Verkehrssicherheit

In Lorsch müssen Autofahrer neue Verbotsschilder beachten

Die neu aufgestellten Schilder verbieten Autofahrern das Überholen von Radlern und sollen die Sicherheit vor allem für die Radfahrer erhöhen. Noch ist das Verkehrszeichen jedoch wenig bekannt.

Von 
Nina Schmelzing
Lesedauer: 
Das neue Verkehrsschild bedeutet, dass Autofahrern das Überholen von Radfahrern und Motorrädern verboten ist. In Lorsch wurde es jetzt an der Saulach-Brücke aufgestellt. © Thomas Neu

Lorsch. Neue Verbotsschilder wurden jetzt in Lorsch aufgestellt. Es empfiehlt sich, sie zu beachten. Wer sie ignoriert und erwischt wird, muss jedenfalls mit einem Bußgeld sowie mit einem Punkt in Flensburg rechnen.

Die Schilder wurden natürlich nicht aufgestellt, damit Autofahrer künftig mehr Punkte im sogenannten Fahreignungsregister kassieren. Es geht vielmehr um das Verbessern der Verkehrssicherheit. In diesem Fall insbesondere um einen besseren Schutz für Radfahrer.

Für das Verkehrsschild Nummer 277.1 haben Mitglieder des Lorscher Fahrradclubs ADFC bereits im Frühjahr 2022 geworben. Im Rahmen ihres Gebrauchtradmarkts präsentierten sie es damals auf dem Benediktinerplatz und wünschten sich, dass es bald auch in Lorsch offiziell aufgestellt würde. Nun ist der Wunsch in Erfüllung gegangen.

An der Saulach-Brücke, in Lorsch besser bekannt als „Friedhofsbrücke“, wurde es jetzt von Ordnungsdienstmitarbeitern an den Auffahrten der Brücke in beiden Richtungen montiert. Was es bedeutet, ist allerdings vielen Verkehrsteilnehmern offenbar noch nicht bekannt. Viele Autofahrer übersehen es noch oder richten sich bislang jedenfalls nicht danach.

Das neue Verkehrszeichen mit dem Motiv eines roten Autos, eines daneben abgebildeten schwarzen Fahrrads und ebensolchen Motorrads, die zusammen mit einem roten Rand umgeben sind, bedeutet, dass Rad- und Motorradfahrer hier nicht überholt werden dürfen.

Vielen Fahrern ist das neue Verkehrszeichen noch unbekannt

Ganz neu ist das Verkehrszeichen grundsätzlich zwar nicht. Seit fünf Jahren gibt es die Nummer 277.1 bereits. Wer vor 2020 seinen Führerschein gemacht hat, der lernte es im Rahmen seiner Prüfung jedoch nicht kennen. Zumindest im Bergsträßer Raum war das Schild bisher außerdem so selten zu sehen, dass es zahlreichen Verkehrsteilnehmern noch bis heute unbekannt blieb.

Inzwischen ist das Schild nicht nur in Lorsch aufgestellt worden. Auch auf der Landstraße von der Klosterstadt Richtung Bensheimer Stubenwald vor dem Kreisel auf der Brücke zum „Pfitzenmeier“-Fitnessstudio ist das neue Verkehrszeichen zu sehen. Auch dort lässt sich des Öfteren beobachten, dass das Zeichen vielen Autofahrern noch nicht vertraut ist. Radler jedenfalls werden dort weiterhin häufig überholt.

Es ist nicht damit zu rechnen, dass alle Autofahrer die Neuregelung begrüßen. In den sozialen Medien kann man jede Menge kritischer Äußerungen über das Verbotsschild 277.1 im Allgemeinen finden. „Im Schritttempo hinter Radfahrern herschleichen? Sind die gaga?“ zum Beispiel. Mancher ärgert sich auch über die Erweiterung des ohnehin bereits umfangreichen Schilderwalds. Zu befolgen ist die Regelung gleichwohl, die vom ADFC sehr befürwortet wird.

Vorgeschriebener Abstand wird oft nicht eingehalten

„82 Prozent der Autofahrer haben bei Überholvorgängen nicht die vorgeschriebenen Abstände eingehalten“, zitiert der Lorscher Wim Roukens zum Beispiel das Ergebnis einer Radfahr-Aktion, die von der Uni Karlsruhe wissenschaftlich begleitet und ausgewertet wurde. „Was am meisten stresst, sind die Autos, die zu eng überholen“, hieß es dazu, berichtet der ADFC-Sprecher und langjährige Bergsträßer Fahrradbeauftragte.

