Sommerserie 1

Dem Schatz der Nibelungen auf der Spur

Der Zwingenberger Autor Holger Höcke hat zwei Romane über die Nibelungen geschrieben und „lüftet“ im zweiten Band das Geheimnis um das Rheingold-Versteck.

Von 
Gerlinde Scharf
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Holger Höcke mit seinen beiden Nibelungen-Romanen. © Thomas Neu

Zwingenberg. Die Nibelungen sind mittlerweile wieder in aller Munde. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Nibelungenfestspiele in Worms mit viel Tamtam und Prominenz für Schlagzeilen im Blätterwald sorgen.

Ja und der Nibelungensteig, der in Zwingenberg beginnt und bis nach Ost bei Freudenberg am Main führt, animiert vermutlich auch den einen oder anderen Wanderer, noch einmal einzutauchen in die Geschichte um Liebe, Tod, Mord, Krieg und Untergang, Intrigen, Treue und Hass. Und dass der Kreis Bergstraße mit Stolz den Name Nibelungenland trägt, lässt auf die eine oder andere Verbindung schließen.

Mittelhochdeutsche Literatur als ein Studienschwerpunkt

Holger Höcke, Wahl-Zwingenberger aus Überzeugung, promovierter Germanist und ehemaliger Redakteur in einem Schulbuchverlag, war schon als Zehnjähriger von der mittelalterlichen Sage um Kriemhild von Burgund, Siegfried von Xanten, seinem Widersacher und Mörder Hagen von Tronje und der schönen Brünhild fasziniert.

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Sein Interesse und seine Leidenschaft wurden geweckt, als er ein Buch über den strahlenden Helden Siegfried – verkörpert vom damaligen Zehnkämpfer Uwe Beyer auf dem Cover – geschenkt bekam und irgendwann Wolfgang Hohlbeins Roman „Hagen von Tronje“ las. Viele Jahre später dann wählte der Student die mittelhochdeutsche Literatur zu seinem Schwerpunktthema. Etliche Kapitel des Nibelungenlieds hat Höcke im Original gelesen.

Mix aus märchenhaften und magisch-mystischen Elementen

In seinen beiden Nibelungenromanen aus den Jahren 2028 und 2022, „Kriemhild und ihre Brüder“ und „Kriemhilds Rache“ (beide im Rhein-Mosel-Verlag erschienen), hat der Autor, der im Übrigen Wert darauf legt, dass die Namensgleichheit mit dem AfD-Rechtsaußen reiner Zufall ist, die Sagen- und Märchenwelt des Nibelungenliedes mit verschiedenen Hauptpersonen im Fokus erzählt.

Er selbst nennt es einen Mix aus märchenhaften, magisch-mystischen Elementen, Cliffhangern und einer ganzen Menge origineller Ideen, basierend auf dem mittelalterlichen Text des Heldenepos. Der Schreibstil von Höcke ist zeitgemäß und flüssig („für die heutigen Leser und Leserinnen“) , die Handlung sauber recherchiert und unglaublich spannend geschrieben. Natürlich gibt es auch eine Portion „Sex and Crime“.

Über die Geschichte von Kriemhild und Siegfried

Kurz zum Inhalt: Kriemhild sucht in einer von Männern dominierten Welt voller Machtspiele ihren eigenen Weg. Heiraten will sie nicht. Allerdings bringt Siegfried, der strahlende Held, der durchaus seine düsteren Seiten hat, ihren Entschluss ins Wanken.

Es stellt sich aber schnell die Frage: Was will Siegfried eigentlich und welches Geheimnis hütet er? Er hat Fürsprecher, und er hat Neider und Feinde. Allen voran Hagen von Tronje, und Gunther kocht ohne Rücksicht auf Verluste ebenfalls sein eigenes Süppchen und nimmt durch einen arglistigen Betrug die schöne Brünhild von Island zur Frau. Die Handlung pendelt geschickt zwischen historischer Überlieferung, Sage und Märchen hin und her und räumt mit so manchem Klischee auf.

Als besonders herausfordernd bezeichnet es Höcke, dass er als Mann quasi in die Rolle der jungen Prinzessin Kriemhild schlüpft, dann wieder die Story aus der Sicht ihrer Brüder, der Könige Gunther, Gernot und Giselher einflicht: Kriemhild, die ein Leben lang Single bleiben will – bis, ja bis eines Tages Siegfried in Worms auftaucht, um die Burgunder im Kampf gegen die Sachsen und Dänen zu unterstützen.

Ungewöhnlich ist im ersten Band nicht nur die Rahmenhandlung – Rhein und Donau kommen in beiden Werken als Flussgötter vor – ungewöhnlich sind auch die Zauberwesen, sogenannte Quellnymphen, die nur im ersten Buch in Erscheinung treten, und das „ausgeschmückte“ Zaubermotiv mit Siegfrieds Tarnkappe.

Die Witwe will den Mörder ihres Gatten zur Rechenschaft ziehen

Im zweiten Band der teils blutrünstigen Sage, „Kriemhilds Rache“, stellt Holger Höcke die Geschichte eines Untergangs in den Mittelpunkt der Handlung. „Was für eine Brutalität, war für eine Dramatik!“, schreibt er im Nachwort. Kriemhild sinnt auf Rache.

Die Witwe will den Mörder ihres Gatten zur Rechenschaft ziehen und schmiedet einen tödlichen Plan. Und auch hier spielt die Tarnkappe wieder eine Rolle. Und der Clou: Im zweiten Band verrät der Autor doch tatsächlich, wo das Rheingold versenkt wurde.

Das Ganze mit einem Augenzwinkern, klar! Und, Höcke flicht in das Geschehen um Liebe und Tod, um Leidenschaft und einer sich unausweichlich nahenden Tragödie die Geschichte eines kleinen Jungen ein, der nichts von seiner Herkunft weiß.

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Durchaus erschüttert hat den Wahl-Zwingenberger, dass, exakt zu dem Zeitpunkt als er seinen zweiten Roman zu Ende geschrieben hatte, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine die Welt erschütterte und die Fiktion von der Geschichte eines Untergangs und dem Kampf gegen eine Übermacht Realität geworden war. Die letzten Zeilen, „Die Stille des Winters und die Hoffnung auf Frieden (….). Ohne Frieden ist alles nichts wert.“

Ein historischer Roman ist bereits in Arbeit

Schon einige Male, so Höcke sei er gefragt worden, ob es einen weiteren Fortsetzungsroman der Nibelungensage gibt. Bislang hat er es immer verneint, aber heute sagt er, „man soll niemals nein sagen.“

Derzeit ist er allerdings mit einem ganz anderen Thema beschäftigt. Der Zwingenberger schreibt einen historischen Roman, ausgeschmückt mit wahren Begebenheiten, über den Lyriker Joseph von Eichendorff, der in Heidelberg studiert hat. Bereits 2005 und 2011 hat er die Mainzer Erzählung „Der Zecher vom Fastnachtsbrunnen“ und den historischen Roman „Der Mönch von Eberbach“ geschrieben.

Freie Autorin Seit vielen Jahren "im Geschäft", zunächst als Redakteurin beim "Darmstädter Echo", dann als freie Mitarbeiterin beim Bergsträßer Anzeiger und Südhessen Morgen. Spezialgebiet: Gerichtsreportagen; ansonsten alles was in einer Lokalredaktion anfällt: Vereine, kulturelle Veranstaltungen, Porträts. Mich interessieren Menschen und wie sie "ticken", woher sie kommen, was sie erreiche haben - oder auch nicht-, wohin sie wollen, ihre Vorlieben, Erfolge, Misserfolge, Wünschte etc.

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