Lorsch. Gerade haben die Bauarbeiten in der Lagerfeldstraße begonnen. Dort werden an Stelle des bisherigen Spargelackers bald ein neuer sechsgruppiger Kindergarten und ein neues Wohngebiet zu sehen sein. Andernorts in Lorsch soll außerdem weiterer Platz für neue Betriebsansiedlungen geschaffen werden. Wo das sein könnte, wo es Ackerflächen gibt, die in Gewerbegebiet umgewandelt werden könnten, darüber werden die Mitglieder des Bau- und Umweltausschusses in ihrer kommenden Sitzung informiert.
Vorsitzender Jürgen Sonnabend erwartet die Gremiumsmitglieder dazu am Donnerstag (23.) im Paul-Schnitzer-Saal. Die Zusammenkunft beginnt um 19 Uhr, auch interessierte Zuhörer sind willkommen. Insgesamt sieben Punkte stehen auf der Tagesordnung. Das Gewerbeflächenkonzept wird als Punkt zwei der öffentlichen Sitzung aufgerufen.
Es gibt viele Anfragen, aber keine freien Gewerbeflächen
Die Entwicklungsgesellschaft Lorsch (EGL) war beauftragt, ein solches Konzept erstellen zu lassen, ein Büro für „Raumforschung und Immobilienwirtschaft“ aus Dortmund hat es erarbeitet. „Anlass war die Tatsache, dass es in Lorsch nahezu keine freien Gewerbeflächen mehr gibt“, erinnern Verwaltung und EGL. Dieser Mangel bereitet vielen bereits seit längerer Zeit Sorgen.
Dass die Ansiedlung von Unternehmen „für die wirtschaftliche Prosperität von hoher Bedeutung ist“, darauf weisen auch die Dortmunder Planer gleich zu Beginn ihres Berichts hin. Betriebe schaffen Arbeitsplätze und die Steuereinnahmen aus Unternehmensgewinnen und Löhnen ermöglichen der Stadt Investitionen in die Infrastruktur, in kulturelle und soziale Angebote.
Von Lorsch als Adresse müssten Unternehmer nicht eigens begeistert werden. Es gibt im Gegenteil viel Interesse an Gewerbeflächen in der sehr verkehrsgünstig gelegenen Stadt. Eine „erhebliche Nachfrage nach Gewerbeflächen“ werde Lorsch auch künftig verzeichnen, heißt es aus Dortmund. Da kein Angebot vorhanden ist, ergebe sich „die Notwendigkeit, neue gewerbliche Flächen zu erschließen“.
In der Untersuchung wird Lorsch nicht allein eine „hervorragende Anbindung an das Autobahnnetz“ bescheinigt, sondern Lorsch sei als Welterbestadt zudem überregional bekannt und als Wohnort „außerordentlich beliebt“. Die Bereitschaft von Fachkräften, nach Lorsch zu kommen und dort zu bleiben, sei hoch.
Die registrierten Anfragen nach Gewerbeflächen in den vergangenen Jahren dienten den Planern als ein wichtiges Kriterium für die Prognosen für den Zeitraum bis 2039. Die meisten Anfragen kamen zuletzt aus dem Verarbeitenden Gewerbe, auch aus den Bereichen Lagerhaltung und Logistik sei die Nachfrage hoch.
Handwerks- und Industriebetriebe und Logistiker suchen Flächen
Die meisten der Anfragen in Lorsch stammten aus Hessen und dem Kreis Bergstraße, so die Ingenieure des Instituts für Raumforschung und Immobilienwirtschaft. Aber auch bereits in Lorsch ansässige Unternehmen suchten Flächen, um sich zu vergrößern. Kann man ihnen nichts anbieten, droht die Abwanderung, warnen die Fachleute.
Ausgehend von den Anfragen in den vergangenen beiden Jahren prognostizieren die Dortmunder ein Vermarktungspotenzial von 15 bis 20 Hektar für die kommenden fünfzehn Jahre in Lorsch. Im Konzept, über das der Bauausschuss beraten wird, haben die Planer vier „Zukunftsstandorte für eine gewerbliche Entwicklung“ unter die Lupe genommen.
Es handelt sich allesamt um landwirtschaftliche Nutzflächen. Folgende vier Standorte sind in der Diskussion: Nördlich der L3111 und des Gewerbegebiets Daubhart kämen gut 14 Hektar in Frage, die Fläche könnte auch noch ausgedehnt und als interkommunale Gewerbefläche mit Einhausen entwickelt werden.
