Reichenbach

Römische Fundstücke am Felsenmeer sollen konserviert werden

Schon als Fünftklässler hat der Junge aus Brensbach auf der Reichenbacher Riesensäule gesessen. Seit gut einem Jahr ist Marco Kollbacher nun Betriebsleiter des Felsenmeer-Informationszentrums (FIZ).

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Das Felsenmeer kennt Marco Kollbacher seit seiner Kindheit. Seit einem Jahr ist er Geschäftsführer des Informationszentrums am Fuße des Naturdenkmals. Stillstand hat er nicht im Sinn: Es stehen gleich mehrere Projekte an. © Zelinger

Reichenbach. Schon als Fünftklässler hat der Junge aus Brensbach auf der Reichenbacher Riesensäule gesessen. Seit gut einem Jahr ist Marco Kollbacher nun Betriebsleiter des Felsenmeer-Informationszentrums (FIZ). Die Einrichtung feiert in diesem Jahr ihr 15-jähriges Bestehen. Nur eine Momentaufnahme: Beim Blick aus dem Büro sieht man das Ergebnis von monumentalen 350 Millionen Jahren Erdgeschichte. Ein Paradies für einen Mineralien-Kenner wie Kollbacher.

„Es ist weiterhin viel in Bewegung“, so der Diplom-Geologe, der ein verzahntes Team aus einem Dutzend Pädagogen, Therapeuten, Biologen, Kaufleuten und Ingenieuren koordiniert. Die innere Dynamik der zentralen Anlaufstelle beurteilt er als überaus erfreulich und ein positives Zeichen für die künftige Entwicklung des FIZ und das Geotop dahinter.

Als Ranger und Felsenmeer-Vorort-Begleiter ist Marco Kollbacher dem prominenten Naturschutzgebiet am Felsberg schon weitaus länger verbunden: im nächsten Jahr sind es 20 Jahre, dass er hier aktiv ist. Schon als Student in Darmstadt und Frankfurt hatte er das Geopark-Projekt mit großem Interesse verfolgt und immer wieder die Fühler nach Lautertal ausgestreckt. Auch einige seiner damaligen Kommilitonen, die längst ebenso wie er wissenschaftlich unterwegs sind, haben das Felsenmeer bereits besucht.

Bis zu 200 000 Gäste im Jahr

Geologen sind an der durch Wollsackverwitterung natürlich entstandenen Felsenlandschaft besonders interessiert. Das gehe ihm selbst auch nach so vielen Jahren nicht anders. „Das ist ein ebenso schönes wie spannendes Fleckchen Erde.“ In punkto Erdgeschichte, Plattentektonik und Gesteinsarten nehme das Gelände, an dem bereits die Römer vor 2000 Jahren Stein abgebaut haben, europaweit eine besondere Stellung ein.

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Das Felsenmeer ist ein Naturschauspiel, aber auch ein Abenteuerspielplatz. Bis zu 200 000 Gäste kommen jedes Jahr. Für die Gemeinde ein wichtiger Tourismusfaktor. Für das Areal bisweilen auch eine Belastung. So manche Besucher werfen ihren Müll in den Wald, verlassen die Wege und schädigen die Baumwurzeln. Mit Beginn der Pandemie war der Ansturm ab Frühjahr 2020 noch stärker als sonst. Der Parkplatz am Besucherzentrum reichte vor allem an den Wochenenden nicht aus, um alle Autos aufzunehmen. Deshalb wurden im umliegenden Wohngebiet Straßen und Einfahrten zugeparkt. Viele Besucher hielten sich nicht an das Wegegebot und kletterten auf den Steinen umher, was zu Schäden an dem Naturdenkmal führen kann.

Kein Winterschlaf für das Team

Für Marco Kollbacher ist daher die künftige Wegeführung durch die Gesteinslandschaft eines der zentralen Themen der kommenden Jahre. „Wir müssen Fremdenverkehr, Erholung und Naturschutz zusammen denken“, so der Betriebsleiter. Ein Balanceakt. Gemeinsam mit der Gemeinde Lautertal und dem Forstamt Lampertheim feilt man weiter an einem Konzept, um die flächenhafte Trittbelastung, die zur Verdichtung der Böden und Erosion führt, einzudämmen, damit sich die Böden erholen können, so dass wieder neuer Buchenwald wachsen kann.

