Kloster Lorsch

„Kritik des Lorscher Fördervereins trifft die Falschen“

Heimat- und Kulturverein nimmt Stellung zum offenen Brief und der Warnung vor „Stillstand“ rund ums Welterbe. Vielfältiges Engagement rund ums Lorscher Kloster

Von 
Nina Schmelzing
Lesedauer: 
Unter anderem der Heimat- und Kulturverein engagiert sich in vielfältiger Weise für das Welterbe, erinnert Vorsitzender Thilo Figaj (2.v.l.) . © Thomas Zelinger

Lorsch. Lorsch. In der öffentlichen Diskussion finde das Lorscher Kloster „so gut wie nicht statt“ – und das „trotz zahlreicher Themenfelder, die zu beackern wären“. Das hat der Verein zur Förderung der Welterbestätte in einem Offenen Brief bemängelt. Der Vorstand ruft in dem Schreiben Lorscher dazu auf, die Welterbestätte wieder „mehr in den Fokus zu rücken“ und warnt vor einem möglichen „Stillstand“ durch fehlendes Engagement.

Lorscher sind nicht die richtige Adresse

Diese Befürchtungen teilen andere Lorscher nicht, die sich um das Kloster kümmern. Sie können sie nicht nachvollziehen. Thilo Figaj gehört dazu. Die kritischen Worte des Fördervereins sieht der Vorsitzende des Heimat- und Kulturvereins (HKV) innerhalb der Stadt jedenfalls falsch platziert. Sie gehörten an eine andere Adresse gerichtet, meint er auf Nachfrage, und nennt dabei Bad Homburg. Dort sitzt die Verwaltung Staatlicher Schlösser und Gärten. Vor Ort könne von Stillstand rund ums Welterbe keine Rede sein, erinnert Figaj an zahlreiche Aktivitäten von Lorscher Bürgern.

Allein dem HKV sei es etwa zu verdanken, dass im Zuge der Umgestaltung des Welterbe-Geländes vor einigen Jahren zwei wichtige Bestandteile vor der Auslöschung bewahrt blieben: die Aufmauerungen der Grundrisse des Gründungsklosters Altenmünster und der vor Jahren von Vereinsmitgliedern angelegte Kräutergarten.

Der nach dem Lorscher Arzneibuch angelegte Kräutergarten wird von fleißigen Gärtnerinnen des Vereins ehrenamtlich gepflegt und hat sich an seinem neuen Platz hinter dem Zehntscheune zu einem Publikumsmagneten entwickelt. Seit Jahren wünsche man sich allerdings eine angemessene Beschilderung sowie Wegehinweise, bislang vergeblich, fügt Figaj an.

Viele Besucher kämen wegen der prächtigen Gärten nach Lorsch. Ihr Ziel ist neben dem Kräutergarten auch der Pfingstrosengarten. Auch er, auf dem nördlichen Teil der Klosterdüne gelegen, ging aus einer Initiative des HKV hervor. Er wurde im vergangenen Jahr mit städtischen Mitteln erweitert und wird von Ehrenamtlichen und Vereinsmitgliedern als bürgerschaftliches Projekt unter der Regie des Lorscher Kulturbüros betrieben, erinnert Figaj.

Ohne bürgerschaftliches Engagement sei auch die Tabakpflanzung im Welterbe-Areal an der Kulturachse undenkbar. Dieses Projekt, zu dem auch die Tabakscheune gehört, wird gemeinschaftlich von HKV und Kulturbüro der Stadt erfolgreich betrieben. Den drei Dutzend Ehrenamtlichen, die in Gärten und Pflanzungen tätig sind, tue man Unrecht, wenn man von einem „Stillstand am Welterbe“ spreche.

„Stillstand kann ich auch in den Bemühungen der Stadt nicht erkennen, das Umfeld des Klosters mit städtebaulichen Maßnahmen attraktiver zu machen“, unterstreicht Figaj. Die alte Liegenschaft unmittelbar an der Torhalle durch die städtische Gesellschaft EGL zu erwerben und unter Berücksichtigung des Denkmal- und Ensembleschutzes an dieser Stelle eine neue und der Historizität des Platzes angepasste Kubatur zu entwickeln, sei Kernaufgabe einer verantwortlichen Stadtplanung und der städtischen Gremien. Der Heimat- und Kulturverein habe die bisherige Entwicklung in den öffentlichen Gremien verfolgt und begrüße sie ausdrücklich.

