Lorsch. Sinkende Mitgliederzahlen und die damit verbundenen geringeren Steuereinnahmen machen vielen Kirchengemeinden zu schaffen. Die Unterhaltungskosten für ihre Gebäude bleiben schließlich unverändert oder steigen sogar. Die Katholiken der Pfarrgemeinde St. Nazarius Lorsch und St. Michael Einhausen sind deshalb, auf Anordnung des Bistums Mainz, bereits seit 2024 fusioniert zur Großgemeinde Heilige Edith Stein Lorsch/Einhausen. Ein stärkeres Zusammenwachsen haben auch die Protestanten zu bewältigen.
Fusioniert hat die evangelische Gemeinde Lorsch nicht, wie die Lorscher Pfarrer Renatus Keller und Dominique Olivier nicht müde werden zu unterstreichen. Man wollte lieber das Modell Gesamtkirchengemeinde. Gemeinsam mit der Gemeinde Schwanheim bilden die Protestanten der beiden Orte Lorsch und Einhausen seit einiger Zeit einen sogenannten Nachbarschaftsraum mit dem Namen „Ried-Ost“. Aus den 44 Gemeinden des Dekanats wurden in den vergangenen Jahren bereits elf Nachbarschaftsräume gebildet. „Ried-Ost“ soll nun von einer neuen Bezeichnung abgelöst werden.
Spätestens ab Januar 2027 soll die Gesamtkirchengemeinde der drei Ortskirchen offiziell „Lichtschein“-Gemeinde“ heißen. Kirchenleitung und Dekanatsleitung haben den geplanten Namen bereits gutgeheißen und genehmigt.
Die neue Bezeichnung wird für viele Betroffene noch gewöhnungsbedürftig sein, sie wurde aber sehr bewusst ausgewählt. In der Bezeichnung „Evangelische Lichtschein“-Gemeinde“ seien jedenfalls alle drei Mitglieder – Lorsch, Schwanheim und Einhausen – auch phonetisch präsent. Die jeweils drei Anfangsbuchstaben von Einhausen und Schwanheim sind im neuen Begriff enthalten, Lorsch gibt das Initial „L“ dazu und ist damit gleich am Anfang besonders hervorgehoben.
Über die anstehenden Veränderungen und die geforderten Einsparungen, von denen die insgesamt knapp 5.200 Protestanten betroffen sind, hatten die Lorscher Pfarrer bereits bei der Gemeindeversammlung im Frühjahr dieses Jahres im Haus Emmaus die Gläubigen informiert. Erklärt wurde damals, dass man sich aus guten Gründen nicht für eine Fusion, sondern für eine Gesamtkirchengemeinde entschieden habe. Im Gegensatz zur Fusion sei es auf diese Weise einfacher, auch künftig eigene Profile zu bewahren.
Verlangt wird aber von Seiten der Kirchenleitung, dass die knapp 2.600 Lorscher, die etwa 1.400 Einhäuser und gut 1.300 Schwanheimer Protestanten im Rahmen des Reformprozesses unter anderem bei der Verwaltung Reduzierungen vornehmen. Aufgaben sollen effizienter koordiniert, Finanzen gespart werden.
Verwaltungszentrale wird am Lorscher Wingertsberg sein
Dass auf dem Lorscher Wingertsberg künftig die Zentralverwaltung für die drei Orte sein soll, wurde bei der Lorscher Gemeindeversammlung bereits berichtet. In Einhausen und Schwanheim soll es aber weiterhin zumindest an bestimmten Tagen Öffnungszeiten vor Ort geben. Die insgesamt vier Sekretärinnen werden in diesen beiden Gemeinden Sprechzeiten anbieten.
Gottesdienste können auch künftig in den Kirchen aller drei Orte gefeiert werden. Traditionelle Gruppen der jeweiligen Gemeinden können in einer Gesamtkirchengemeinde ebenfalls erhalten bleiben. Mit der Neustrukturierung geht aber unter anderem die Notwendigkeit für eine neue Satzung einher, um Verwaltungsaufgaben und Ressourcen besser bündeln zu können.
