere Menschen aus der Ukraine würden dem Kreis derzeit zugewiesen. Angekündigt sei, dass die Zuweisungen ab Mitte September steigen, so Schimpf.

Städtebauliche Lösungen erhofft

Lorsch habe, anders als manche andere Kommune, seine Aufgaben für 2023 bereits erfüllt, stellte Schönung fest. Weitere Flüchtlinge in der Lagerhausstraße unterzubringen, ist schwierig. Aufstocken bei den Modulen geht wegen des Brandschutzes nicht. Für Provisorien werde viel Geld ausgegeben, das sei „ärgerlich“, besser wären künftig städtebauliche Lösungen, meinte nicht nur Schimpf. Flächenrestriktionen sollten daher aufgehoben werden.

Kreisweit warten bereits vielerorts Menschen auf die Verbesserung ihrer Lage, trotzdem kommen jede Woche neue hinzu. Schimpf sprach hinsichtlich Unterbringung und Integration von einer „kommunalen Daueraufgabe“. Wann die Heizung angestellt werde und W-LAN zur Verfügung stehe, auch diese Fragen beschäftigen einige der Flüchtlinge in Lorsch derzeit, hieß es beim Treffen in der Lagerhausstraße. „Wir sind dran“, sagte Bürgermeister Schönung. Man müsse auch mal Geduld haben, ergänzte Schimpf.

Zu den weiteren Stationen der Radtour gehörten die Nibelungenhalle und die Kita in der Dieterswiese, neben der zwei weitere Kita-Gruppen mit 50 Plätzen „in modularer Bauweise“ für die vorübergehende Betreuung entstehen werden.

Redaktion

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