Lorsch. Über das Paulusheim wurde zuletzt viel diskutiert – und über seine Zukunft spekuliert. Befürchtet wurde von nicht wenigen Katholiken, das Gemeindehaus in zentraler Lage könne im Zuge der im gesamten Dekanat geforderten Veränderungen aufgegeben, abgerissen oder verkauft werden. Der begonnene „Pastorale Weg“ sieht für die katholischen Pfarreien schließlich unter anderem auch eine deutliche Reduzierung von Gebäuden vor. Jetzt hat die Lorscher Gemeinde St. Nazarius allerdings ein klares Signal gesendet: Sie will ihr Paulusheim erhalten.
Gestern informierte Pfarrer Michael Bartmann gemeinsam mit Michaela Ludwig-Gross vom Verwaltungsrat über diesen Sachstand. Nach vielen intensiven Gesprächen sei man in dem Kirchengremium zu dem Votum gelangt, das Haus, nur einen Katzensprung von der Kirche entfernt, weiterhin nutzen zu wollen. Ein bloßes „Weiter so“ könne es allerdings nicht geben, macht Bartmann deutlich und weist auf den „Sanierungsstau“ dort hin. Das Gebäude aus den 1960er Jahren ist unter anderem nicht barrierefrei.
Ein „Runder Tisch“ soll nun Anfang September engagierte Lorscher Katholiken zum Thema Paulusheim zusammenbringen. Ermitteln will man bei mehreren Treffen, welcher Bedarf genau besteht und welche Konzeption angestrebt werden soll.
Gemeindehaus ist unverzichtbar
Dass Lorsch ein Gemeindehaus braucht, ist für Bartmann völlig unstrittig. „Wir sind eine der größten Gemeinden“, erinnert er. Die rund 7000 Lorscher Katholiken und vor allem die zahlreichen Gruppen von St. Nazarius benötigten für ihre regelmäßigen Treffen Versammlungsräume. Das sieht auch Michaela Ludwig-Gross so: Den aktiven Gruppierungen – ob Pfadfinder, Frauenbund oder Kolpingfamilie – wolle die Pfarrgemeinde „ein Zuhause bieten“ und langjährigen Nutzern wie der Theaterspielgemeinschaft oder den Veranstaltern von Gymnastikkursen gleichfalls.
Ob sich alle Wünsche auch umsetzen lassen, ist noch eine andere Frage. Pfarrer Bartmann unterstreicht, dass es sich bei dem Votum des Verwaltungsrates zunächst um eine „Absichtserklärung“ handle, das Paulusheim nach Kräften erhalten zu wollen. Wer meint, man könne sich jetzt zurücklehnen, weil das Paulusheim damit in sicheren Tüchern ist, täuscht sich. Mit „Lippenbekenntnissen“ alleine werde eine Sanierung nicht zu schaffen sein. Alle diejenigen, die sich in den vergangenen Monaten immer wieder verbal fürs Paulusheim stark gemacht hätten, dürften schon auch anpacken, wenn es dann um die handfeste Arbeit geht, so der Pfarrer: Zum Beispiel im Rahmen von Aktionen, die zur Finanzierung der Sanierung beitragen.
Verkaufen – das geht gar nicht
Zuspruch für den Erhalt des Paulusheims habe es reichlich gegeben, berichtet auch Ludwig-Gross. Zahlreiche Lorscher verbänden viele Erinnerungen mit dem Jugendhaus St. Paulus. Diskussionen mit großer Emotionalität habe sei bei diesem Thema aber auch außerhalb der Pfarrgemeinde erlebt: Das Paulusheim verkaufen? Das geht gar nicht, habe es immer wieder geheißen. Das Thema habe in Lorsch viele bewegt. Bedauerlich sei, dass dabei auch manches erzählt wurde, was nicht der Wahrheit entsprach, sagt Bartmann.
In ihren bisherigen Gesprächen über mögliche Alternativen zum angestammten Standort des Gemeindehauses haben die Mitglieder des Verwaltungsrats letztlich festgestellt, dass das Paulusheim eigentlich die ideale Adresse für den großen Kreis von Nutzern unterschiedlichsten Alters bleibt, wenn es saniert und barrierefrei ist. „Ein richtiges Gemeinde- und Kulturzentrum“, sagt Michaela Ludwig-Gross. „Ein Sahnestück“, ergänzt Pfarrer Bartmann angesichts der Lage im Herzen der Stadt.
Die Raumnutzung soll künftig besser werden, fordert der Pfarrer aber, der auch Vorsitzender des Verwaltungsrates ist. Auf die frühere Wohnung könne verzichtet werden. Unter Denkmalschutz steht das Haus nicht, entsprechende Vorgaben müssen also nicht beachtet werden. Das Paulusheim solle auch „kein Staatstheater“ werden, erklärt Bartmann. „Vernunft vor Luxus“, sei eine Devise.
Wie das neue Paulusheim aussehen soll, ist nun im Einzelnen zu beraten. „Wir wollen aber keine drei Jahre diskutieren, sondern zügig“, heißt es vom Verwaltungsrat. Am Ende soll ein gut durchdachtes und ebenso gut formuliertes Konzept stehen. Das ist wichtig, denn für die Umsetzung des Projektes ist die Gemeinde auf Fördergelder angewiesen, und zwar nicht nur von Seiten der Kirche, die „einen gewissen Prozentsatz“ geben werde. In St. Nazarius hofft man, auch durch EU-Fördergelder unterstützt zu werden. Zwar sei die Meinung verbreitet, die Kirche habe viel Geld und Immobilien. Bei vielen Häusern – Kitas etwa – handle es sich jedoch um einen Zuschussbetrieb, erinnert Bartmann.
Das, was gelebt wird, formulieren
Das zu erarbeitende zukunftsfähige Konzept ist auch nicht unbedeutend, um im Bistum zu dokumentieren, was für eine lebendige Gemeinde St. Nazarius ist. Wenn es irgendwann tatsächlich darum gehen wird, dass sich Pfarrgemeinden von Häusern trennen sollen, sei man in Lorsch vergleichsweise sicher. Auch dem Verein Jugend- und Sozialwerk als Betreiber des Paulusheims bescheinigen Bartmann wie Ludwig-Gross übrigens eine „super Arbeit“.
„Wir müssen das, was wir schon lange leben, eigentlich nur aufschreiben“, meint Michaela Ludwig-Gross zuversichtlich.
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