Tradition

Scheeserenne in Winterkasten startet zum 46. Mal

Von Freitag bis Sonntag gibt es rund um den Sportplatz ein buntes Unterhaltungsprogramm. Das beliebte Gaudirennen ist der Höhepunkt des Festwochenendes.

Von 
Philipp Kriegbaum
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Beim Scheeserenne muss ein etwa 400 Meter langer Parcours bewältigt werden, der mit allerlei Hindernissen wie einer Wippe oder einer Schmierseifenbahn gespickt ist. © Thomas Neu

Winterkasten. Das Vereinsjahr des SV Winterkasten hat seit 1978 einen unbestrittenen Höhepunkt: Das Scheeserenne am zweiten Sonntag im Juli. Nur 2020 musste es pandemiebedingt abgesagt werden, schon 2021 stellte der Verein eine coronakonforme Mini-Version auf die Beine. Am kommenden Sonntag, 14. Juli, steht das Winterkäster Waldstadion zum 46. Mal im Zeichen der Scheese-Piloten und ihrer Teams.

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Das Gaudirennen ist auch in diesem Jahr der Höhepunkt eines Festwochenendes. Es beginnt am Freitag, 12. Juli, um 20 Uhr mit einem gemeinsamen Konzert des Männergesangvereins „Liederkranz“ (auch „Die Hutbuben“ genannt) und des Spielmannszuges der Freiwilligen Feuerwehr Winterkasten. Dieses Event findet zum dritten Mal statt und lockt erfahrungsgemäß eher die Generation „Ü40“ ins Festzelt.

Der Part für die Jüngeren beginnt um 22 Uhr mit Musik von DJ Vallerie. Dahinter verbergen sich die jungen Herren Karn und Daum, die beide auf den Vornamen Valentin hören. Sie legen seit einiger Zeit auch in der Lindenfelser Kult-Diskothek „Kutsch“ auf und nennen ihre Vorstellung „Scheeserenne geht stail“.

Anmeldungen zum Scheeserenne sind weiterhin möglich

Am Samstagabend rockt zum dritten Mal in Folge die Pop-Rock- und Partyband „Daily Friday“ das Festzelt. Sie hatte auch schon vor der Corona-Zwangspause mehrmals das Winterkäster Publikum begeistert.

Der Festmorgen am Sonntag beginnt um 11 Uhr mit einem Frühschoppen mit dem singenden Landwirt Gerhard Pfeifer zur Einstimmung auf das Scheeserenne für Erwachsene und Kinder um 14 Uhr.

Etliche Scheesen stehen bereits auf der Startliste, aber Anmeldungen sind weiterhin möglich. Das Orga-Team weist ausdrücklich darauf hin, dass auch Kinder-Teams rechtzeitig angemeldet werden sollen. Am Sonntag erhalten die Zuschauer multifunktionale Eintrittskarten mit aufgedrucktem QR-Code. Damit kommen sie auf die Abstimmungsseite für die Originalitätswertung. Das Publikum bestimmt also unmittelbar, wer den Scheeserenne-Wanderpokal als Originalitätspreis bekommt. Ein Verfahren, das sich im vergangenen Jahr bewährt hat.

Freier Eintritt für Kinder zum Scheeserenne

Pokale gibt es auch für die schnellsten Teams in der Damen-, Herren und Kinderwertung. Außerdem erhält jeder Teilnehmer eine Erinnerungsmedaille. Die zweite Funktion des Tickets: Es ist aus Pappe und lässt sich zu einer Anfeuerungsklatsche zusammenfalten. Kinder bis einschließlich 14 Jahre haben übrigens am Sonntag freien Eintritt. Parkplätze sind in ausreichender Anzahl am Sportplatz vorhanden. Es wird eine frühzeitige Anfahrt empfohlen.

