Lichterschau

Felsenmeer in Flammen: Corona setzt einer Erfolgsgeschichte ein jähes Ende

Wie sich das Fest in Reichenbach von den bescheidenen Anfängen zur Großveranstaltung entwickelte

Von 
Jutta Haas
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2019 flimmerten zum bisher letzten Mal die Laserlichter bei „Felsenmeer in Flammen“ über die Steine. © Thomas Zelinger

Reichenbach. Dass aus dem „Familienfest im Felsenmeer“ einmal ein überregional bedeutender Termin werden würde, hatten sich die Organisatoren nicht vorstellen können. „Als wir 2004 die erste Veranstaltung durchführten, gab es die Idee, einen abendlichen Abschluss mit einem Feuerwerk zu gestalten“, erinnert sich Ulrike Reiser, die Vorsitzende der Bürgerstiftung Lautertal. Aus dieser Idee entwickelte sich „Felsenmeer in Flammen“.

Eins kam zum anderen und schließlich zogen Besucherströme durch Lautertal zum Naturschutzgebiet Felsenmeer. Die galt es zu steuern, am Ende waren dafür Profis gefragt.

Das Felsenmeer ist schon seit vielen Jahren ein beliebtes Ausflugsziel, nicht nur die Steine, sondern auch der Wald bieten Abwechslung von Alltag und Erholung sowie Kurzweile für die Kinder. Da sich viele Menschen nicht daran halten, auf den Wegen zu bleiben, gab es aber immer auch Kritik an dem Trubel. So entwickelte die Bürgerstiftung die Idee, ein Familienfest zu gestalten. Stationen entlang der Wege wurden aufgebaut. „Der Spaß-Faktor wurde großgeschrieben, aber dabei konnten die Besucher auch lernen, auf den Wegen zu bleiben“, so Reiser.

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Nur eine Schnitzeljagd durch das Felsenmeer anzubieten, war allerdings etwas wenig. Unterstützung fanden die Organisatoren bei der Wirtschaftsvereinigung Lautertal. Das Fest wurde mit der Lautertaler Apfelweinwoche gekoppelt. Damit war am Felsenmeer auch gleich für die Verpflegung der Gäste gesorgt.

Hier kam auch die Idee auf, den abendlichen Abschluss mit einem Feuerwerk zu krönen. Doch die Ernüchterung folgte beim Blick in die Kosten. „Das Feuerwerk war zu teuer“, so Ulrike Reiser.

Ein Ansturm schon von Anfang an

Doch sie hatte schon Jahre zuvor die Idee, mit Laserlicht etwas im Felsenmeer zu machen. „Mit wenig Geld lässt sich mit Licht spielen“, so der Gedanke. Dieser wurde auch von der Wirtschaftsvereinigung für gut gefunden. Nun wurde Tobias Rohatsch, Fachmann für Eventtechnik, ins Boot geholt. Er kümmerte sich um die Technik und den Aufbau.

Ulrike Reiser erinnert sich noch gut an die erste Veranstaltung. „Es war eine Benefizveranstaltung ohne Eintritt und es kamen über 1000 Gäste.“ Die Riesen-Sage wurde in Szene gesetzt und mit Musik untermalt. Die Menschen standen am Fuß des Felsenmeeres, und die Laser setzen die Felsen ganz neu in Szene.

Mit dem großen Besucheransturm hatten die Organisatoren nicht gerechnet. „Solche Massen waren nicht mehr steuerbar, und wir mussten daraus lernen.“ Genau das taten die Organisatoren und entwickelten das Konzept weiter.

Die Bürgerstiftung und ihre Unterstützer gestalteten ein Programm, das sich über drei Tage hinzog. Es begann mit einem Abend für die Jugend und mit Musikgruppen sowie der Lichterschau „Felsenmeer in Flammen“. Die Schatzsuche wurde auch weiterhin angeboten, außerdem eine Familienrallye. Außerdem gab es im Lauf der Jahre viele Zusatzangebote – etwa wie ein Konzert mit 200 Trommeln, der Auftritt eines Seifenblasenkünstlers, ein kleiner Zirkus mit tanzenden Hunden und ein Mittelaltermarkt.

Das besondere Erlebnis war aber die Lichterschau. Bei „Felsenmeer in Flammen“ wurden Themen künstlerisch bearbeitet. Die Sage vom Riesen, der unter den Steinen im Felsenmeer lebt, wurde Wirklichkeit. Der Riese stieg aus den Steinen empor. Ein anderes Thema war die Entstehung der Erde. Hier wurden die Gäste erschreckt, denn die Aufführung begann in stockfinsterer Nacht und mit einer Art Urknall.

