Lorsch. Schon nach wenigen Minuten wollen die ersten Zuschauer nicht mehr auf ihren Stühlen sitzen. Klatschen, schunkeln und mitsingen machen im Stehen schließlich noch viel mehr Spaß. Die Närrischen Drei boten jetzt jede Menge Anlass für ansteckend gute Laune – und das Publikum ging liebend gerne mit. Immer wieder gab es laute „Zugabe“-Rufe für die N3-Aktiven, ihre Saalfastnacht mit Lorscher Lokalkolorit und alle wurden erhört.
Nein, die Zeit der Krisen ist nicht vorbei. Die Sitzungspräsidenten Simon Helwig und Torsten Wienold erinnerten gleich zum Auftakt der Fastnachtssitzungen an den Krieg in der Ukraine. Die N3-Garden und Musketiere tragen ihre traditionellen Uniformen natürlich nicht, um „Militarismus“ zu glorifizieren, sondern im Gegenteil, um diesen „auf die Schippe zu nehmen“, erklären sie. Freundschaft, Zusammenhalt und Respekt seien den Fastnachtern wichtig, machen sie klar.
„Lassen Sie Ihre Sorgen und Nöte vier Stunden lang draußen“, appellierten Helwig und Wienold an die Besucher. „Lachen macht die Seele frei“ lautet das Kampagnen-Motto der N3 diesmal. Und das ließen sich hunderte Fastnachtsfans in der am Freitag fast und am Samstag ausverkauften Nibelungenhalle dann nicht zweimal sagen. Bis kurz vor Mitternacht gab es ein rasantes Programm mit Witzen, Sketchen, begeisternden Tänzen – und nach dem Finale auf der Bühne feierten viele Fastnachter weiter: im Saal und im Treppenhaus.
Musik, die einem so schnell nicht mehr aus dem Kopf geht, gab es reichlich. Den Ballermann-Hit „Layla“ sogar zweimal. Der Musikzug Laurissa, der in diesem Jahr 60 wird, spielte mit Dirigent Tobias Molitor die Instrumentalversion. Den Text des umstrittenen, aber enorm beliebten Songs, steuerten die Zuhörer problemlos selbst bei.
Sehr textsicher stimmte das Publikum auch ins Repertoire des neunköpfigen N3-Chors mit ein: Ob „Dorfkind“ oder „Warum hast du nicht Nein gesagt?“ oder eben „Layla“ – die Auswahl kam an. Bei der Diskussion um „Layla“, so befanden die N3, hätten „die Medien aus einer Mücke einen Elefanten gemacht“.
Die Mitwirkenden
Sitzungspräsidenten: Simon Helwig und Torsten Wienold.
Tanzmarie: Emely Dohrmann.
Redner: Alexander Löffelholz, Dr. Sebastian Koob; Manuel Hartmann, Manuel Rau; Simon und Christoph Helwig.
Garde: Florian Fillauer, Andy Gärtner, David Koch, Jan Niewiadomski, Christian Koob, , Benjamin Purkert, Christopher Steiner, Kevin Theobald, Sven Theobald, Maximilian Walter, Patrick Froitzheim.
Mädchengarde: Lea Seehaus, Selina Wienold, Julia Jünke, Emily Derst, Marie Andes, Selina Drax, Isabell Schwerdt, Merle Adamoviz, Laura Heidkamp, Marie Rau, Adrienne Wachtel, Zoe Ramser.
Mädchenballett:Patricia Schumacher, Anna-Lena Steyer, Theresa Geis, Lena Rudolph Sunisa Rauch, Jamie Rüther, Elly Brunnengräber, Aaliyah Schär, Alena Christel, Anna Zintl.
Damenballett: Celine Steyer, Alena Herrmann, Lara Zöller, Lea Drayss, Vanessa Emig, Adrienne Wachtel, Zoe Ramser, Lilli Esbach, Valerie Schiro, Jessica Stockmann, Laura Heidkamp, Selina Wienold, Melanie Petsch, Manuela Petsch, Luisa Froitzheim.
Männerballett: Nils Engel, Cyrille Klein, Christoph Helwig, Daniel Helwig, Manuel Bruckdorfer, Christian Rogalsky, Mike Feldmeier, Alexander Löffelholz, Alexander Volk, Christoph Stolle, Jörg Steffan, Sebastian Koob.
N3-Chor: Rosi Fetsch, Beate Denefleh, Katrin Helwig, Stefanie Heger Ulrike Helwig, Karin Koob, Anna-Lena Geis, Hans „Mo“ Jäger, Stephan Koob, Christoph Geis.
Trommler: Marc Speckhardt, Robert Markgraf, Manuel Hartmann, Lars Seehaus, Timo Stockmann.
Elferrat: Jörg Trayser, Rudolph Hutzl, Thomas Jochem, Karlheinz Fillauer, Heribert Koob, Sven Lautenschläger, Christoph Geis, Sören Graf, Pascal Berg, Matthias Horlebein, Hubert Helwig, Heinz Baumann, Volker Reichstein, Kerstin Koob, Cindy Ludwig, Kerstin Wienold, Cindy Graf, Sandy Theobald, Katrin Helwig, Jenny Ospeld.
