Mütter- und Familienzentrum

Die Hilfe für Familien wird zum Minusgeschäft für den Verein "Mütze" in Lorsch

Von 
Nina Schmelzing
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Die ehemalige „Nibelungenstube“ wird seit Sommer vorigen Jahres für Schülerbetreuung genutzt. Das Mütter- und Familienzentrum richtete dort die „Regenbogengruppe“ ein. Von der plötzlichen Ankündigung, sie vorzeitig zu schließen, zeigten sich Eltern überrascht. Der Verein erläutert jetzt Gründe für seinen Beschluss. © Neu

Lorsch. Die Schülerbetreuung, die im August in der ehemaligen Nibelungenstube am Wingertsberg öffnete, wird schon ab April wieder geschlossen sein. Für betroffene Eltern von Grundschulkindern kam diese Nachricht, über die sie das Mütter- und Familienzentrum („Mütze“) Ende Dezember informierte, überraschend (BA berichtete). Den meisten Lorschern, auch Stadtverordneten zum Beispiel, erging es nicht anders. Dabei hätten Interessierte wissen können, wenn nicht wissen müssen, dass es nicht möglich ist, die Schülerbetreuung, wie zum Start geplant, bis zum Sommer unverändert weiterlaufen zu lassen. Davon ist jedenfalls Lisa Drax überzeugt, Vorsitzende des Mütter- und Familienzentrums.

Eltern hatten bedauert, dass der Verein die unerwartete Schließung der Gruppe in seiner Mitteilung an sie nur kurz und bündig mit „betrieblichen Gründen“ erläutert hatte – ohne über Hintergründe zu informieren und ohne zuvor zum Beispiel zu einem Elternabend einzuladen. Es habe keine Hinweise auf Probleme gegeben. Mehrfach habe der Verein aber, auch in Richtung der Stadt, „SOS gerufen“, sagte die Vorsitzende gestern gegenüber dieser Zeitung. Es habe sich offenbar nur niemand dafür interessiert.

Die „Mütze“ sei damals, als die Not wegen fehlender Schülerbetreuungsplätze groß war, in die Bresche gesprungen, erinnert Drax. Weil der seit 20 Jahren bestehende Schülerbetreuungsverein an die Kapazitätsgrenze gelangte und nicht noch mehr als die existierenden 200 Plätze schaffen wollte, hatte sich die „Mütze“ bereit erklärt, mit Unterstützung der Stadt eine Gruppe zu gründen.

Einnahmen brachen weg

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Die „Regenbogengruppe“ war für 25 Kinder ausgelegt und anfangs auch sehr gefragt. Die Zahl der teilnehmenden Kinder sei aber nicht unverändert so hoch geblieben, sagt Drax. Zuletzt seien tatsächlich nur noch 15 Kinder in die Betreuung gekommen. Mit der deutlich reduzierten Anzahl von Kindern und den damit natürlich verbundenen plötzlich wegfallenden Einnahmen an Eltern-Beiträgen geht aber keineswegs auch eine Reduzierung der Kosten für den Verein einher, macht Lisa Drax mit Verweis vor allem auf die Personalkosten deutlich.

Vielleicht hätte die Gruppe irgendwann sogar aus noch weniger Kindern bestanden, gibt die Vorsitzende zu bedenken. Manche Eltern, die zunächst einen Platz in der Schülerbetreuung forderten, hätten schließlich doch im Home-Office selbst ihre Erstklässler betreut, andere die Großeltern verpflichtet. Die Mitarbeiter der „Regenbogengruppe“, darunter eine Vollzeitkraft, seien aber trotzdem zu bezahlen, macht die Vereinsvorsitzende klar, dass die Rechnung für den Verein auf Dauer so nicht aufgehen könne. Es sei zudem alles andere als einfach, gut ausgebildetes und engagiertes Personal zu finden. Bei der „Regenbogengruppe“ sei noch die Besonderheit hinzugekommen, dass die Arbeit dort ohnehin nur bis zum Sommer 2022 laufen sollte. Pädagogische Kräfte, die eine langfristige Perspektive suchen, winken bei einer solchen Befristung meist ab.

Die „Mütze“ und die ehrenamtlich Tätigen hätten „viel Herzblut“ in die neue Aufgabe am Wingertsberg gesteckt, sagt Drax. Vielen Eltern habe man mit der Gründung der „Regenbogengruppe“, um die der Verein auch von Seiten der Stadt gebeten wurde, mit einer großartigen Leistung aus der Patsche geholfen. Dann aber werde „gemeckert“, kritisiert die Vorsitzende, die das außerordentliche Vereinsengagement mit viel zu wenig Verständnis gewürdigt sieht.

Die Räumlichkeiten am Wingertsberg seien für den Verein zwar unentgeltlich nutzbar, dennoch habe er die Nebenkosten zu tragen, sagt die Vorsitzende. Die Investitionskosten für die Ausstattung erhalte man auch nicht zurück. Die Belastung durch die fehlenden Einnahmen sei hoch. Zwar habe es anfangs geheißen, rund 40 Familien suchten eine Schülerbetreuung, tatsächlich habe man für die Plätze in der „Regenbogengruppe“ später aber sogar Werbung machen müssen, so Drax.

Die „Mütze“ würde wegen der Entscheidung für die vorzeitige Schließung zum Frühjahr nun geradezu als „Buhmann“ hingestellt. Das sei nicht hinnehmbar, betont Drax, die den Vereinsvorstand in der Berichterstattung „durch den Dreck gezogen“ sieht.

Der Verein werde „zerrupft“, beklagt die Vorsitzende. Beim Mütter- und Familienzentrum handle es sich jedoch um einen Verein, der gemeinnützig tätig ist und den Lorsch brauche. In der Corona-Krise könne der Verein sein Programm mit umfangreichem Kursangebot nicht wie geplant anbieten, viele Workshops könnten nur online laufen oder würden abgesagt. „Das juckt keinen“, bedauern die Aktiven. „Wir legen drauf“, verteidigt die Vorsitzende, die von einem „Minusgeschäft“ spricht, deshalb die jüngste Entscheidung.

Eltern bleibt ausreichend Zeit

Der Verein habe auch nicht von heute auf morgen gekündigt, erinnert Drax an die Schließung zum 1. April. Die Eltern hätten also mehrere Monate Zeit, eine Alternative zur „Regenbogengruppe“ zu finden. Da die Not in den Familien angesichts der auf 15 Kinder reduzierten Teilnehmerzahl offenbar nicht mehr so groß sei, dürfte das kein Problem sein, meint sie.

Die Betreuung bis März bleibe bestehen, versichert Drax auf Nachfrage. Der Verein wolle sich nicht grundsätzlich verschließen, falls ihm eine attraktive Lösung in den Gesprächen aufgezeigt würde, die Beteiligte jetzt vereinbaren wollen.

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