In den langen Ruten, zwischen Starkenburgring und der Straße Am Forstbann könnten etwa zehn Hektar umgewandelt werden. Es befinden sich dort allerdings bereits das Pflegezentrum und die Seniorenresidenz in der Nähe, auf die Rücksicht zu nehmen wäre.
„Zukunftsstandorte“ Weschnitz und Sallengraben im Gespräch
Der „Zukunftsstandort Weschnitz“ nördlich der B47 ist mit 35 Hektar das größte der vier untersuchten Gebiete. Als interkommunale Gewerbefläche könnte es an der Stadtgrenze zu Bensheim im Anschluss an das Gebiet Stubenwald mit der Nachbarstadt entwickelt werden.
Als erste Priorität empfehlen die Gutachter, das Gebiet Sallengraben zu entwickeln. Die Fläche, mit 24 Hektar ebenfalls groß, liegt südlich der B47, gleichfalls an der Stadtgrenze zu Bensheim. „Störsensible Nutzungen“ gibt es dort keine, stellen die Ingenieure fest – lediglich der Golfplatz auf Bensheimer Gebiet sei zu nennen.
Der Sallengraben wird allerdings nicht zum ersten Mal als möglicher Platz für ein neues Gewerbegebiet genannt. Bereits seit vielen Jahren wird nach neuen Flächen für Gewerbe gesucht, vor sechs Jahren diskutierte der Bauausschuss bereits über den vom Magistrat bevorzugten Standort Sallengraben – und lehnte das Gelände gegenüber von Stubenwald II damals mehrheitlich ab.
Denn neben der Sorge, ohne weitere Gewerbeflächen nicht wettbewerbsfähig bleiben zu können und Steuereinnahmen und Kaufkraft zu verlieren, gibt es ebenso die Befürchtung, irgendwann zu viel Grün- in Graufläche umgewandelt zu haben. Vor einem „ungebremsten Flächenverbrauch“ warnen Naturschutzverbände bereits seit Jahren. Auch in Nachbarkommunen wurde schon die Sorge geäußert, Lorsch, Bensheim und Heppenheim könnten wegen des überall registrierten Flächenbedarfs zu einer Großstadt zusammenwachsen.
Eine Entscheidung ist am Donnerstag noch nicht zu treffen. Die Gremiumsmitglieder sollen das Konzept zunächst nur als Grundlage für weitere Beratungen zur Kenntnis nehmen. Auch bei der Beratung über den Regionalplan – zu beschließen haben die Ausschussmitglieder in der Sitzung über eine Stellungnahme der Stadt hierzu – spielen die Gewerbeflächen schließlich eine Rolle. Die Stadt Lorsch sieht sich im aktuellen Entwurf für diese Neuaufstellung schwerwiegend und zu Unrecht benachteiligt, was ihre Entwicklung betrifft.
Sowohl beim Siedlungsbedarf für Wohnzwecke wie auch bei der Gewerbefläche sei der Bedarf für Lorsch zu niedrig angesetzt. Gerade weil Lorsch in den vergangenen Jahren die Devise Innen- vor Außenentwicklung befolgt habe, müssten der Stadt nun auch Möglichkeiten zur Außenentwicklung gelassen werden. „Lorsch entwickelt sich sehr moderat“, heißt es in der Lorscher Stellungnahme zum Regionalplan, über die abgestimmt werden soll. Den Bedarf an Gewerbeflächen in den kommenden Jahren beziffert Lorsch in dem Schreiben zum Regionalplanentwurf mit 15 bis 20 Hektar.
Zu den weiteren Themen der Sitzung morgen gehören unter anderem auch die Neuaufstellung des Flächennutzungsplans, die neue Gestaltungssatzung für die Innenstadt und die Innenraumgestaltung der Nibelungenhalle mitsamt der Farbgebung.
Unmittelbar vor der Bauausschuss-Sitzung wird am Donnerstag (23.) um 18 Uhr der neue Weg zwischen Wingertsberg und Zentrum öffentlich vorgestellt. Stadt und evangelische Kirche werden die neue Rampe präsentieren, die vom Bauausschuss beschlossen wurde und nun ein barrierefreies Bewegen auch von dieser Richtung aus zum Haus Emmaus, zur Kirche, zur Wingertsbergschule und der Nibelungenhalle ermöglicht. Wer mit Kinderwagen oder Rollator unterwegs ist, muss keine Treppen mehr überwinden. Bürgermeister Christian Schönung und Pfarrer Renatus Keller wollen gemeinsam mit Mitarbeitern des Bauamts auch Fragen dazu beantworten.
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