Hauptversammlung

Lorscher Heimat- und Kulturverein plant neue Buchprojekte

Die Vorbereitung auf das 100-jährige Vereinsbestehen laufen. Das Werk von Karl Josef Minst soll veröffentlicht werden.

Von 
Nina Schmelzing
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Vorsitzender Thilo Figaj (oben, links) erinnerte an Ereignisse wie die Eröffnung der Dokumentation Landjudenschaft, die Platzkonzerte und an den Kräutergarten, der für Lorscher und zahlreiche Gäste ein Anziehungspunkt ist. © Lotz, Mizera, Neu

Lorsch. Der Heimat- und Kulturverein hatte zu seiner Jahreshauptversammlung eingeladen. Wahlen oder Ehrungen standen am Freitagabend nicht auf der Tagesordnung. Vorsitzender Thilo Figaj konnte in seinem Rechenschaftsbericht über mehrere erfreuliche Nachrichten informieren. Zum Beispiel darüber, dass der Verein leicht gewachsen ist und nun 185 Mitglieder hat.

Die Vertreter der vielen Arbeitsgruppen im Verein blickten bei der Hauptversammlung unter anderem auf die zahlreichen Veranstaltungen zurück, die von den Aktiven auf die Beine gestellt wurden: die sehr gut besuchten Platzkonzerte in Zusammenarbeit mit der Stadt Lorsch, die Stadtführungen, Vorträge und Museumsangebote unter anderem. Auch an die neue jüdische Dokumentationsstätte zur Landjudenschaft in Trägerschaft des Vereins, die im Alten Schulhaus eingerichtet und vor wenigen Monaten eröffnet wurde, erinnerte Figaj natürlich.

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Vorwiegend mit vereinseigenen Mitteln ist das Haus, das auch die Kurpfalz-Bibliothek beherbergt, neu gestaltet worden. Dabei kam auch heraus, dass das Gebäude älter ist als zuvor angenommen wurde: es stammt von 1723. Diese neue Information habe die Stadt Lorsch „gratis dazu erhalten“, bilanzierte Figaj. Auf gut 100 Quadratmetern sind in der Dokumentation über jüdisches Leben in Lorsch, Südhessen und der östlichen Kurpfalz ausnahmslos Originale ausgestellt. Gerade gebe es wieder ein Projekt mit einer Bensheimer Schule, das Haus in der Schulstraße 16 steht aber allen Interessierten nach Anmeldung offen.

Auch die Gedenkveranstaltung im vorigen Jahr zur Pogromnacht am 9. November 1938 hob Figaj besonders hervor. Der Vorsitzende des Heimat- und Kulturvereins hatte mit dem Kulturbüro und Mitgliedern des Jugendrats zu einer Diskussionsrunde eingeladen, bei der Zeitzeugenberichte einer Lorscherin zu hören und über Fragen der historischen Schuld und persönlichen Verantwortung gesprochen wurde. Erfreulich viele Lorscher beteiligten sich rege am Meinungsaustausch.

Letzte „Stolpersteine“ kommen

In diesem Jahr sollen die letzten „Stolpersteine“ in Lorsch verlegt werden, kündigte Figaj an. Sie werden vor den Häusern gesetzt, aus denen jüdische Bewohner einst von den Nazis vertrieben wurden. Die noch fehlenden Adressen befinden sich in der Linden- und der Kirchstraße. Ausnahmsweise werden die Steine, die auf Metallplatten an die Namen der Opfer erinnern, in diesem Herbst ohne den Künstler Gunter Demnig verlegt, informierte Figaj. Das habe man mit ihm so vereinbaren können.

Dass der Lorscher Jugendrat nicht mehr existiert, der in die Gedenkveranstaltungen und die Pflege der „Stolpersteine“ eingebunden war, bedauerte er. Der Verein sei aber bereits auf der Suche nach jungen Lorschern aus anderen Jugendorganisationen, die Aufgaben übernehmen könnten.

Sicher ist, dass den Mitgliedern auch in Zukunft die Arbeit nicht ausgehen wird. Der in Lorsch nicht wegzudenkende umtriebige Verein will 2026 nicht zuletzt sein eigenes dann 100-jähriges Bestehen feiern. Die ersten Vorbereitungen dafür laufen an. Ein Buchprojekt schwebt dem Vorstand vor.

