Finanzen

Die Grundsteuer in Lorsch steigt deutlich

Neuer Hebesatz beträgt 695 / Erhöhung um 135 Prozentpunkte / Gewerbesteuer steigt auf den Hebesatz von 420

Von 
Nina Schmelzing
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Grundstücksbesitzer sowie zahlreiche Mieter in Lorsch müssen ab 2024 mehr bezahlen. Die Grundsteuer steigt – von 560 Punkten auf den Satz von 695. © Schmelzing

Lorsch. Grundstückseigentümer in Lorsch müssen ab dem kommenden Jahr mehr bezahlen. Denn die Grundsteuer B wird erhöht, und zwar kräftig. Die zunächst vom Magistrat mit Bürgermeister Christian Schönung an der Spitze empfohlene Anhebung von satten 150 Prozentpunkten ist zwar vom Tisch. Statt des Hebesatzes von bislang 560 Punkten müssen Lorscher aber künftig mit einem Wert von 695 leben, also einer Erhöhung um 135 Prozentpunkte. Die Grundsteuer kann auf die Miete umgelegt werden. Die Anhebung des Hebesatzes betrifft damit üblicherweise jeden Haushalt.

Nur einen einzigen Tagesordnungspunkt hatten die Mitglieder des Finanzausschusses in ihrer Sitzung am Donnerstagabend zu beraten: die Hebesatzung. Der Magistrat legte eine Beschlussempfehlung mit zwei geänderten Gebühren zur Entscheidung vor. Die Grundsteuer sollte künftig 710 Punkte betragen, die Gewerbesteuer um 20 Prozentpunkte von bislang 400 auf 420 steigen.

Auch gute Nachrichten

Es gebe trotz aller derzeit schlechten Nachrichten auch immer wieder ein paar gute. Das sagte Bürgermeister Christian Schönung, als er sich gleich zu Beginn der Sitzung zu Wort meldete und den Grundsteuerwert von 695 vorschlug. Die Möglichkeit, den zunächst vorgeschlagenen 710er-Satz um 15 Prozentpunkte zu senken, habe sich brandaktuell vor zwei Tagen ergeben, berichtete er. Durch Mehreinnahmen, mit denen in dieser Höhe nicht zu rechnen war, sei das machbar. Schönung berichtete, dass es von Seiten des Abfallzweckverbands des Kreises (ZAKB) 1,88 Euro pro Einwohner mehr geben solle, zudem von der Sparkasse eine Gewinnausschüttung. Insgesamt werden die Einnahmen für den Lorscher Haushalt um rund 70 000 Euro verbessert. Folglich müsse die Grundsteuer nun nicht auf den zuerst verkündeten Wert von 710 steigen, sondern nur auf den Satz von 695, so Schönung. Die Mitglieder des Ausschusses beschlossen diesen neuen Satz anschließend mehrheitlich mit den Stimmen von CDU und Grünen, die Fraktionen von SPD und PWL votierten erfolglos dagegen.

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Ferdinand Koob (CDU) machte auf die veränderten Rahmenbedingungen und Mehraufwendungen aufmerksam, die zu stemmen sind. An die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst und das größere Defizit im Bereich Kinderbetreuung erinnerte er. Auch Baumaßnahmen und sinkende Schlüsselzuweisungen sind dafür verantwortlich, dass der Haushalt in eine „Schieflage“ geriet, die nun auszubalancieren sei. Die Steuererhöhungen seien „unumgänglich“, unterstrich der CDU-Fraktionschef: „Wir brauchen diese zusätzlichen Mehrerträge.“ Neue Hebesätze jetzt bereits vor der Haushaltsplanberatung festzusetzen, ermögliche den Bürgern früh Gebühren- und Preistransparenz.

PWL: Das ist unseriöses Verhalten

Gülay Atalay (PWL) dagegen wollte das Tempo drosseln, mit dem am Donnerstag der Finanzausschuss und anschließend die Stadtverordnetenversammlung den höheren Grundsteuer-Satz auf den Weg brachten. Es sollte zuerst einmal die Möglichkeit geben, den Haushaltsplan 2024 eingehend zu beraten, forderte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Den Hebesatz schon zu beschließen, noch bevor Bürgermeister Schönung den Haushaltsplanentwurf überhaupt eingebracht habe, sei „kein seriöses Verhalten“, kritisierte sie und verwies dabei auch auf ihre Erfahrung als ausgebildete Bankbetriebswirtin. Man zahle auch keinen Kaufpreis für ein Haus, ohne es gesehen zu haben.