Der Heimat- und Kulturverein als Nutzer der Räume und als Betreiber des Tabakmuseums teile nicht die Ansicht, das 1995 eröffnete Museumsgebäude bedürfe einer Grundsanierung. „Es ist ein vollkommen intaktes, gut gepflegtes Gebäude, an dessen Erhaltungszustand wir nichts Grundlegendes zu bemängeln hätten“, betont Figaj. Wer sich etwas anderes wünsche, sollte auch sagen, ob er sich an den Kosten beteiligt oder die Miete dafür langfristig zu zahlen bereit sei.

Auf Initiative des HKV, und nach Beauftragung durch den Magistrat, seien die Leitung der Welterbestätte in Lorsch, die Mitarbeiter der Verwaltung und der Verein seit 2023 im Gespräch über die künftige Nutzung und mögliche Umgestaltungen. Der Verein habe in der Runde bereits im Sommer 2024 sein Konzept vorgelegt. Darin erklärte er sich bereit, den angestammten Platz des Tabakmuseums zu räumen, um das gesamte Erdgeschoss für eine modernisierte Darstellung der Klostergeschichte freizugeben.

Figaj: „Es kommt bei uns jedenfalls nichts an“

Figaj: „Für den Umzug der Tabaksammlung an einen anderen Ort im Gebäude haben wir eine Kostenschätzung abgegeben. Mit dem Leiter der Welterbestätte sind wir uns einig, dass wir ein gemeinsames, abgestimmtes Design für das gesamte Museum anstreben wollen.“

Der Verein sei mit dem Angebot weit über seinen Schatten gesprungen, um Bewegung in die Sache zu bringen, der Stadt eine finanzielle Orientierung zu geben, und auch der grundsätzlichen Bedeutung der Präsentation der Klostergeschichte an diesem Platz im Museum Rechnung zu tragen.

„Der Ball liegt seitdem bei der Staatlichen Verwaltung Schlösser und Gärten (VSG) in Bad Homburg. Von dort kommt nichts, jedenfalls kommt bei uns nichts an“, konstatiert Thilo Figaj. VSG sei daher die Adresse für Kritik.

Mehr zum Thema

Offener Brief

Förderverein warnt vor Stillstand am Lorscher Welterbe

Veröffentlicht
Von
Nina Schmelzing
Mehr erfahren
Bedeutende Handschrift

Book of Kells: Mittelalterliches Buch in Lorsch präsentiert

Veröffentlicht
Von
Nina Schmelzing
Mehr erfahren

Da der HKV Planungssicherheit für die Tabak-Sammlung benötige, könne das Angebot aber „nicht ewig“ Bestand haben. „Wir müssen irgendwann zum Schutz wertvoller Exponate umbauen“, erläutert der Vereinsvorsitzende. „Wir bleiben auch gerne, wo wir seit 1995 sind. Das haben wir im Gespräch mit Stadtverordneten aller Fraktionen vor zwei Jahren schon kommuniziert.‘“

Stillstand gebe es beim HKV auch nicht in der Befassung mit dem Kloster und seiner Geschichte selbst. Die Mitglieder publizierten eine Menge im Verlag Laurissa. Figaj erinnert etwa an Veröffentlichungen zum Lorscher Bienensegen und Lorscher Arzneibuch, an Berichte in Sammelpublikationen wie Jahrbüchern und Geschichtsblättern. Zuletzt habe der Verein 2024 den Roman „Kunigunde“ als Buch herausgegeben. Das alles gehöre zur Vermarktung des Welterbes dazu.

Nicht bloß eine Erweiterung des Wohnmobilstellplatzes

Der Standort für einen neuen Ankunftsort sowie für Bus- und Pkw- Parkplätze sei von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen worden. Ein Bebauungsplan-Verfahren werde demnächst eingeleitet. Die Darstellung des Fördervereins, es handele sich bei dem Ort an der Odenwaldallee allein um „eine Erweiterung des Wohnmobilstellplatzes“ sei „schlichtweg falsch“, so Figaj.

Schon allein diese umfangreichen Aktivitäten des HKV gehörten zur Gesamtschau unbedingt dazu, vom großen Engagement der Mitarbeiter der Welterbestätte und deren Vielzahl von Projekten in der Vermarktung und Museumspädagogik gar nicht zu reden. Für diese könne der HKV natürlich nicht sprechen. Befürchteter Stillstand am Welterbe sei aber nicht zu sehen.

Die kritischen Worte des Fördervereins seien gegenüber den Lorscher Aktiven jedenfalls fehl am Platz, so Figaj. Auch der Heimat- und Kulturverein selbst sei vor inzwischen fast 100 Jahren zunächst allein zum Zweck der archäologischen Erforschung des Klosters gegründet worden. sch

Redaktion

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

VG WORT Zählmarke