Forstwirtschaft

Naturwald in Lautertal soll Ökopunkte und Geld bringen

Auf den stillgelegten Flächen soll sich der Wald möglichst natürlich entwickeln.

Von 
Thorsten Matzner
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Bürgermeister Andreas Heun, der Leiter des Forstamtes Lampertheim Ralf Schepp und Revierförster Robin Töngi (von links) am Felsenmeer. © Thorsten Matzner

Lautertal. Das neue Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ des Bundes und die Stilllegung von Waldflächen zum Aufbau eines Ökopunkte-Kontos könnten nach Meinung von Lautertals Bürgermeister Andreas Heun eine gute Strategie für die Forstwirtschaft in den kommenden Jahren sein. Heun sagte, mit einem solchen Kompromiss könnten seiner Meinung nach die Beteiligten gut leben.

Der Bürgermeister sowie Forstamts-Direktor Ralf Schepp und Revierförster Robin Töngi informierten über Details zu dem neuen Förderprogramm. Die Gemeinde könnte daraus im Jahr bis zu 44 000 Euro an Fördermitteln bekommen – zehn Jahre lang. Dafür müsste sie sich dazu verpflichten, mindestens fünf Prozent ihrer Waldfläche nicht mehr zu bewirtschaften.

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Dies ist nach Meinung der Verwaltung und von Hessen-Forst leicht zu bewerkstelligen, da rund vier Prozent des Gemeindewaldes bereits jetzt nicht mehr bewirtschaftet werden. Ralf Schepp sagte, dabei handele es sich im Wesentlichen um Flächen, die schlecht erreichbar seien, zum Beispiel Steillagen.

Auf den stillgelegten Flächen soll sich der Wald möglichst natürlich entwickeln. Dieser Naturwald darf auf mehrere Bereiche verteilt sein, wobei einzelne Parzellen mindestens 0,3 Hektar groß sein müssen. Die Fördermittel fließen zehn Jahre lang, der Verzicht auf die Bewirtschaftung muss aber 20 Jahre lang eingehalten werden. Pflegemaßnahmen, um den Wald zu erhalten und Arbeiten zur Verkehrssicherung – also zum Schutz der Waldbenutzer – sind weiterhin möglich.

Auf eine Bewirtschaftung wird verzichtet

Flankierend zur Stilllegung der Flächen werden weitere Maßnahmen gefordert, wie der Verzicht auf den Einsatz von Düngern und Pflanzenschutzmitteln. Letztere würden aber bereits jetzt nur noch ausnahmsweise verwendet, schreibt das Forstamt in einer Einschätzung für die Gemeinde. Dünger werde gar nicht verwendet. In den Beständen soll sogenanntes Totholz angesammelt werden. Das entsteht bereits naturgemäß durch den Verzicht auf eine Bewirtschaftung.

Pro Hektar solle mindestens fünf sogenannte Habitatbäume ausgewiesen werden, die nicht nur nicht gefällt werden, sondern auf im Wald vergehen sollen. Hier schlägt das Forstamt vor, solche Bäume gruppenweise auszuweisen und dabei Bäume auszuwählen, die nicht nahe an Wegen stehen oder zur Gefahr für die Waldarbeiter werden könnten.

Außerdem sollen im Wald Bäume in der Regel nicht nachgepflanzt werden, damit sich der Wald natürlich weiterentwickelt. Auch hier sieht das Forstamt keine Probleme. Bereits jetzt werde, wo immer möglich, auf die sogenannte Naturverjüngung gesetzt.

Dass auch Maßnahmen zur Wasserrückhaltung gefordert werden, spielt einem weiteren Projekt der Gemeinde in die Karten. Werner Opper von der Verwaltung hat einen Maßnahmenplan zum besseren Hochwasserschutz entwickelt, der ebenfalls unter anderem darauf setzt, in den Wäldern Teiche und Abschläge einzurichten, durch die das Wasser aus den Bächen zurückgehalten wird und versickern kann.

Forstamt macht Vorschläge

Bürgermeister Heun sagte, er sei „auf jeden Fall“ dafür, dass die Gemeinde sich an dem Programm des Bundeslandwirtschaftsministeriums beteilige und einen Förderantrag stelle. Parallel dazu sei es sinnvoll, Waldflächen stillzulegen, um sogenannte Ökopunkte zu sammeln. Allerdings müssen dazu andere Flächen ausgesucht werden, denn das Programm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ sieht den Ausschluss einer Doppelförderung vor. Hessen-Forst habe aber bereits im Januar Vorschläge für Flächen vorgelegt, auf denen die Gemeinde Ökopunkte sammeln könne.

Lauf Forstamts-Direktor Schepp handelt es sich insgesamt um 13 Hektar im Natura-2000-Gebiet und in alten Beständen. Eine Kombination beider Maßnahmen sei kein Problem. „Da hat die Kommune alle Möglichkeiten.“

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Hessen-Forst erwarte bei den ausgewählten Flächen eine „sehr gute Punktzahl“. Der Wald sei an diesen Stellen sehr wertvoll. Unter anderem handelt es sich laut Schepp um Grundstücke am Nonnwiesengeröll („kleines Felsenmeer“) bei Reichenbach und in Schannenbach.

Am Nonnwiesengeröll liegt auch die Fläche, die die Wohlleben-Waldakademie für ihren Vorschlag an die Gemeinde ausgesucht hat. Die Akademie möchte 100 Hektar Wald auf 50 Jahre pachten, um dort einen Naturwald entstehen zu lassen.

Dafür würde die Gemeinde 1,3 Millionen Euro als einmalige Pachtzahlung erhalten. Damit stünde der Wald aber nicht mehr zur Verfügung, um Ökopunkte zu bekommen. Die sind laut Andreas Heun allerdings für Lautertal wichtig. Gerade weil in den kommenden Jahren auch einige Neubauprojekte anstehen – darunter der neue Kindergarten in Elmshausen. „Dafür brauchen wir Ökopunkte.“

Waldakademie hat kaum Chancen

Im Umweltausschuss der Gemeindevertretung war schon klargeworden, dass die von der Waldakademie in Aussicht gestellte Pachtzahlung nicht schnell und nur über Jahre verteilt fließen würde. Vielleicht würden die 1,3 Millionen Euro auch gar nicht erreicht. Denn die Waldakademie will den Wald parzellenweise an Paten „verkaufen“. Erst wenn die gefunden sind und bezahlt haben, kann Geld an die Gemeinde fließen.

Bereits nach der Ausschuss-Sitzung wurde deutlich, dass es in der Gemeindevertretung kaum eine Mehrheit für das Wohlleben-Projekt gibt. Mit dem Vorschlag von Bürgermeister Heun, das Programm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ zu nutzen und zusätzlich Ökopunkte zu sammeln, wäre das Projekt der Waldakademie ebenfalls erledigt.

Redaktion Lokalredakteur Lautertal/Lindenfels

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