Gemeindevertretung

Lautertaler Grundsteuer soll 2026 um 50 Punkte steigen

Die Rücklagen sind spätestens in zwei Jahren aufgebraucht. Großprojekte und andere Investitionen lassen den Schuldenstand weiter anwachsen.

Von 
Thorsten Matzner
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Lautertal. Die Gemeindevertretung hat am Donnerstag den Haushaltsplan der Gemeinde Lautertal für dieses Jahr verabschiedet. Die Grünen stimmten gegen den Etat und – mit Teilen der SPD-Fraktion – gegen das Investitionsprogramm.

Zuvor hatte Olaf Harjes (Grüne) die grundsätzliche Kritik seiner Fraktion besonders am Investitionsprogramm erneuert. Die Lage der Gemeinde sei „dramatisch schlecht“. Statt noch schnell „Herzensprojekte“ durchsetzen zu wollen, müsse grundsätzlich etwas getan werden. Lautertal habe immer noch einen der höchsten Grundsteuer-Hebesätze in Hessen.

Unter Bezugnahme auf die Debatte im Finanzausschuss sagte Harjes, Lautertal werde wohl nicht Ende dieses Jahres 15 Millionen Euro Schulden haben. Der Schuldenstand werde aber so oder so erreicht werden, wenn alle im Haushalt vorgesehenen Investitionen umgesetzt würden. Der Finanzausschuss habe in seinen drei Sitzungen vom Investitionsvolumen in Höhe von vier Millionen Euro gerade einmal 7000 Euro eingespart.

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Die Rücklagen der Gemeinde seien spätestens 2026 aufgebraucht, wohingegen die auszugleichenden Fehlbeträge wegen sinkender Steuereinnahmen eher noch anstiegen. Damit drohe die Gefahr, dass die Grundsteuer wieder angehoben werden müsse.

Die Sicherstellung der Wasserversorgung und der Brandschutz hätten „die höchste Priorität“. Weitere Investitionen müssten dann dazu dienen, Kosten in den folgenden Jahren zu senken. Beispiele seien die Sanierung des Rathauses und der Lautertalhalle.

Silvia Bellmann (LBL) zeichnete hingegen ein deutlich optimistischeres Bild der Lage. Lautertal habe Anfang des Jahres über drei Millionen Euro auf dem Konto gehabt. Im Haushaltsplan werde zwar eine Verschuldung von 15 Millionen Euro prognostiziert. Allerdings seien da viele Kredite enthalten, die die Gemeinde noch gar nicht in Anspruch genommen habe – auch aus den vergangenen Haushaltsjahren. Daher liege die Verschuldung „weit darunter“.

SPD stellt kleine Posten infrage

Zudem sei die Lage bei den Steuern weiterhin gut. Die Einkommensteuer-Einnahmen seien hoch, die aus der Gewerbesteuer stabil. Selbst aus der Grundsteuer bekomme die Gemeinde mehr Geld trotz unveränderter Hebesätze, weil sich Bemessungsgrundlagen geändert hätten. Dies zeige, dass die Senkung der Grundsteuer B von 1050 auf 850 Punkte richtig gewesen sei.

Lautertal müsse aber immer noch „Versäumnisse aus der Vergangenheit“ aufarbeiten. Dies sei der Grund dafür, dass die Investitionen so hoch seien. Trotz der großen Projekte, die die Gemeinde vor sich habe, dürften aber die Wünsche der Ortsteile nicht vernachlässigt werden. Bellmann kritisierte SPD und Grüne dafür, dass sie als Verantwortliche für den Investitionsstau jetzt den Ortsbeiräten überzogene Wünsche vorwürfen.

Investitionen in die Ortsteile seien nicht verloren. Sie erhöhten die Lebensqualität der Bürger und die Attraktivität der Gemeinde. Bei der Finanzpolitik mahnte Bellmann allerdings mehr Kreativität an. So sei es möglich, außer einer Zusammenarbeit von Kommunen auch eine innere Kooperation der Gemeinde zum Beispiel mit Vereinen und Stiftungen zu nutzen.