Ein anderes Thema, an das sich Ulrike Reise gerne erinnert, waren „Träume“. Auf einer Leinwand aus Wassernebel wurden unter anderem Charlie Chaplin und Martin Luther King wieder lebendig. Es ging um Menschenrechte und Frieden. Bei einer weiteren Aufführung wurde eine „Reise um die Welt“ geboten. Verschiedene Länder mit ihren Erkennungsmerkmalen wurden dargestellt. Auch die Nibelungen-Sage wurde thematisiert. „Es gab so manche Gänsehautmomente“, erinnert sich Ulrike Reiser.

Anforderungen wurden größer

Tobias Rohatsch kümmerte sich nicht nur um die Installationen der Aufbauten im Felsenmeer, sondern unterstützte auch bei der Organisation. Die Bürgerstiftung fand aber auch ganz viele Helfer, die mit anpackten. Dafür ist Ulrike Reiser dankbar. „Nur konnte sich das entwickeln und im Laufe der Jahre zu einer überregionalen Veranstaltung werden.“

Mit jedem Jahr kamen mehr Besucher. Nun wurden weitere Anforderungen gestellt, etwa ein Sicherheitskonzept gefordert. „Dazu brauchte es eine eigene Arbeitsgruppe, Tobias Rohatsch als Profi war auch hier dabei“, so Reiser. Dabei wurde aber auch deutlich, dass die Veranstaltung über eine Grenze hinausgewachsen war, die ehrenamtlich noch zu stemmen war. Doch fanden die Organisatoren immer noch viel Hilfe bei Bürgern aus Reichenbach und dem restlichen Lautertal, sowie bei vielen Vereinen. „Wir erlebten eine gigantische Unterstützung“, erinnert sich die Vorsitzende der Bürgerstiftung.

Die benötigten Kapazitäten sprengten allerdings den logistischen Rahmen. Die Parkplätze wurden knapp, die Besucherströme waren kaum noch zu lenken. Dieses Problem löste sich nach dem Hessentag in Bensheim 2014. Nun eröffnete sich die Möglichkeit, am Berliner Ring die damals eingerichteten Parkplätze nutzen zu können und von da aus Pendelbusse einzusetzen. Dank der Kontakte von Tobias Rohatsch wurden das Technische Hilfswerk weitere Helfer gewonnen.

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Doch stiegen auch die Kosten. Allein für die Pendelbusse an den drei Veranstaltungstagen wurden 16 000 Euro fällig. Auch die Laserschau gab es nicht gratis: Das Ausleihen eines Lasers für zwei Abende kostet 3000 Euro. Die Familientage mit ihren Sonderveranstaltungen schlugen ebenfalls zu Buche. „Dennoch wollten wir die Eintrittspreise so familienfreundlich wie möglich gestalten“, sagt Ulrike Reiser. Auch „Felsenmeer in Flammen“ selbst sollte für alle erschwinglich bleiben. Und die Anwohner bekamen als Dankeschön und Ausgleich für ihr unruhiges Wochenende Freikarten.

Mit „Felsenmeer in Flammen“ wurde das ohnehin schon bekannte Naturdenkmal weit über die Region hinaus bekannt. Ein jähes Ende fand die Veranstaltungsreihe allerdings 2020 mit der Corona-Pandemie. Bis zum ersten Lockdown im März stand schon das Konzept für die nächste Veranstaltung, die wieder für den Herbst geplant war. Schnell war klar, dass eine Genehmigung durch das Gesundheitsamt unwahrscheinlich wird. Frühzeitig wurden daher dann weiteren Planungen eingestellt. Auch dieses Jahr gibt es keine Lasershow. Tobias Rohatsch wird aber bei der „Nacht der Lautertaler Kirchen“ am Samstag, 5. November, seine Lichterkunst zeigen.

„Felsenmeer in Flammen“ wurde bisher von der Bürgerstiftung Lautertal organisiert. Die Bürgerstiftung ist allerdings kein Verein, sie kann nur mit dem Erlös aus ihrem Stiftungskapital arbeiten. Wegen der Niedrigzinsphase gab es auf dieses jahrelang so gut wie keine Zinsen. Und unabhängig davon geht es nicht ohne Sponsoren. Zu Beginn konnte das Fest durch ehrenamtliche Helfer gestemmt werden. Das waren über 200 Personen. „Fast alle Reichenbacher Vereine und auch Vereine aus anderen Lautertaler Ortschaften wirkten mit. Ohne sie wäre es nicht zu stemmen gewesen“, fasst Ulrike Reiser zusammen.

Mit dem großen Erfolg von „Felsenmeer in Flammen“ hatte niemand gerechnet. Möglich wurde er Erfolg, weil viele Rädchen ineinandergriffen. Ob dieses Räderwerk nach der Corona-Pandemie nochmals zum Laufen gebracht werden kann, ist die Frage.

Freie Autorin

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