Winterkasten. Thomas Adelberger und Christian Gärtner hatten schon länger ein gemeinsames Konzert in der Winterkäster Waldhufenkirche geplant. 2020 und 2021 durchkreuzte die Corona-Pandemie ihr Vorhaben, doch im dritten Anlauf hat es jetzt geklappt. Schade war für die Beteiligten, dass dazu am Sonntagvormittag nur 18 Zuhörerinnen und Zuhörer gekommen waren.
Die strahlende Frühjahrssonne mag ihren Teil dazu beigetragen haben, weil sie passend zum eröffnenden Orgelstück „Morgenstimmung“ von Edward Grieg zum Spaziergang einlud. Die beiden Musiker hatten sich gemeinsam mit dem Winterkäster Pfarrer Sebastian Hesselmann dazu entschlossen, mit dem Konzert Leidtragenden des Kriegs in der Ukraine zu helfen.
1435 Euro werden überwiesen
Der Erlös kommt wie schon zwei Tage zuvor die Kollekte des Friedensgebets der Winterkäster Kirche 160 Heimkindern und ihren 60 Betreuern zugute. Sie sind nach einer lebensgefährlichen Flucht aus ihrer Heimat in Freiburg gestrandet und haben bei der Evangelischen Stadtmission des Diakonischen Werkes Aufnahme gefunden. Für ihre Betreuung überweist Hesselmann am Mittwoch 1435 Euro in den Breisgau.
Dieser Betrag enthält auch zwei zweckgebundene Einzelspenden. „Das Programm war eigentlich für einen anderen Anlass gemacht“, sagte Gärtner bei seiner Begrüßung. Man wolle es nun nutzen, um den Menschen ein wenig Ablenkung zu schenken. Dennoch gelang es Adelberger auch musikalisch, die bedrückende Stimmung des Krieges zu vermitteln.
Gedämpfter Klang
Bei der begleitenden Improvisation zu „Friede herrscht auf Erden“ und „Hevenu Shalom“ entlockte er der Ott-Orgel Töne, die an einen Sirenenalarm erinnerten. Beim Spiel der von Andreas Ott aus Bensheim-Schönberg gebauten Orgel wandte er dem Publikum den Rücken zu, zur Begleitung des Gesangs von Christian Gärtner am E-Piano schaute er es an. So wurde auch optisch wahrnehmbar, dass er bei „Gott ist gegenwärtig“, „Geh aus, mein Herz und Suche Freud“ und „Alle Knospen springen auf“ den führenden Bariton von Gärtner auch mit seiner Stimme begleitete.
Bei „Singt dem Herrn alle Völker“ und dem abschließenden „Amazing Grace“ machten die beiden Musiker dem Publikum das Angebot zum Mitsingen. Angenommen wurde es nur zögerlich. Die Corona-Masken trugen ihren Teil zum gedämpften Klang des Gemeindegesangs bei. Die Wege von Thomas Adelberger und Christian Gärtner kreuzten sich vor etwa 30 Jahren am Institut für Kirchenmusik in Mainz, wo beide eine Ausbildung absolvierten. Später wurden sie Kollegen bei einem Geldinstitut in Bensheim. „Und ich habe mal einen Kirchenchor von Thomas geerbt“, sagte Gärtner. Er meinte den Heppenheimer Kirchenchor, den er 1996 von Adelberger übernommen hatte.
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Christian Gärtner wohnt in Winterkasten und spielt dort bei Gottesdiensten als einer von zwei Organisten regelmäßig die Ott-Orgel. Thomas Adelberger wohnt in Lorsch und hat in der Bergsträßer Chorszene als langjähriger Dirigent der Chöre des Männergesangverein Harmonie Bürstadt einen Namen. Darüber hinaus leitet er die Erwachsenen- und die Kinderschola Sankt Nazarius in Lorsch und den Frauenchor der Chorgemeinschaft 2012 Worms-Horchheim.
Pfarrer Sebastian Hesselmann steuerte am Sonntagvormittag die kriegskritischen Texte „Die brennende Lampe“ von Kurt Tucholsky, „Phantasie von übermorgen“ von Erich Kästner und „Trotzdem“ von Erika Pluhar bei. Bestürzt berichtete er, dass er tags zuvor einen Süßigkeitenstand in der Bensheimer Fußgängerzone gesehen hatte, an dem auch Spielzeug-Maschinengewehre zum Kauf angeboten wurden.
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