Ein Editionsprojekt plant der Heimat- und Kulturverein auch aus dem Nachlass von Karl Josef Minst. Der 1984 verstorbene Lorscher Ehrenbürger war Klosterführer, Vereinsmitglied und hat den Codex Laureshamensis aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt – 1500 Seiten legte er vor. „Eine spannende Geschichte“, so sagte Figaj über das Vorhaben, ein von Minst um das Jahr 1950 verfasstes, bislang unveröffentlichtes Werk, nun 2024 in den Druck zu geben.

Rezepte aus Lorscher Küchen

Eine zweiköpfige Arbeitsgruppe hat sich zudem zum Thema Lorscher Küchenrezepte gegründet. Klaus Jäger und Sabine Horn sammeln Material. Andere Veröffentlichungen – das Kräuterbuch und die Erinnerungen von Hans Ludwig, in denen der Ehrenringträger auf „Jahre der Kindheit“ in Lorsch 1929 bis 1945 blickt –, sind in Neuauflagen wieder zu haben. Dass der Verein sehr lebendig ist, beweisen ausgebuchte Touren ins Elsass und nach Aschaffenburg, die Beteiligung am Neubürgerempfang und der Christbaum-Allee.

Johannes Dorn, der sich um den Bibliotheksbestand kümmert, berichtete ebenso wie Heribert Koob, der in Vertretung von Bernhard Stroick über die Aktivitäten im Tabakmuseum informierte, über viel Arbeit, die bei der Inventarisierung zu leisten ist. Thilo Figaj verlas im Namen von Hans de Raadt den Bericht zum Archiv mit Bildern und Akten, insgesamt rund 70 000 elektronischen Dateien, auch ein neues Datenbankprojekt steht an. Die stets sehr erfolgreichen Veranstaltungen „Lorscher Bilderbogen“ könnten nach langer Corona-Pause eventuell mit einem „Best of“ wieder aufgenommen werden, hieß es.

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Inge Ludwig berichtete, dass es nach dem Einbruch durch die Pandemie nun wieder eine deutlich höhere Nachfrage nach Stadtführungen gebe. Buchungen durch Reisegesellschaften fehlten zuletzt, dafür hätten aber viele Führungen im Rahmen von Betriebsausflügen und privaten Feiern stattgefunden. Auch das Angebot beim Neubürgerempfang wird sehr gerne angenommen. Die Stadtführer referieren dabei nicht nur historische Fakten zu Lorsch, sondern geben auch Hinweise zu interessanten Veranstaltungen und Ausflugstipps. Neue Stadtführer würden ausgebildet und auch für die neue Saison sei sie „sehr guter Dinge“,so Ludwig.

Bettina Walter ließ im Bericht für die Kräutergarten-Gruppe, den Thilo Figaj verlas, unter anderem den sehr erfolgreichen Märchenabend Revue passieren. Ein Pflanzkübel am Benediktinerplatz sorgt zudem dafür, den Kräutergarten hinter der Zehntscheune nicht zu übersehen.

Über den Pfingstrosengarten an der evangelischen Kirche, inzwischen zehn Jahre alt und im Sommer eine Attraktion, berichtete Gisela Steines. Auch um das Grüngelände rund um die katholische Kirche kümmern sich Aktive. Am Arbeitsaufwand habe sich wenig geändert. Das Gelände sei trocken. Bleibe man untätig, könnten die Bäume absterben. Engagiert war Steines auch beim Sammeln für den Werzwisch, 60 Sträuße wurden zu Maria Himmelfahrt gebunden.

Erinnerung an Paul Schnitzer

Der Kassenbericht von Heribert Koob zeigte, dass der Verein gut aufgestellt ist. Am Ende der Versammlung im Paul-Schnitzer-Saal erinnerte ein Neumitglied daran, dass der Namensgeber 2024 den 90. Geburtstag hätte feiern können. Schnitzer, 1995 gestorben, ist Lorscher Ehrenbürger und führte einst den Heimat- und Kulturverein.

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