Lorsch. Gerne werden Krisen als Chancen schöngeredet. Die Corona-Pandemie hat in Lorsch aber tatsächlich zumindest in einem Fall etwas Positives bewirkt. Das stellten mehrere Mitglieder des Kultur- und Sozialausschusses in der jüngsten öffentlichen Sitzung fest. Es ging dabei um den Weihnachtsmarkt und seinen Standort-Wechsel.
Die beliebte Großveranstaltung konnte in den vergangenen Jahren nicht wie gewohnt durchgeführt werden. Überall in der Region sagten damals Kommunen ihre Weihnachtsmärkte ab. Auch in Lorsch lag das angesichts der vielen Auflagen zur Eindämmung der Pandemie nahe. Dennoch wurde ein anderer Weg gewählt: Statt frustriert das Handtuch zu werfen, bemühte man sich, eine Alternative zu finden. Das gelang - und die kreative Arbeit wurde belohnt. Auch der veränderte Weihnachtsmarkt unter beleuchteten und dekorierten Bäumen an der Klostermauer jedenfalls kam bei Besuchern sehr gut an.
Wichtigste Änderung war der Umzug. Vom angestammten Platz im Stadtzentrum wurde der gesamte Weihnachtszauber auf das Gelände des früheren Festplatzes verlegt. Im Kulturausschuss war jetzt über die Zukunft des in Lorsch unter dem Motto „Blaues Weihnachtswunder“ gefeierten Marktes zu beraten: Soll er nach dem Ende von Corona wieder zurückkommen oder auch künftig auf der Klosterwiese bleiben?
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Das Gremium sprach sich nun für die Wiese aus, und zwar einstimmig. Das ist zum einen deshalb bemerkenswert, weil es ohne die Herausforderungen durch Corona nicht zu einer Veränderung im gewohnten auch bislang schon erfolgreichen Konzept gekommen wäre. Zum anderen auch deshalb, weil der neue Standort nicht völlig ohne Nachteile ist: Der Boden auf dem großen Wiesenplatz ist zum Beispiel nicht befestigt, kann schnell matschig werden und mancher Festbesucher schlitterte tatsächlich und landete im Dreck.
Der neue Weihnachtsmarkt wurde aus einer Notsituation in der Corona-Zeit geboren, erinnerte Matthias Schimpf (Grüne). Viel sei damals über das „Weihnachtswunder“ nachgedacht worden, die politische Entscheidung für die veränderte Ausrichtung sei dann letztlich richtig gewesen. Der vor der Pandemie jahrelang im Stadtzentrum angesiedelte Markt sei dort ebenfalls nicht ganz unproblematisch gewesen, lenkte Schimpf den Blick zurück. Nicht nur die Beschicker, auch Familien mit Kinderwagen hatten schließlich über die Engstellen in der Ortsmitte geklagt.
Unterhaltung ohne Gedränge
Der Markt 2022 auf der Klosterwiese, der ohne Corona-Auflagen ablief, habe sich als „familienfreundlich“ erwiesen, meinte Schimpf. Besucher hätten sich dort gut miteinander unterhalten können, „ohne weggedrängt zu werden“.
Dass der Markt auf der Wiese um knapp 8000 Euro teurer ist, wegen derzeit aufwändigerer Strom- und Wasserversorgung und mangels idealer Infrastruktur, war für den Grünen-Fraktionschef kein K.o.-Kriterium für den grundsätzlich attraktiven Standort. Er regte nebenbei an, auch über eine mögliche Verlängerung des bislang je über drei Tage laufenden Marktes zu diskutieren und dabei die Ehrenamtlichen und Beschicker einzubeziehen. Auch schlechtes Wetter war für ihn kein Argument gegen den einstigen Festplatz. Wenn es regnet, kämen schließlich allerorts wenig Gäste.
„Das Wetter ist ein Problem“
Margot Müller (SPD) sah das differenzierter. „Das Wetter ist schon ein Problem“, erklärte sie. Denn selbst wenn es tagsüber nicht regnet und die Witterung also zum Marktbesuch einlädt, kann der Untergrund noch schlammig sein, gab sie zu bedenken Auch Müller unterstrich aber, dass der neue Standort „sehr gut“ angekommen sei.
Als „positiv Begleiterscheinung durch Corona“ bezeichnete auch Ferdinand Koob (CDU) die in Lorsch in der Corona-Zeit erdachte Idee für den Umzug. Der Karolingerplatz habe eine „deutlich höhere Aufenthaltsqualität“ bewiesen als das „sehr enge“ Stadtzentrum. „Der neue Standort hat unsere Präferenz“, so der CDU-Fraktionsvorsitzende. Das Wetter sei dort zwar ein Nachteil, räumte er ein. „Wir wollen die Klosterwiese nicht betonieren“, versicherte er. Zukunftsfähige Lösungen beim Strom sowie eine eventuelle Erweiterung des Angebots könnten aber auch das Budget auf Dauer noch entlasten.
Brigitte Walsch (PWL) lobte auch die „tollen Stände“, mit denen der Lorscher Markt im Gegensatz zu einigen anderen in der Nachbarschaft aufwarte. Weil die regionale Konkurrenz nach dem Ende der Corona-Auflagen wieder größer werde, sollten die Organisatoren in Lorsch genügend Zeit für ihre gute Vorbereitung haben und also jetzt schon wissen, wo im Advent gefeiert wird. Walsch befürwortete für 2023 die Wiese.
Christiane Ludwig-Paul (CDU) machte daraufhin aufmerksam darauf, dass mit dem Beschluss in der Kulturausschuss-Sitzung keinesfalls nur eine Entscheidung für dieses Jahr fallen solle. Zu treffen sei jetzt vielmehr eine Entscheidung auf Dauer, beziehungsweise zumindest bis auf Weiteres.
Dirk Sander (SPD) merkte an, dass der Bereich um den Marktplatz im Gegensatz etwa zum Gelände rund ums Stadthaus - dort lockt die Christbaum-Allee der Vereine in der Weihnachtszeit viel Publikum an - vergleichsweise „sehr leer“ aussehe. Vielleicht könnte es auch am Marktplatz eine Verbesserung geben.
Die Christbaum-Allee verschieben?
Christiane Ludwig-Paul griff die Anregung auf und schlug vor, darüber nachzudenken, die Weihnachtsbaum-Allee eventuell künftig ein bisschen anders zu platzieren, mehr in Richtung Weihnachtsmarkt. „Wir haben ja viele kreative Köpfe im Kulturamt“, sagte sie. Sowieso wolle man auch wieder einen schönen Weihnachtsbaum in der Ortsmitte.
Bürgermeister Christian Schönung bescheinigte der Klosterwiese eine „höhere Aufenthaltsqualität“, mehr Platz, weniger Gedränge. Auch würden die Innenstadtanwohner weniger beeinträchtigt. Die Kosten für den Weihnachtsmarkt seien dort allerdings etwas höher, der Untergrund ein „Risiko“ und die Infrastruktur noch nicht optimal, bestätigte er. Es gebe viele Meinungen zu den beiden Standorten, es sei aber notwendig, jetzt frühzeitig die Entscheidung zu treffen, mahnte er.
Werde langfristig in verbesserte Infrastruktur investiert, profitierten auch andere Veranstaltungen dort, hieß es im Ausschuss, der dann für die dauerhafte Verlegung des Marktes aus die Wiese stimmte.
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