Lautertal. Im Gegensatz zu den von viel Fantasie geprägten Märchen besitzen Sagen einen realen Kern. Sie sind oft mit einem tatsächlich bestehenden Ort verknüpft, womit der Wahrheitsgehalt untermauert werden soll.
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Die meist mündlich überlieferten – also „gesagten“ – volkstümlichen Erzählungen haben im eigentlichen Sinn keine Handlung, wie wir sie in Märchen finden, sondern berichten von (vorgeblich) Geschehenem. Gemeinsam mit den Märchen haben sie magische Elemente. So kommen oft auch in Sagen typische Märchenfiguren wie Hexen, Riesen, Teufel, Wassergeister oder Zwerge vor. Die bekanntesten Sagen überhaupt sind sicher die von dem Berggeist Rübezahl, den Brockenhexen und der Loreley, die am Rhein die Schiffer ins Verderben führt.
Der Riese, der den Streit verlor, stöhnt noch unter den Steinen
Denkt man an Rübezahl, so kommt einem in Lautertal gleich die bekannteste Sage der Region in den Sinn, nämlich die der zwei Riesen von Reichenbach. Der eine wohnte auf dem Felsberg und der andere auf dem Hohenstein. Ihre Geschichte ist in jüngster Zeit immer wieder auf- und umgearbeitet worden. Diese Sage dient meist als wenig wissenschaftliche Erklärung der Entstehung des Felsenmeeres und ist, wie weitere Sagen in dem Büchlein „Sagen aus dem Kreis Bergstraße“ von Richard Matthes zu finden.
Es wird erzählt, dass einst zwei Riesen in direkter Nachbarschaft lebten, der eine auf dem Felsberg, der andere auf dem Hohenstein. Bei einem Streit warf der Hohensteiner Riese alle Felsblöcke, die um sein Haus herum lagen, in Richtung Felsberg. Auf diese Weise begrub er den Felsberg-Riesen unter einem Berg von Gestein. Der Sage nach liegt letzterer immer noch unter den Granitblöcken. Wenn man heftig auftritt, soll man den sonst schlafenden Riesen stöhnen hören. Vom Hohensteiner Riesen kann man eine Wand seines ehemaligen Wohnhauses auf dem Gipfel des Hohensteins heute noch als Quarzwand und Kletterfelsen bewundern.
Riesen nutzen die Blöcke des Felsberges zum Kegelspiel
Tatsächlich allerdings besteht der Hohensteiner Felsen aus einem ganz anderen Gestein als das Felsenmeer. Während dort der granitähnliche Diorit die Felsen bildet, ist der Hohenstein Teil einer Quarzader, die sich von Raidelbach (Katzenstein) über Reichenbach hinweg bis zum Borstein zieht.
In einer anderen Version der Riesensage erhält der Hohenstein die Funktion des Widerlagers einer Brücke zwischen hier und dem Borstein. Hier haben die beiden Riesen Langeweile und suchten nach einer Möglichkeit des Zeitvertreibs. So kommen sie nach längerer Beratung auf die Idee, aus den Granitblöcken des Felsberges säulenförmige Kegel zu schaffen und sich mit Kegelspielen zu erfreuen.
Eine lange Brücke über das versumpfte Tal der Lauter sollte als Kegelbahn dienen. Gesagt, getan, und bald war das riesige Bauwerk fertig. Auch Kugeln wurden aus Felsberggranit geformt. Der größere Riese machte den Anfang, schnappte sich eine mächtige Kugel und rollte sie mit gewaltigem Schwung über die Brücke. Die Wucht war jedoch so mächtig, dass die Brücke mit Getöse zusammenbrach. So hatte das Spiel ein jähes Ende.
Ein letzter Kegel bleibt bis heute erhalten
Die Anfangspunkte der Brücke aber kann man in Gestalt der Felsen auf dem Hohenstein und dem Borstein heute noch sehen. Einer der Kegel ist noch erhalten: die Riesensäule. Eine der Kugeln soll zum Fußstein des Prangers auf dem Reichenbacher Marktplatz umgearbeitet worden sein.
Noch eine andere Version der Riesensage besagt, dass der Felsberg von mehreren Riesen bewohnt war. Die heute noch dort vorzufindenden Denkmale wie Riesenaltar, Riesenrutsche, Riesenherz, Riesensarg, Riesenkiste und Riesenschiff waren von ihnen geschaffen worden. Ihre schönste Arbeit aber ist die Riesensäule, die aufrecht gestanden haben soll. Auch der Teufel soll sein Unwesen auf dem Felsberg getrieben haben. Auf ihn weist die Teufelskanzel hin.
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