Man sei den Lorscher Bürgern gegenüber verpflichtet, die rund 600 Seiten des Haushaltsplans zunächst ordentlich zu prüfen. Im Anschluss könne man dann, im Februar 2024, entscheiden, ob die Grundsteuer tatsächlich in dieser Höhe steigen müsse, erklärte Atalay. Einen entsprechenden „Änderungsantrag“ brachte sie im Namen der PWL- und der SPD-Fraktion ein und sprach von einer „Kompromisslösung“. Es gehe dabei nicht um fehlendes Vertrauen in den Magistrat, sondern um die Rechte und Pflichten der Stadtverordneten, die diese wahrzunehmen hätten.

Es sei eine „Unverschämtheit“, den Fraktionen, die den anderen Weg befürworteten, Unseriosität zu unterstellen, wetterte daraufhin Matthias Schimpf (Grüne). Wer Realist sei, erkenne, dass es in Lorsch ohne Anhebung in der Hebesatzung nicht gehen werde. „Wenn wir nicht erhöhen, wird der Haushalt nicht genehmigungsfähig sein“, machte er klar. Die jetzige Situation sei auch eine Folge des Handelns der Stadtverordneten in den vergangenen Jahren, erinnerte Schimpf.

Kritik an Zechpreller-Mentalität

Die PWL habe den beschlossenen Maßnahmen ebenfalls jahrelang zugestimmt. Wer nun, wie die PWL, etwa bei den Kosten für die Nibelungenhallen-Sanierung einen Rückzieher mache, zeige eine „Zechpreller-Mentalität“, sagte Schimpf: Wer bestellt, bezahlt. Den Antragsstellen warf er „Flucht aus der Verantwortung“ sowie „billigsten Populismus“ vor. Dass ihr Antrag „nicht formgerecht“ sei, fügte er an. Was PWL und SPD formulierten sei „politischer Kokolores“.

Wer wie Schimpf bereits jahrelang in der Verwaltung arbeite, könne auch manche Formalität vielleicht besser erkennen, räumte Dirk Sander (SPD) ein. In den Lorscher Fachausschuss-Sitzungen habe man sich bislang die Möglichkeit gewährt, auch Vorlagen ändern zu dürfen. Die SPD spräche sich zudem nicht grundsätzlich gegen eine Grundsteuer-Erhöhung aus. Man habe sich bewusst für viele große Projekte in Lorsch entschieden. Man wisse, dass diese etwas kosten. Es müsse aber möglich sein, den Rotstift anzusetzen, auch wenn man zuvor ein Projekt befürwortet habe, sich die Zeiten aber änderten, plädierte er. Auch Sander verwies auf die Pflicht, den Haushalt zuerst genau durchzuarbeiten.

Da die Grundsteuer jeden treffe, sei es umso wichtiger, den Satz niedrig zu halten, so der SPD-Fraktionschef. Bei einem Haushalt von rund 40 Millionen Euro sollte es nicht unmöglich sein, an mancher Stelle 10 000 Euro einzusparen und so die Grundsteuer noch weiter zu drücken, meinte er. „Diese Möglichkeit hätten wir gerne gehabt“, so Sander.

Diese Möglichkeit bestehe weiterhin jederzeit, betonte Schimpf. Eine eventuelle Steuersenkung mit „Korrekturen nach unten“ für die Bürger sei – im Gegensatz zu Erhöhungen, die an Fristen gebunden sind – ganzjährig machbar. Er sei gespannt auf die Spar-Ideen, die die SPD finden wolle. Die Anhebung der Steuern jetzt sei der pragmatische und sichere Weg, um einen genehmigungsfähigen Haushalt zu erhalten. Es sei auch die mittelfristige Planung zu beachten. Im Ältestenrat habe man vereinbart, den Haushaltsplanentwurf erst im Dezember einzubringen. Von SPD und PWL sei damals keine Kritik daran geäußert worden.

Der Magistrat habe „gerungen“, um Aufwendungen zu reduzieren, so Bürgermeister Schönung. Man habe sich die Aufgabe nicht leicht gemacht. Erst im nächsten Jahr Hebesätze rückwirkend zu beschließen, hätte „immensen Aufwand“ sowie Zusatzkosten bedeutet.

Mehrheitliche Entscheidung

Als Vorsitzender Peter Velten den Antrag von SPD und PWL zur Abstimmung stellte, wurde dieser mit der Stimmenmehrheit von CDU und Grünen abgelehnt. Die Mehrheit sprach sich für die Vorgehensweise der Verwaltung und die neuen Hebesätze zum Januar 2024 aus.

Redaktion

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