Bücher-Sammlung

Kurpfalz-Bibliothek in Lorsch ist ein Eldorado für Heimatforscher

Von 
Nina Schmelzing
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Lorsch. Das Fachwerkhaus in der Schulstraße 16 fällt jedem sofort als Schmuckstück ins Auge. Einst war dort, im Herzen der Stadt, die Lorscher Schule untergebracht, in Kürze wird im Obergeschoss eine jüdische Dokumentationsstätte eröffnet. Dass in den Innenräumen des Hauses aber schon lange viele Bücher-Schätze beherbergt werden, ist noch immer zu wenig bekannt. Seit 20 Jahren ist dort die Kurpfalz-Bibliothek untergebracht. Die Bücher-Sammlung, die mit Petra Schöppner jetzt auch eine neue Leiterin hat, ist ein kleines Paradies für alle, die an Heimatgeschichte interessiert sind – und dieses kann kostenlos genutzt werden.

Dass die Adresse einem breiten Publikum weniger vertraut ist als zum Beispiel die gegenüberliegende Katholische öffentliche Bücherei (KÖB), liegt daran, dass es sich bei der Kurpfalz-Bibliothek um eine wissenschaftliche Bücher-Sammlung handelt. Kinderbücher oder aktuelle Krimis stehen nicht in den Regalen – und man kann die Bände auch nicht ausleihen, um in ihnen daheim zu schmökern. Die Kurpfalz-Bibliothek ist eine Präsenzbibliothek. Ihre knapp 9000 Bände bieten eine Fülle von Informationen rund um die regionale Geschichte der Kurpfalz und damit über Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und über Südhessen und lohnen einen Besuch.

Von Abtsteinach bis Zwingenberg

Im Lesezimmer mit großem Arbeitstisch und Lesepult wird jeder fündig, der mehr wissen möchte über den heutigen Raum der Metropolregion Rhein-Neckar mit seiner bedeutenden kurpfälzischen Geschichte. Bücher über Mannheim und Heidelberg sind ebenso vorhanden wie über die Kommunen im Kreis Bergstraße: von Absteinach über Bürstadt und Lorsch bis nach Zwingenberg sind alle vertreten.

Die ältesten Originalwerke stammen aus dem Jahr 1870. Die Kurpfalz-Bibliothek, getragen vom Verein Kurpfalz, bietet aber nicht nur historische Bände und dicke Wälzer – und keinesfalls nur Lesestoff, der sich allein an Wissenschaftler wendet. Sie hat auch leichte und modernere Lektüre. Eine Schatzkammer ist sie schon deshalb, weil sie auch Texte aufbewahrt, die in kaum einer anderen öffentlichen Bücher-Sammlung archiviert sind: Broschüren zu örtlichen Jubiläen beispielsweise.

Zahlreiche kleine Festschriften

Zu Bensheim findet man unter anderem den Band zu 300 Jahren AKG, man kann die „Damals in Bensheim“-Geschichten von Erika Ertl wiederlesen oder die Mitteilungen des Museumsvereins. Zu Lorsch sind neben vielen anderen Titeln auch Festschriften über die 125-jährige Geschichte des Gesangvereins Liederkranz, die 100 Jahre alte Germania, die ebenso lange Geschichte der Olympia sowie der Feuerwehr eingestellt. Auch kleine Schriften etwa über die Pfadfinder oder den BdV laden zum Blättern ein. In Anspruchsvolles wie den Lorscher Codex, in Bücher über das Kloster oder das zweibändige Werk zur Reichsabtei Lorsch von Friedrich Knöpp – hoch oben im Regal mit der Trittleiter erreichbar – kann man sich ebenfalls vertiefen.

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„Man kann Entdeckungen machen“, weiß Prof. Dr. Joachim-Felix Leonhard. Der Staatsminister a.D. ist seit 20 Jahren Vorsitzender des Kuratoriums, das als wissenschaftlicher Beirat des gemeinnützigen Vereins mit Sitz in Mannheim für die Bibliothek fungiert. Man kann Hintergrundwissen erwerben und zufällig interessante Informationen finden, nach denen man bislang noch nie gesucht hatte. Zumal inzwischen auch die Bibliothek des Heimat- und Kulturvereins Lorsch in den Bestand integriert wurde. Raritäten beinhalten darüber hinaus die Nachlässe und Schenkungen von Heimatforschern.

Abschriften in säurefreien Kartons

Als „echten Schatz“ wertet Leonhard etwa den Nachlass von Rudolf Kunz, der sich einen Namen als einer der bedeutendsten Regionalforscher in Südhessen und der Kurpfalz erworben hatte. In säurefreien Kartons lagern noch Abschriften von alten Urkunden, die auszuwerten und einzuordnen sind.

Geht man mit Joachim-Felix Leonhard durch die Kurpfalz-Bibliothek Heinrich Vetter, wie sie mit vollem Namen in Erinnerung eines wichtigen Förderers heißt, dann erinnert er an den gelungen Umbau des Gebäudes, das um 1600 gebaut wurde. Duster war es vor der Sanierung. Mit viel ehrenamtlichen Einsatz wurden Wände gestrichen, die Treppe abgeschliffen, die Bibliotheksräume hell gestaltet und mit LED-Technik versehen.

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Stöbern kann man im Bücherbestand nach Herzenslust. Die Kurpfalz-Bibliothek ist aber auch an den südwestdeutschen Bibliotheksverbundes angeschlossen, der Großteil des Bücherbestands in deren Online-Katalog aufgenommen. Wer Hilfe braucht, kann zudem Petra Schöppner fragen.

Die Zwingenbergerin, die die Leitung übernommen hat, ist in Lorsch auch durch ihre Arbeit in Lauresham bekannt. Sie führt im Freilichtlabor etwa das Spinnhandwerk vor. Die 63-Jährige, die früher als Architektin mit einem Planungsbüro selbstständig war, habe fachlich versiert auch viele gute Ideen bei der Umgestaltung der Bibliothek einbringen können, lobt Leonhard. Die Kurpfalz-Bibliothek sei ein „Eldorado“ für Heimatforscher, sagt auch Petra Schöppner.

Mittwochs geöffnet

Immer geöffnet ist die Bibliothek mittwochs von 14.30 bis 17 Uhr, weitere Termine in der Spezialbibliothek für die Regionalgeschichte können vereinbart werden.

Redaktion

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