Lorsch. Ärger über ungeputzte Räume in der Wingertsbergschule wurde in diesem Frühsommer laut. Eltern klagten über mangelnde Hygiene. Mülleimer würden nicht geleert, Flure und Klassensäle zu selten gekehrt – und Kinder würden sich davor ekeln, die Schultoiletten zu nutzen.
Auch die Leiterin der Lorscher Grundschule erklärte damals auf BA-Nachfrage, sehr unzufrieden mit der Reinigungsleistung der beauftragten Firma zu sein (BA berichtete). Die Rektorin ordnete sogar eine eintägige Schließung der Turnhalle für den Sportunterricht an. Danach wurde es besser. Im Anschluss jedenfalls wurde die Halle blitzblank geputzt – aber jetzt ist schon wieder fast alles so wie im Juni. Der Ärger an der Grundschule ist inzwischen sehr groß.
Es handle sich nicht um ein „Luxusproblem“, macht unter anderem Mario Sauer deutlich. Er ist seit gut einem Jahr Vorsitzender des Schulelternbeirats und der andauernde Unmut am Wingertsberg über das mangelnde Putzen ist längst das Top-Thema, mit dem er sich beschäftigen muss. „Es funktioniert einfach nicht“, sagt er. Sauer berichtet von Kindern, die in der Schule nicht mehr auf die Toilette gehen. Sie halten lieber mit Bauchschmerzen im Unterricht ein, bis sie daheim sind.
Unappetitlich und gefährlich
Durch die unzureichende Reinigung werden mittlerweile ernsthafte gesundheitliche Probleme befürchtet. Der Schmutz, der entsteht, wenn mehr als 600 Kinder täglich für mehrere Stunden zusammenkommen, wird seit Monaten nicht zuverlässig regelmäßig beseitigt. Tische, an denen in den Klassensälen auch gefrühstückt wird, müssten häufiger gewischt werden. Sandkörner auf den Treppen sorgen für Rutschgefahr. Einen ersten Unfall gab es bereits. Eine Lehrerin hat sich verletzt, ein Arbeitsunfall.
Wen man auch fragt in der Schule, man hört überall ähnliche Beschwerden. Hier könnte man bald „Pilze züchten“, sagt ein Pädagoge mit Blick auf Müllsäcke, in denen der Abfall länger als beauftragt liegen bleibt oder nicht getrennt wird und Essensreste gammeln.
Wer in die Sanitärräume geht, könne oft genug beobachten, dass der nicht zu übersehende Dreck nicht gerade erst entstanden sein kann. Angebrammelte Waschbecken, überquellende Abfalleimer, Pinkelrinnen, die nicht vorschriftsmäßig gesäubert werden. Es riecht nach Klo, nicht nach Putzmitteln. „Sie stinken“ und seien „oft schmutzig“, weiß Sauer. Infektionen und Verhaltensstörungen würden riskiert. „Eine Katastrophe“, heißt es vom Elternvertreter zusammenfassend über „unzumutbare Zustände“.
Zweimal täglich müssten die Toiletten an der größten Grundschule des Kreises gereinigt werden. Ein Reinigungsplan, auf dem die vorgeschriebenen Putz-Dienste als erledigt vermerkt würden, hängt nicht aus. Man kann so nicht nachverfolgen, wann Reinigungskräfte überhaupt vor Ort waren.
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In Lorsch war man zunächst geduldig, als es erste Unzufriedenheiten mit dem Unternehmen gab, das die Reinigung neu übernommen hatte. Natürlich können neue Mitarbeiter nicht sofort über alle Einsatzorte detalliert Bescheid wissen. So wurde etwa nur ein Teil der Umkleiden geputzt, weil das Team über weitere in einem anderen Bereich offenbar nicht informiert war. Die Reinigungskräfte kamen immer wieder auch zu Zeiten, an denen niemand mehr an der Schule ist, und sie nicht auf die zu erledigende Arbeit hingewiesen werden können – abends etwa.
Dass jemand da war, habe man unter anderem an Türen gesehen, die über Nacht offengelassen wurden. „Ein Drama“, heißt es an der Schule über den bislang nicht endenden Ärger mit dem Putz-Thema. Er kostet viele Nerven und bindet eine Menge Arbeitszeit bei Mitgliedern der Schulgemeinde, die für den Putzdienst nicht zuständig sind. Es gehen Stunden drauf mit der Dokumentation von Mängeln und dem Bemühen, diese dauerhaft abzustellen – Stunden, die dann für andere Aufgaben fehlen. Sie habe kurz davor gestanden, einige Räume zu schließen, so Schulleiterin Jutta Rothfritz auf Nachfrage zur Situation vor wenigen Wochen. Der Eindruck an der Grundschule ist: Richtig gereinigt wird immer nur, wenn wieder ordentlich Druck gemacht wird.
Möglicherweise wurde die Zeit, die für die Reinigung der großen Wingertsbergschule erforderlich ist, von der Firma von Anfang an zu knapp berechnet. Die Ausschreibung zur Neuvergabe der Reinigungsleistung der kreiseigenen Schulen erfolgte schließlich – gemäß Vergabeverordnung – europaweit. Ausschlaggebend ist, neben einigen anderen Kriterien wie der Berücksichtigung des Mindestlohns, das wirtschaftlichste Angebot geeigneter Unternehmen.
Die Schule ist nicht Arbeitgeber der Putzkräfte. Vergeben ist die Reinigung der kreiseigenen Schule an einen vom Kreis Bergstraße beauftragten Dienstleister. Es handle sich um ein großes und namhaftes Unternehmen, heißt es auf BA-Nachfrage bei der Kreisverwaltung. Dass sich die Lorscher Grundschule nicht etwa über Probleme beschwert, die mit ein bisschen guten Willen vielleicht auch anders zu lösen wären, gibt man auch bei der Verwaltung in Heppenheim zu. Es sei bekannt, dass die Reinigung an der Wingertsbergschule „nicht optimal“ verlaufe, heißt es. Und dass die Lorscher Schulgemeinde keinesfalls die einzige im Kreis ist, die unter der Schlechtleistung der Firma zu leiden hat, ist bei der Kreisverwaltung gleichfalls bekannt.
Professionelles Putzen nötig
Der vom Kreis beauftragte Dienstleister, der seinen Sitz nicht an der Bergstraße hat, komme an insgesamt 23 Schulen der Reinigung „derzeit nicht beziehungsweise nur schlecht nach“, heißt es auf BA-Anfrage. Auch beim Kreis sei man über die Entwicklungen „schwer verärgert“ und „bedauert die Minderleistungen und die damit verbundenen Umstände sehr“. Zu den 23 Schulen gehören neben der Wingertsbergschule auch Einrichtungen in Bensheim, Zwingenberg und Einhausen.
An der Wingertsbergschule geht es längst nicht mehr um ein temporär auftretendes Problem, wie es etwa bei Vertretungen vorkommen kann. Es ist auch nicht so, dass die Schüler nicht auch selbst einmal eine Kehrschaufel in die Hand nehmen würden. Aber selbstverständlich werden Kinder oder Lehrer keine professionell nötige Schulreinigung mit Putzmitteln ersetzen.
Von den Mitarbeitern des Kreises fühlt man sich in Lorsch gut unterstützt. Man ist im ständigen Austausch. Von Anfang an habe es mit dem beauftragten Unternehmen aber noch nicht eine Woche so geklappt mit der Reinigung wie es laut Leistungsverzeichnis vereinbart sei, heißt es an der Grundschule.
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