Weltdokumentenerbe

Lorsch ist stolz auf seine Welterbe-Titel

Unesco-Programm feierte Jubiläum

Von 
Nina Schmelzing
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Prof. Leonhard hielt in Lorsch den einleitenden Vortrag. © Zelinger

Lorsch. Beethovens neunte Sinfonie („Alle Menschen werden Brüder“), die Gutenberg-Bibel oder die Goldenen Bulle – sie alle sind außergewöhnliche Werke, die auch Jahrhunderte nach ihrer Entstehung große Bedeutung haben. Sie gehören daher zum Unesco-Weltdokumentenerbe. Zur Liste dieser herausragenden Werke, die als „Gedächtnis der Zukunft“ bewahrt werden, zählt auch das Lorscher Arzneibuch. Das entsprechende internationale Unesco-Programm Memory of the World, das nun 30 Jahre besteht, war jetzt Anlass für ein hochkarätig besetztes Kolloquium, zu dem sich am Donnerstag zahlreiche Fachleute in Lorsch versammelten.

Im Paul-Schnitzer-Saal ging es um Kultur- und Naturerbestätten im internationalen Rahmen, um interessante Themen wie etwa Interpretationen und politische Instrumentalisierung historischer Dokumente und die Frage, wer entscheidet, woran wir uns erinnern werden. Mehrere Professoren, ein Vertreter des Auswärtigen Amtes sowie der Generalsekretär der deutschen Unesco-Kommission, Dr. Roman Luckscheiter, ergriffen unter anderem das Wort. Dieser bezeichnete Lorsch als „idealen Ort“ für das Treffen.

24 Weltdokumentenerbe

Das Unesco-Programm Memory of the World ist eine internationale Initiative, die dokumentarisches Erbe der Menschheit schützt und wertvolle Archivbestände bewahrt.

427 Einträge sind bisher ins Register aufgenommen, davon 24 aus Deutschland.

Zu diesen zählen neben dem Lorscher Arzneibuch etwa die Märchen der Brüder Grimm, das Nibelungenlied, Dokumente zum Bau und Fall der Berliner Mauer, Tonbandaufnahmen des Frankfurter Auschwitz-Prozesses, die Himmelsscheibe von Nebra, das Patent von Carl Benz. sch

Mit dem Weltkulturerbe Kloster Lorsch, dem ins Weltdokumentenerbe aufgenommenen Lorscher Arzneibuch – in Lorsch im Jahre 800 entstanden – und dem in Lorsch beheimateten Sitz des Unesco-Geoparkes Bergstraße-Odenwald sei die Stadt ein „Unesco-Hotspot“. Luckscheiter erinnerte besonders an die Verdienste von Prof. Dr. Joachim-Felix Leonhard, dem Vorsitzenden des Deutschen Nominierungskomitees für das Programm Memory of the World. 1999 hatte Leonhard bereits eine entscheidende Hauptversammlung dafür nach Lorsch geholt.

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Auch der Welterbetag sei in Lorsch entstanden, fügte Bürgermeister Christian Schönung in seiner Begrüßungsansprache noch ein weiteres Merkmal hinzu. Für eine kleine Stadt wie Lorsch sei die Entscheidung, das Kolloquium hier abzuhalten, eine „Riesenehre“. Das Welterbe hätten die Lorscher längst in ihre Herzen aufgenommen. Man sei „sehr, sehr stolz“ darauf. Dass Leonhard in Lorsch seine Kindheit verbrachte und zudem dabei sei, in Lorsch gemeinsam mit dem Heimat- und Kulturverein auch eine Dokumentationsstätte jüdischen Lebens aufzubauen, erwähnte er ebenfalls.

Deutschland ist eines der führenden Welterbeländer. Neben den zahlreichen mit dem Titel geadelten Kirchen, Klöstern und Schlössern kann es auch 24 Einträge im Weltdokumentenerbe vorweisen. Was wären wir ohne Erinnerungskultur und Geschichtsschreibung, fragte Leonhard in seinem Vortrag in Lorsch. Wichtige Dokumente als Erbe der Vergangenheit zu bewahren, sei Aufgabe in der Gegenwart für die Zukunft. Im Programm Memory of the World werde das unabhängig von der Frage, um welche Religion, Kultur oder Ethnie es sich handle, in gegenseitigem Respekt verfolgt. Toleranz, Völkerverständigung und Frieden sind oberste Maxime, immer konfliktfrei läuft die Arbeit nicht. Als das Patent von Carl Benz als Geburtsurkunde des Automobils nominiert war, sei tatsächlich diskutiert worden, ob man einen CO2-Verursacher in die Liste aufnehmen solle.

Leicht verletzlich und zerstörbar

Wie verletzlich das kulturelle Erbe auch im 21. Jahrhundert ist, das war in Lorsch auch ein Thema. An Unfälle, Krieg und Naturkatastrophen erinnerte Leonhard mit dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs, den Zerstörungen in Palmyra und dem Brand in der Amalia-Bibliothek in Weimar. Wer das kulturelle Erbe anderer zerstören wolle, habe über die Vernichtung von Dokumenten anderer Kulturen letztlich die Vernichtung anderer Menschen im Blick, warnte er.

Deutschland beteilige sich auch an Vorschlägen anderer Länder. Zu den jüngsten Anträgen gehört ein internationaler Gemeinschaftsantrag mit Dokumenten der Hanse aus Deutschland, Belgien, Polen, Dänemark, Estland und Lettland sowie eine Auswahl Karolingischer Handschriften.

Redaktion

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