Radlern fehlt die Knautschzone

Das neue Verkehrsschild sei „noch ziemlich unbekannt“, weiß auch Roukens. Dass es sich um ein wichtiges Schild handelt, davon sind die Mitglieder des ADFC ohnehin überzeugt. „Fahrradfahrer haben – anders als Autofahrer – keine Knautschzone“, erinnert der Lorscher.

Sie seien deshalb „in hohem Maße gefährdet“, wenn Autofahrer nicht den vorgeschriebenen Abstand einhalten. Wenn ein Autofahrer einen kleinen Fehler macht, bekommt sein Fahrzeug vielleicht eine Delle, erwischt es einen Radler, kann der allerdings lebensgefährlich verletzt sein.

Auch dass es ein genau definiertes Maß für diesen Abstand gibt, ist wahrscheinlich vielen Autofahrern nicht geläufig. Innerorts beträgt der vorgeschriebene Abstand 1,50 Meter, außerörtlich sind sogar zwei Meter Abstand beim Überholen einzuhalten, erinnert Wim Roukens.

Das neue Verkehrszeichen solle bei Autofahrern das Bewusstsein für die Gefahren wecken, die beim Überholvorgang entstehen und für die Situation der Radler sensibilisieren, sagt der Lorscher ADFC-Sprecher.

„Nicht alles geht“, berichtet Bürgermeister Christian Schönung, dass es immer wieder einmal Vorschläge zur Verbesserung von Verkehrssituationen gibt. Was aber machbar sei, das setze man in Lorsch gerne um. „Es gab eine Verkehrsschau“, berichtet Schönung. Die Aufstellung des neuen Verkehrsschildes sei gerade an so schmalen und noch dazu schwer einsehbaren Straßen wie der Saulach-Brücke sinnvoll, stimmt er zu. Wenn sich auf der Brücke zwei Autos begegnen, muss eines von ihnen ausweichen und für den Radler bleibt nicht mehr genügend Platz.

Ein ausgewiesenes Überholverbot ist ein wirksamerer Schutz für die Fahrradfahrer als nur an den einzuhaltenden Abstand zu erinnern. „Der Sicherheitsabstand von 1,50 beziehungsweise zwei Metern ist keine Empfehlung, sondern eine in der Straßenverkehrsordnung festgelegte Pflicht, eine Schutzmaßnahme für Fahrradfahrer“, unterstreicht Wim Roukens.

Mehr zum Thema

Ortsbeiratssitzung

Gemeindevorstand will auf Blitzer in Reichenbach verzichten

Veröffentlicht
Von
Jutta Haas
Mehr erfahren
Kindernachrichten Podvast

Warum sind Verkehrsschilder wichtig

Veröffentlicht
Von
abp
Mehr erfahren
Verkehr

L3399 bei Winterkasten wegen Hitzeschäden temporär gesperrt

Veröffentlicht
Von
Philipp Kriegbaum
Mehr erfahren

In gefährlichen und engen Straßen gilt aufgrund der Abstandsregel auch bisher bereits ein Überholverbot. Viele hielten die Regeln aber aus Unkenntnis nicht ein, so Roukens.

Unkenntnis schützt bekanntlich jedoch nicht vor Strafe. Wer mit einem mehrspurigen Fahrzeug wie einem Auto ein einspuriges Fahrzeug wie Fahrrad oder Motorrad verbotswidrig überholt und angezeigt wird, den erwartet ein Bußgeld von 70 Euro und ein Punkt in der Verkehrssünderdatei.

Roukens: „Rücksicht macht die Straßen breiter“

„Ein rücksichtsvoller und fairer Umgang macht die Straßen breiter“, formuliert ADFC-Sprecher Roukens und meint damit, dass gegenseitige Rücksichtnahme erfahrungsgemäß der beste Schutz vor schlimmen Unfällen im Straßenverkehr ist.

Schon 2019 wurde in Lorsch am Birkengarten eine erste Fahrradstraße ausgewiesen. In der so markierten Straße haben Radler Vorfahrt. Der ADFC will sich auch künftig dafür einsetzen, die Sicherheit für Radler weiter zu verbessern. Die schmale Nibelungenstraße etwa gehört ebenfalls zu den Strecken, in denen es Bedarf dafür gibt. Unter anderem plant der ADFC eine Aktion unter dem Motto „Lorsch fährt fair“.

Redaktion

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

VG WORT Zählmarke