Wandern

Erste Schritte auf dem Camino Incluso in Beedenkirchen

Von 
Konrad Bülow
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Beedenkirchen. Schüler und Lehrer der SRH Stephen-Hawking-Schule in Neckargemünd sind am Ziel eines langen Weges angelangt – und ermöglichen anderen damit ebenfalls den Aufbruch. Mit einem Festprogramm ist in Beedenkirchen der von ihnen gestaltete Camino Incluso eröffnet worden, ein 84 Kilometer langer Pilgerweg von Bensheim-Auerbach über den Odenwald bis nach Heidelberg. Ein „Pilgerweg für alle“ soll es sein: Auch Menschen mit körperlichen Einschränkungen sollen ihn erleben können.

Zur Einweihung startete eine Gruppe von Pilgern in Auerbach, um die ersten Schritte auf dem fertigen Weg zu gehen. Am Parkplatz Römersteine in Beedenkirchen trafen die Wanderer auf die übrigen Teilnehmer der Festgesellschaft, um mit ihnen in einem wahren Triumphzug über die Landstraße und die Hechlergasse die letzten Meter zum Etappenziel und Festplatz im Pfarrhof zu gehen. Pilgerlieder wurden angestimmt, in Grußworten blickten Beteiligte und Begleiter auf die Entstehung des neuen Wanderweges zurück.

Anfänge 2014

2014 hatten Schüler des sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrums das Pilgern für sich entdeckt. Sie knüpften, angeleitet von der Lehrerin Claudia Hanko, Kontakte zu Kirchengemeinden und anderen Institutionen entlang des Weges, probierten Streckenabschnitte aus und setzten sie zusammen. Flyer und Hinweisschilder wurden erstellt und in leichte Sprache übertragen. Auch eine Internetseite ist nun online. Möglichst wenige Barrieren sollte der Weg haben, so dass sich Pilger in Begleitung auch mit Rollstuhl oder Hand-Bike auf ihm bewegen können. Auch Offenheit gegenüber allen Religionen ist den Machern wichtig. Nicht nur Kirchen liegen am Weg, sondern auch die ehemalige Synagoge in Auerbach, Stolpersteine und das buddhistische Kloster in Siedelsbrunn. Ein gelber Pilgerbeutel auf weißem Grund dient als Wegzeichen.

Im Laufe der Jahre nahmen sich jüngere Schüler des Projekts an, mancher Schüler verfolgte das Projekt aber auch nach dem Abschluss weiter, wie Hanko bei der Feier betonte. Die hätte eigentlich schon im Juni 2020 stattfinden sollen. Wegen der Corona-Pandemie wurde die Einweihung verschoben. Nun hat sie stattgefunden.

Etappen von elf bis 15 Kilometern

Mit Beedenkirchen wählten die Organisatoren einen Ort, der sich für das Projekt als wichtig erwiesen hatte. Pfarrer Reinald Engelbrecht hatte das Projekt unterstützt, Pilger können künftig im Freizeitheim übernachten und sich ihre Etappenstempel holen. Engelbrecht sprach die ersten Grußworte an die Pilger, denen sich Wanderer aus Auerbach, Lindenfels und Wald-Michelbach angeschlossen hatten. „Alle gehen einen Lebensweg“, hob er hervor. Dessen werde sich besonders bewusst, wer sich in die Natur begibt und des Materiellen enthält. „Pilgern beschert Wohltaten“, ergänzte Joachim Meyer, Dekan des evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald. Wer sich auf den Weg macht, komme in den Genuss von Gastfreundschaft, dem Atmen frischer Luft, dem Schwitzen, der Demut, der Überwindung und dem Ankommen.

Im weiteren Verlauf führt der Camino Incluso durch Winterkasten, dessen Kirche im Dekanat Vorderer Odenwald liegt. Im Zuge des Projekts wurde am Gemeindezentrum eine behindertengerechte Toilette eingebaut, die den Wanderern offensteht. Über Lindenfels, Hammelbach und Siedelsbrunn erstreckt sich der Weg weiter Richtung Ziel. Insgesamt sind es sechs Etappen von je elf bis 15 Kilometern Länge. Der Weg ist auch als Zubringer zum badischen und zum pfälzischen Jakobsweg gedacht.

„Wir sind stolz, dass die erste Etappe hier in Beedenkirchen endet“, sagte Lautertals Bürgermeister Andreas Heun. Vor einiger Zeit habe er an der Kirche in Reichenbach Anwohner beobachtet, die eine dort angebrachte Karte des Camino Incluso studierten. Sie seien begeistert gewesen, dass es so etwas nun in Lautertal gibt. Grußworte hielten auch Pater Manfred Gruber vom Franziskanerkloster in Bensheim, Ute Gölz vom Dekanat Bergstraße.

Eine besondere Nachricht verlas Tobias Böcker, Leiter der SRH Stephen-Hawking-Schule. Sie stammte vom Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU), der die Schirmherrschaft des Projekts übernommen hat. „Pilgern führt Menschen zusammen, ein gemeinsames Ziel verbindet“, heißt es darin. Das Projekt stehe für gesellschaftlichen Zusammenhalt und habe Strahlkraft weit über den Odenwald hinaus.

Nach den Grußworten durchschnitten Lehrerinnen und Schüler ein rotes Band und gaben so den Weg frei. Die Pilgergruppe nächtigte im Freizeitheim und befindet sich derzeit noch auf dem Camino Incluso, um im Laufe der Woche das Ziel Heidelberg zu erreichen. Für den gestrigen Sonntag hatte die evangelische Kirchengemeinde Lindenfels einen Pilgergottesdienst für die Wanderer geplant.

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