Das Scheeserenne in Winterkasten ist ein einzigartiges Erlebnis. Das hört man von Stammgästen oder langjährigen Teilnehmern ebenso wie von Menschen, die das Spektakel auf dem Winterkäster Waldsportplatz zum ersten Mal verfolgen. So manchen mag es überraschen, dass es in Deutschland noch ein Scheeserenne gibt – auch wenn das am Ende mit „n“ geschrieben wird. Es findet jeden Fastnachtsdienstag in Fessenbach statt, einem Ortsteil von Offenburg.

Erstes Veranstaltung brachte Verkehr zum Erliegen

Den ersten Startschuss zum Scheeserenne in Winterkasten feuerte der mittlerweile verstorbene Georg Rettig am Kerbsonntag des Jahres 1978 ab. Der Sportverein setzte mit dem Rennen eine Idee des ebenfalls verstorbenen Gastwirts Georg Schneider um. Schneider hatte im Fernsehen gesehen, dass irgendwo in Schottland Sessel und Stühle bei einem Rennen über die Straße geschoben werden. An seinem Stammtisch im Gasthaus „Zur Traube“ wurde in einer Bierlaune beschlossen: „Wir machen aus dieser Idee das Scheeserenne“.

Man wählte den Sportplatz als Austragungsort, legte den Termin auf den Kerbsonntag und hatte Glück mit dem Wetter: In Winterkasten strahlte die Oktobersonne, während die Täler rund um die Neunkircher Höhe in dickem Nebel lagen. Jürgen „Groschi“ Grosschmidt moderierte mit einem Megaphon von der Schaufel eines Hubladers herunter vor Hunderten von Zuschauern. Der Besucherandrang war so groß, dass der Verkehr rund um den Sportplatz zusammenbrach und der Linienbus im Stau stecken blieb.

War Winterkäster Spektakel Vorbild für Rennen in Fessenbach?

Das Rennen im Ortenaukreis feierte ein knappes halbes Jahr später am Fastnachtsdienstag des folgenden Jahres Premiere, organisiert von der Narrenzunft Fessenbach. Zufall? Alexander Seitz ist seit 2019 Zunftmeister und seit 1996 in der Narrenzunft aktiv. An die Ursprünge des Scheeserennens im Ortenaukreis kann er sich nicht mehr erinnern. „Ich war damals erst ein Jahr alt“, verrät er. Das erste Scheeserennen habe am 27. Februar 1979 stattgefunden, initiiert von Hans Conrad. Dieser war wie Georg Schneider Gastwirt und erster Zunftmeister der 1977 gegründeten Zunft. Er verstarb 2018 und nahm sein Wissen über die Ursprünge des Fessenbacher Scheeserennens mit ins Grab.

„Eine Beeinflussung durch das Winterkastener Scheeserennen ist mir nicht bekannt. Ohne Internet damals wäre das wohl ein arg großer Zufall gewesen“, meint sein Nachfolger Seitz. Auch von einer Verbindung Conrads in den Odenwald habe er nie etwas gehört. So lässt sich heute nur spekulieren. Ob bei der Winterkäster Scheeserenne-Premiere zufällig jemand aus Fessenbach im Odenwald zur Kur war, wusste Seitz nicht.

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Für die Patienten der Eleonorenklinik direkt neben dem Sportplatz ist das Scheeserenne jedenfalls damals wie heute willkommene Abwechslung im Kuralltag. Anders als in Winterkasten ist das Rennen am Fuße des Schwarzwalds eine eher kleine Veranstaltung, in erste Linie für Kinder gedacht. Zur Fastnacht, dort „Fasend“ genannt, bringt die Narrenzunft alljährlich am schmutzigen Donnerstag das Rathaus unter seine Kontrolle und bestimmt das Geschehen im Dorf bis Aschermittwoch. Schon am Wochenende davor lädt die Zunft seit 1985 zum „Rockschwof“ mit drei Live-Bands.

Freier Autor Schwerpunkte: Lokales Lindenfels / Lautertal, Chorgesang, Vereine, Hintergründe.

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