Lorsch. Ganz bewusst hatte Werner Groß in diesem Spätjahr zu einer Wanderung durch ein Stück des Lorscher Waldes eingeladen, das bei einer aktuell von der Bahn geplanten Trasse der Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim in Mitleidenschaft gezogen würde. Den Anstoß zu diesem Termin habe die Lorscher SPD gegeben.
Der ehemalige Lorscher Naturpark-Förster und Ehrenvorsitzende der Schutzgemeinschaft Lorscher Wald im Kreis Bergstraße freute sich bei der Begrüßung auf dem Olympia-Sportplatz, dass mehr als 20 Personen gekommen waren.
Und diese erfuhren auch gleich, dass sich der Begriff „Lorscher Wald“ nicht auf aktuelle Eigentumsverhältnisse bezieht. Er stammt noch aus der Klosterzeit. Heute handelt es sich um einen Staatswald, betreut vom Forstamt Lampertheim.
Der Lampertheimer, der Bürstädter und der Lorscher Wald gehörten einst zum Königsforst „Forehahi“. Der Name kommt von „Förenhag“ (Kiefernwald). Noch auf dem Olympiasportplatz wies Groß jedoch auf die im Norden wachsende Roteiche hin. Sie gedeihe gut, auch wenn sie hier nicht heimisch ist.
Der mitwandernde Lorscher Ehrenbürgermeister Klaus Jäger ergänzte, dass die Roteichen einst von dem damaligen Förster Pradler gepflanzt wurden. Eigentlich ist jedoch die Kiefer der „Brotbaum“ des Lorscher Waldes. Dieser Baum gedeihe gut auf dem trockenen Sandboden, war zu erfahren.
Der Ursprung der „Rodstücke“
Ein kurzer Marsch führte unter der Brücke der A67 hindurch und südlich in den Wald. Mit Blick nach Norden auf die Kleingärten erklärte Klaus Jäger, dass früher auch dort Wald gestanden habe, der dann jedoch gerodet wurde. Daher stammt auch der Name „Rodstücke“.
Im Verlauf der etwa drei Stunden dauernden Wanderung, kreuz und quer durch das Gelände, machte Werner Groß aufmerksam auf die eingewanderte wildwuchernde Traubenkirsche. Sie sei nicht schädlich für den Boden, sorge für eine Naturverjüngung, spende Schatten, sei aber aggressiv, dulde keine anderen Pflanzen neben sich und behindere dadurch auch die Waldverjüngung durch Kiefern. Kiefern standen rechts und links der Wege, ebenso wie Hainbuchen und Birken.
Einige Waldstücke mit jungen Pflanzen hatten Forstarbeiter eingezäunt, um Wildverbiss durch Rehe zu verhindern. Werner Groß erinnerte daran, dass sein Vater, Heinrich Groß, der ebenfalls 34 Jahre lang Förster war, seinerzeit keine Wildzäune errichten ließ. Die Unterhaltung und der spätere Abbau seien ihm zu teuer gewesen. Er habe dafür lieber mehr Pflanzen gesetzt.
Schutz vor großen Waldbränden
An einer umgestürzten morschen Buche mache Groß aufmerksam auf die „Weißfäule“ – ein Pilz, der den Stamm zu Humus verarbeitet. Eine rote Markierung am Stamm zeige, dass ein Baum zur Gefahrenabwehr gefällt werden soll. Groß machte auch auf breite freie Flächen aufmerksam, die als Brandschutzstreifen dienen, um größere Waldbrände zu verhindern. Andere Abschnitte mit Kiefern sind zur Bodenverbesserung mit Buchen unterpflanzt, einmal zur Verjüngung, aber auch, weil Buchenlaub guten Humus bilde.
Zu sehen gab es auch einen Hochsitz am Rande eines Wildackers, der zur Jagd auf Wildschweine dient. Für die Schwarzkittel gibt es im Wald auch Suhlen. Das Schlammbad reinigt die Tiere von Ungeziefer. An anderer Stelle wies Werner Groß auf ein heute trockenes Loch hin, das einst als Hirschtränke für die großherzogliche Jagd gedient hatte.
Das Augenmerk richtete sich auch auf gefällte Douglasien. Auch wenn diese Baumart von Naturschützern als nicht „standortgerecht“ bezeichnet werde, so zeichne sie sich dennoch dadurch aus, widerstandsfähig zu sein und nicht von Borkenkäfern befallen zu werden. Das Holz werde mit Vorliebe von der Industrie genutzt. Die wuchtigen Holzstapel würden verarbeitet zu Bauholz, Möbeln oder Bretter. Minderwertiges Stämme werden als Brennholz verwendet. Das sei ein „erneuerbarer, preiswerter und klimaneutraler Öko-Brennstoff aus der Region“. „Das Max-Planck-Institut hat in einem Gutachten festgestellt, dass ein bewirtschafteter Wald mindestens so viel Artenvielfalt entwickelt wie ein stillgelegter Wald“, sagte Groß. Der Lorscher Wald sei zudem auch wichtig als Naherholungsgebiet für die Bevölkerung.
Die drohende Bahn-Trasse, die zum Teil diagonal durch den Lampertheimer Wald führen soll, werde nicht nur wertvollen Naturraum vernichten, sondern auch einen uralten Kulturraum. Hier müsse ein Umdenken stattfinden. Ein vorgesehener Tunnel dürfe hier nicht wie geplant in offener Bauweise (ein tiefer Graben mit einem später aufgesetzten Deckel) entstehen, sondern müsse bergmännisch komplett unter der Erde gebohrt werden.
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