Vogelschützer

Der Lorscher Kiebitz brütete ausgerechnet nahe des Radwegs

Die Freude über den Nachwuchs bei der bedrohten Art war groß. Der Kiebitz – er gehört zur Familie der Regenpfeifer – genießt derzeit besondere öffentliche Aufmerksamkeit. Er wurde 2024 zum „Vogel des Jahres“ gewählt.

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sch/red
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Der Kiebitz steht auf der Roten Liste der stark gefährdeten Arten. In Lorsch baute sich ein Vogelpaar jetzt ein Nest in einem Rübenacker und brütete vier Eier aus. Dass der Nachwuchs schlüpfte, ist auch den Vogelschützern zu verdanken. © Zurek

Lorsch. Mehr gute Nachrichten, das wünschen sich viele Menschen. Auch kleine Erfolgsmeldungen sind dabei sehr erwünscht. Die Lorscher Vogelschützer können jetzt eine davon liefern. Ihnen ist es jedenfalls gelungen, die Brut eines Kiebitzes zu sichern. Die Vogelart steht auf der Roten Liste der bestandsgefährdenden Brutvogelarten in Hessen. Der Kiebitz – er gehört zur Familie der Regenpfeifer – genießt derzeit besondere öffentliche Aufmerksamkeit. Er wurde 2024 schließlich zum „Vogel des Jahres“ gewählt.

Die nur etwa 30 Zentimeter großen Tiere mit dem prächtigen schwarz-weißen Gefieder und dem markanten Federkamm, der wie eine Krone ihren Kopf schmückt, sind in Feuchtgebieten daheim. Dort ernähren sie sich von Regenwürmern, Heuschrecken und allerlei anderen Insekten. Die Flächen, die Kiebitze benötigen, werden allerdings immer seltener. Üblicherweise legt das Weibchen vier Eier geschützt in einer Bodenmulde ab, zum Beispiel in großen Ackerflächen.

So war das jetzt auch in Lorsch, berichtet Christian Zurek vom Vorstand des Lorscher Vogelschutzvereins. In einer gemeinsamen Aktion mit Landwirten und Jägern konnte dieser Brutstandort der vom Aussterben bedrohten Vogelart gerettet werden. Und das, obwohl sich der Lorscher Kiebitz für sein Gelege ausgerechnet einen Platz unweit des stark frequentierten Radweges zwischen Lorsch und Hüttenfeld ausgesucht hatte. Das Nest baute er unweit der Fläche des ehemaligen Klosters Hagen.

Otto Weber von der Unteren Naturschutzbehörde in Heppenheim berichtete dem Lorscher Vogelverein im Frühjahr von einem Kiebitzpaar auf dieser Ackerfläche. Das auffällige Verhalten der Tiere habe auf eine mögliche Brut hingedeutet. Den vermuteten Brutstandort auf dem Rübenacker dokumentierte der Mitarbeiter der Naturschutzbehörde daher sorgfältig in einer digitalen Karte und stellte Fotos dazu. Kiebitz heißt der Vogel wegen seines markanten Rufes, der wie „Kie-witt“ klingt. Sein wissenschaftlicher Name lautet Vanellus vanellus“.

Einer der Lorscher Jungvögel bei einer der ersten Touren. © Zurek

Die Annahme, es könnte sich bei dem Platz in Lorsch um einen Brutstandort handeln, bestätigte sich. Mit Unterstützung des Jägers Jens Gebhardt gelangen die Lokalisierung des genauen Brutplatzes sowie auch der Nachweis des Geleges. Die dort abgelegten vier Eier hatte der Kiebitz gut getarnt. Die Elternvögel teilen sich die Verantwortung und wechseln sich in der Brutpflege ab. Um sie zu finden, kam die Drohne der Lorscher Jägerschaft zum Einsatz.

Üblicherweise kommt diese für die Rehkitzrettung und gegenwärtig auch für die Kadaversuche im Rahmen der Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest zum Einsatz – aber sie hilft eben auch, um ein Kiebitz-Gelege zu lokalisieren. Nach Absprache mit dem Landwirt Michael Angert wurde der Brutstandort mit vier Stäben dann sichtbar markiert.

In den folgenden Wochen wurde der Verlauf der Brut und die Entwicklung der geschlüpften Jungvögel von den Mitgliedern des Lorscher Vogelvereins Heiko Schweizer und Christian Zurek regelmäßig kontrolliert. So konnten Ende Mai drei wenige Tage alte Küken zwischen den Reihen der Rübenpflanzen erfasst werden.

Mutiger Einsatz der Elternvögel für ihren Nachwuchs

Ende Juni konnten die Vereinsmitglieder die mittlerweile flüggen Jungvögel bei der Nahrungssuche beobachten. „Die Altvögel bewachten stets aufmerksam ihre Nachkommen“, berichtet Christian Zurek. Mögliche Angreifer am Boden wurden durch Verleiten von der Brut ferngehalten. Hierfür laufen die Altvögel vor dem Auffliegen zielstrebig von dem Nest weg. Bei Gefahr von überfliegenden Greifvögeln, verdrängten Elternvögel mutig die potenziellen Beutegreifer und warnten die Jungvögel.

Die vor wenigen Monaten geglückte Kiebitzbrut war offenbar die einzige erfolgreiche in der Lorscher Gemarkung in diesem Jahr, heißt es von den Lorscher Vogelschützern. „Es kann angenommen werden, dass die sehr feuchten Bodenverhältnisse auf dem Rübenacker den Habitatansprüchen des aktuellen Vogels des Jahres sehr entgegen kamen“, erklären sie.

Freude in Lorsch über den Kiebitz, den „Gaukler der Lüfte“

Die Jungvögel jedenfalls konnten sich für die Nahrungssuche frei zwischen den lichten Reihen der Pflanzen bewegen und bei Gefahr unter die Vegetation flüchten, erläutern die Vogelschützer die ausnehmend guten Bedingungen in diesem Fall. Die Vogelschützer freuen sich über die erfolgreiche Aktion für den „Gaukler der Lüfte“. Diesen Beinamen trägt der Kiebitz wegen seiner akrobatisch anmutenden Flugmanöver, seiner Sturzflüge und seiner manchmal abrupten Richtungsänderungen in der Luft, die der Vogel mit seiner beachtlichen Spannweite von fast 70 Zentimetern unternimmt.

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Es wäre wünschenswert, wenn auch zukünftig in Kooperation mit den lokalen Landwirten und Jägern der Gelegeschutz für diese beeindruckende Zugvogelart gelingen könnte, heißt es von den Lorscher Vogelschützern. sch/red

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