Lindenfels. Die Evangelische Kirchengemeinde Lindenfels hat jüngst eine Gruppe von Pilgern in ihrem Gottesdienst begrüßt, die auf dem Camino Incluso, dem neuen Pilgerweg für Menschen mit und ohne Handicap, unterwegs von Bensheim-Auerbach nach Heidelberg waren.
Claudia Hanko und Frank Böhm von der Stephen-Hawing-Schule in Neckargemünd, die das Projekt mit Schülerinnen und Schülern gemeinsam entwickelt hatten, gaben der Gemeinde Einblick in die Entstehungsgeschichte des „Pilgerwegs für alle“. Pfarrerin Jutta Grimm-Helbig spendete der Pilgergruppe den Reisesegen, nachdem diese die Gemeinde mit einem skandinavischen Schöpfungslied überrascht hatte.
Nach dem Gottesdienst zog die Pilgergruppe weiter nach Fürth, wo die dortige evangelische Gemeinde sie mit einer stärkenden Suppenmahlzeit erwartete. Ihre Predigt über die Geschichte von Abraham, der sich im Vertrauen auf Gott auf einen Weg ins Ungewisse machte, stellte Pfarrerin Grimm-Helbig unter das franziskanische Motto „Pilgern ist Beten mit den Füßen“. Das lateinische Wort für Pilger, „Peregrinus“, bedeutet „in der Fremde sein“.
Fremdes Terrain
Pilger begäben sich auf fremdes Terrain und seien auf die Hilfsbereitschaft anderer Menschen angewiesen, sagte die Pfarrerin. Der Pilger könne nur das Nötigste mitnehmen. Das Wesentliche beim Pilgern sei die Achtsamkeit, mit der der Wanderer Mensch seine Umgebung und sich selbst wahrnimmt. Dabei helfe auch das Schweigen: „In der Stille werden wir sensibel für unsere innere Stimme, die uns hilft, uns den Fragen zu stellen, die in unserem Leben anstehen, und neue Perspektiven zu entwickeln.“
Hape Kerkeling schreibt in dem Buch über seine Erfahrungen auf dem Jakobsweg: „Als Pilger geht es darum, Frieden mit sich selbst zu schließen. Pilgern ist die Suche nach Gott. Und wer nach Gott sucht, der wird unweigerlich über das eigene Ich stolpern.“ Schritt für Schritt kommt der Pilgernde auf der Suche nach Gott sich selbst näher, stößt dabei aber auch an seine Grenzen.
Nicht immer sei es Angenehmes, das ihm auf seinem Weg begegnet, fuhr Grimm-Helbig fort. Die Pilger spürten auch, was sie sonst eher ausblenden in ihrem Leben, womit sie sich selbst im Wege stünden: Ungeduld, Mutlosigkeit, Traurigkeit. Pilgern sei nicht Weglaufen. Zum Pilgern gehöre auch das Verweilen, das Standhalten, das sich konfrontieren zu lassen, um schließlich all dies Belastende vor Gott ablegen zu können.
Der Pilgerweg werde zum Symbol des Lebensweges. Auf beiden Wegen gebe es Strecken, auf denen „wir gut voran kommen und mühsame Pfade, die schwer zu bewältigen sind. Hier wie dort erleben wir Hoffnung und Zuversicht, aber auch Enttäuschung und Schmerz, kommen an unsere Grenzen und sind froh und dankbar, wenn wir unser Ziel erreichen“. red
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/lindenfels_artikel,-lindenfels-pilger-machten-station-in-lindenfels-_arid,1867964.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/lindenfels.html