Das Liedgut war auch Thema für „Ludwig und Karl“. Sebastian Koob und Alexander Löffelholz sind ein bestens eingespieltes Duo. Die beiden Sängerknaben älteren Semesters haben auf dem langen Fußweg zum Germania-Sängerheim viel Zeit für bemerkenswerte politische Erkenntnisse: „Überall geht’s nur bergab.“ Aber ein E-Bike verbietet sich ja wegen der Schlaglöcher in Lorsch.
Verpasst: Wahl als Kassenschlager
Die Bürgermeisterwahl wären „Ludwig und Karl“ übrigens ganz anders angegangen. Ein „Spektakel“ hätten sie daraus gemacht und die beiden Kandidaten ins Stadion der Olympia zum Duell geladen. Ein Kassenschlager wäre das geworden – allein mit den Eintrittsgeldern wäre das Millionenbauprojekt Ehlried-Sporthalle nun locker finanziert. Leider, klagten sie mit Blick auf die „Spaziergänge“, sei jeden Mittwochabend immer noch der „Fastnachtszug für Schwererziehbare“ in Lorsch unterwegs. Applaus vom Publikum.
Auch übers Gendern ließen sich die beiden Herren aus, über die Grenze der Toleranz, die für die Lorscher verständlicherweise bei Einhausen enden muss, und über die desolate Ausrüstung der Truppe. Da Munition fehlt, bleibe Soldaten im Ernstfall nichts anderes übrig, als selbst laut „Bumm“ zu rufen.
Manuel Hartmann und Manuel Rau funktionierten die Bühne zum Supermarkt um – Rolltreppe und Pfandautomat sind leider wegen Energiesparmaßnahmen außer Betrieb. Beim Sinnieren über Kunden, die Kondome zum Fremdgehen kaufen und sich an der Kasse dann ausgerechnet „Treuepunkte“ sichern, stellen sie fest, dass man in Lorsch aufs Ärztezentrum ebenso lange warten werde wie auf die neue Nibelungenhalle und die Sporthalle. Bei so angeregten Gesprächen packt der Gatte in Badelatschen alles mögliche in den Wagen – nur nicht das, was seine Ehefrau penibel auf dem Einkaufszettel notierte.
Einen sensationellen Auftritt legt die Garde hin. Schon beim Betreten der Bühne erntet sie Gejohle und Pfiffe. Im Rocker-Outfit zeigen die langmähnigen, mit Stirnbändern und gemusterten Leggins ausgerüsteten N3-Mitglieder hüftschwingende Akrobatik, wilde Sprünge und sportliches Können bei Drehfiguren und dem Spielen der Luftgitarre.
Publikum packt Leuchtstäbe aus
Donnernden Applaus gibt es auch für Emily Dohrmann, die als anmutiges Tanzmariechen über die Bühne wirbelt und mühelos Spagate springt. Nach der Mädchengarde, die natürlich, wie jede Formation, eine Zugabe tanzen muss, ist das Mädchenballett an der Reihe und begeistert in glanzvollen Röcken mit einem selbst kreierten Tanz zu Abba-Hits wie „Dancing Queen“ und „Mamma Mia“. Das Publikum packt die Leuchtstäbe aus.
Die passen auch bei den „Marching Drums Brothers“. Die Musiker heizen im Dunkeln mit Trommelwirbeln ein, bieten eine eindrucksvolle Performance. Das Männerballett antwortet mit Konfetti-Kanonen. „Das ist der Wahnsinn“, ruft Sitzungspräsident Helwig, begeistert über den Auftritt seiner Buben. Mit dieser Meinung ist er nicht allein. Die Tänzer mit verspiegelten Brillen und Lockenperücken, Glitzerhemden und Turnschläppchen verzücken ihre große Fangemeinde mit ihrer Interpretation zu „Stayin Alive“ und „Daddy Cool“.
Helwig fordert „Auf die Stühle“
„Haltet Eure Töchter fest“, schallt es warnend, als Simon und Christoph Helwig mit voller Kraft loslegen. Die Zirkusdirektoren leiden unter dem Fachkräftemangel, finden keinen Zauberer mehr, der die Jungfrau zersägt – nur Klimakleber. „Immer bist du der Bestimmer“, fällt der ganze Saal musikalisch mit ein. Und als Helwig „Auf die Stühle“ ruft, macht zumindest das jüngere Publikum sofort mit und springt auf die Sitze.
„Skandal“-Hit zum Finale
Die jungen Frauen des Damenballetts erobern aus dem Zuschauerraum heraus die Bühne, Luftballons in den Händen, tanzen sie zu Nenas Uralt-Hit, reißen mit. Auch den Text von „Sternenhimmel“ und „Skandal im Sperrbezirk“ hat noch niemand verlernt. Zum Finale Vollversammlung auf der Bühne. Es gibt langen Beifall für die gelungene Show, explizit auch für die Helfer hinter den Kulissen. Teamarbeit lässt den Verein erfolgreich solche Großveranstaltungen stemmen. Die N3 ist stolz darauf – zurecht. sch
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