Eine Steuerungsgruppe, der Mitglieder aus allen drei Kirchenvorständen angehörten und in der Pfarrer und Gemeindepädagogin mitarbeiteten, hat sich in den vergangenen Wochen nicht nur über die neue Bezeichnung „Lichtschein“-Gemeinde beraten und geeinigt. Sie hat auch eine neue Satzung erarbeitet. Das Dokument wurde inzwischen sowohl von der Kirchenleitung als auch von der Dekanatsleitung begrüßt und genehmigt.
Um sich mit dem neu konstruierten Namen anzufreunden, bleibt denjenigen, die damit anfangs fremdeln, bis Ende 2026 immerhin noch etwas Zeit. In den kommenden Monaten werden die Protestanten jeweils vor Ort über den aktuellen Sachstand und die Ausblicke für die gemeinsame Zukunft informiert. In Einhausen steht zum Beispiel am kommenden Sonntag eine Gemeindeversammlung an, bei der auch der neue Name erläutert wird.
In Lorsch wird im nächsten Gemeindebrief ausführlich über die Neuerungen informiert werden, so Pfarrer Renatus Keller auf Nachfrage. Die Änderungen sollen auch ein Thema für die nächste Gemeindeversammlung Anfang 2026 sein.
Neues Logo und neue Satzung
Weil die einzelnen Gemeinden Teil einer Gesamtkirchengemeinde sind, wird es auch weiterhin die evangelische Kirchengemeinde Lorsch, die Kirchengemeinde Schwanheim und die Kirchengemeinde Einhausen geben. Zugleich will die Kirche in der Region besser wahrnehmbar und leichter ansprechbar werden. Im Zuge der Neubenennung werden unter anderem auch E-Mail-Adressen und Briefbögen neu gestaltet werden, einen Entwurf für ein neues Logo für die Lichtscheingemeinde gibt es bereits.
Eine enge Zusammenarbeit pflegen Lorsch, Einhausen und Schwanheim bereits seit längerer Zeit – etwa mit ihrer Sommerkirche. Besonders gut angenommen wird jedes Jahr der Abschluss mit einem Freiluftgottesdienst – gerne auch mit Taufe – an der Wattenheimer Brücke. Vorgenommen hat man sich in den Gemeinden, das gute Miteinander mit den Nachbargemeinden noch besser als bisher zu unterstützen, gemeinsame Projekte zu planen und, wenn möglich, auch neue Angebote zu entwickeln – und den neuen Namen mit Leben zu erfüllen.
Denn einfach dürfte die Entwicklung im von der Kirchenleitung vorgegebenen Prozess „EKHN 2030“ trotz allseits zuversichtlichen Zuredens nicht werden. Schließlich gehört zum Prozess auch die Vorgabe, dass die Zahl der Immobilien aus Kostengründen reduziert, in etwa halbiert werden soll. In Mannheim könnte sich die evangelische Kirche in den nächsten Jahren wohl sogar von Gotteshäusern trennen, von bis zu 13 ihrer 32 Kirchen.
Um den Fortbestand des neuen Haus Emmaus in Lorsch muss man aber nicht fürchten, wenn jetzt der Gebäudebestand der Gemeindezentren, Pfarrhäuser und Kitas auf den Prüfstand kommt und in verschiedene Kategorien für künftige Zuweisungen eingeteilt wird – von „entbehrlich“ bis „bleibt bestehen“. Das Gemeindezentrum, das für rund 1,8 Millionen Euro errichtet, 2024 eröffnet wurde und das frühere Martin-Luther-Haus ersetzte, ist – was die Quadratmeternutzfläche beziehungsweise Versammlungsfläche betrifft – sogar kleiner als der Vorgängerbau, der vor wenigen Jahren abgerissen wurde. Das Haus Emmaus wird zudem nicht nur von Protestanten sehr gern für Veranstaltungen gebucht.
Dafür, dass Lorsch gut frequentiert bleibt, dürfte auch der neue barrierearme Zugang am Wingertsberg sorgen. Die Rampe, die neben der Treppe nun bequem zu Haus Emmaus, der evangelischen Kirche und auch dem Lorscher Pfingstrosengarten führt, wurde erst im September angelegt.
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