Darüber hinaus soll die zusätzliche Anbindung des Felsenmeers an die Buslinie MO2 eine spürbare Reduzierung des Autoverkehrs mit sich bringen. Dies soll sich spätestens ab der nächsten Saison bemerkbar machen, die im April beginnt. Im Oktober kommt das Felsenmeer dann langsam zur Ruhe.

Für das Team bedeutet das aber keineswegs Winterschlaf. „Es gibt immer etwas zu tun“, so Kollbacher über das Innenleben des FIZ. Man kümmert sich um die Schauvitrinen und Informationstafeln, schafft Plätze zum Spielen oder zum Stöbern im umfangreichen und überaus gut nachgefragten Prospektmaterial, das sich in seinem Büro bis unter die Decke stapelt. Außer Postkarten gibt es verschiedene Souvenirartikel, während der Saison werden regelmäßig erlebnisorientierte Rallyes für Erwachsene, Schulklassen oder Kindergeburtstagsgruppen angeboten. Während der Öffnungszeiten ist die Informationstheke immer besetzt, um Gästen Auskünfte zu erteilen.

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Auch das Telefon steht selten still. Buchungsanfragen kommen aus ganz Deutschland, und manchmal darüber hinaus. „Unsere Mitarbeiter zeigen ein hohes Maß an Eigeninitiative“, lobt der Chef, der für das Felsenmeer nicht groß trommeln muss. Das Interesse ist groß genug. Auch nachdem die Hochphase der Pandemie langsam abgeklungen war. Die Lautertaler Steinformation ist bekannt wie ein bunter Hund. Vielleicht wäre etwas weniger unterm Strich mehr? „Ein Luxusproblem“, kommentiert der Betriebsleiter, der sich als Freund eines sanften Tourismus zu erkennen gibt.

Der neue Lehrpfad sei ein Schritt in die richtige Richtung. Insgesamt 18 großformatige Tafeln informieren über die geologischen, historischen und naturkundlichen Besonderheiten im Naturschutzgebiet, die vom Regierungspräsidium in Zusammenarbeit mit dem FIZ und HessenForst sowie dem Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald erarbeitet wurden.

Publikation soll erscheinen

Als weitere Aufgabe nennt Kollbacher die Konservierung der römischen Werkstücke wie Altarstein, Riesensäule und Pyramide. Etwa 300 auch kleinere und unscheinbare Funde sind noch erhalten und sollen dauerhaft geschützt werden. Im kommenden Jahr soll eine Publikation über die römische Phase am Felsberg erscheinen.

Das geologische Kapitel ist ein Langzeitprojekt, denn Granit und Quarzdiorit überstehen die Jahrzehnte deutlich besser als ihre biologischen Nachbarn: der Klimawandel macht sich auch am Felsberg bemerkbar. Die Dürreperiode in diesem Sommer hat im Wald Spuren hinterlassen. Viele Bäume leiden unter Stress. Auch ein Thema, das die Felsenmeer-Führer sicherlich in ihr umfangreiches Wissens-Repertoire aufnehmen müssen. Drei neue Kollegen wurden jüngst eingestellt.

Die Brücke als Baustelle

Neben der weiteren Entwicklung des Freilichtmuseums Seegerhütte mit Relikten und Spuren der modernen Steinbearbeitung im Lautertal lenkt Marco Kollbacher den Blick auf eine andere „Baustelle“ - diesmal im Wortsinn: die Brücke über das Felsenmeer. Von ihr aus hat man den schönsten Blick auf das Naturdenkmal.

Bei einer Kontrolle im Frühsommer 2021 wurden allerdings erhebliche Beschädigungen an der Holzkonstruktion festgestellt. Daher wurde sie bis zur Instandsetzung gesperrt. Die Brücke war zuletzt vor 16 Jahren in einer Gemeinschaftsaktion der Gemeinde Lautertal und des Geoparks Bergstraße-Odenwald sowie mit Hilfe des Verschönerungsvereins Reichenbach saniert worden.

„An Geschichte und Geschichten mangelt es hier nicht“, so der Betriebsleiter. Was heute unter dem Begriff „Storytelling“ als plastisches und sinnstiftendes Darstellen von Fakten und Emotionen groß in Mode ist, wird im Informationszentrum schon seit 15 Jahren praktiziert. Insofern war das Informationszentrum vor 15 Jahren durchaus seiner Zeit voraus, findet auch Marco Kollbacher, der seine Begeisterung für das Felsenmeer seit Studienzeiten nicht verloren hat.

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