Dass die Steuersenkung Ende 2022 zu stark war, bekräftigte Tobias Pöselt (SPD): „Das fällt uns jetzt auf die Füße.“ Angesichts der Investitionen, die für den neuen Kindergarten, die Lautertalhalle und das Feuerwehrhaus Gadernheim / Kolmbach nötig seien, wäre es richtiger, Rücklagen aufzubauen, statt diese für den Haushaltsausgleich abzuschmelzen.

„Wir sind tief besorgt“, so Pöselt. 2012 habe Lautertal vor dem Schutzschirmprogramm des Landes 18 Millionen Euro Schulden gehabt. „Wir sind auf dem besten Weg, da wieder hinzukommen.“ Ein Grund seien Investitionen „nach dem Gießkannenprinzip“. Dabei seien auch kleinere Posten fraglich, nannte Pöselt das Geld für Beamer (20 000 Euro), die Sanierung von Feldwegen in Raidelbach und Staffel (80 000 Euro), 8000 Euro für Wickeltische in den Dorfgemeinschaftshäusern und die 20 000 Euro zur Verbreiterung des Wanderwegs zwischen Selterswasserhäuschen und Friedensmal bei Elmshausen.

CDU will in Ortsteile investieren

LBL und CDU wirtschafteten so, wie sie es SPD und Grünen früher vorgeworfen hätten. So seien „Skandale“ ausgerufen worden wegen der kostenfreien Überlassung von Räumen in der Lautertalhalle an das DRK und wegen 1200 Euro Kosten für Taubenfutter.

Erich Sauer (CDU) sprach von einem „vernünftigen Haushalt“ und verwehrte sich gegen „Horrorszenarien“. Die Lage der Gemeinde sei immer noch geprägt von der verfehlten Finanzpolitik von SPD und Grünen vor 2016. Dabei seien die Probleme damals frühzeitig erkennbar gewesen, nur habe die Mehrheit die Augen davor verschlossen.

Die Absenkung der Grundsteuer sei richtig gewesen. Den Bürgern sei bei der massiven Anhebung der Steuersätze ab 2017 von 480 auf 1050 Punkte versprochen worden, sie möglichst bald wieder zu entlasten. Dieses Versprechen sei erfüllt worden. SPD und Grüne hätten der Senkung auf 850 Punkte zugestimmt, erinnerte Sauer: „Ihr hättet ja Nein sagen können.“

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Dass die Bürger Vertrauen in die Politik von CDU und LBL hätten, zeige die Bestätigung der Mehrheit in der Kommunalwahl 2021. Daher gingen die beiden Fraktionen ihren Weg weiter.

Sauer verteidigte auch die Investitionen in den Ortsteilen. „Wir können die Ortsbeiräte nicht länger vertrösten.“ Es sei „eine Mär“, dass zur Erfüllung der Forderungen aus den Ortsteilen eine Erhöhung der Grundsteuer nötig sei. Bürgermeister Andreas Heun wies dagegen darauf hin, dass im Haushaltsplan bereits eine Anhebung der Grundsteuer um 50 Punkte etwa im Jahr 2026 eingeplant sei. Anders seien die dort berücksichtigten Projekte aus heutiger Sicht nicht zu stemmen.

Dass die Einnahmen aus der Einkommensteuer stiegen, dürfe nicht zu dem Schluss verleiten, dass die Gemeinde mehr Geld habe. Vielmehr gingen die Mehreinnahmen üblicherweise bei den gleichzeitig steigenden Abgaben an den Kreis wieder drauf. „Es ist auf der kommunalen Ebene immer weniger Geld im System.“ Das sei landauf, landab so und nicht nur in Lautertal. Als „abwegig“ bezeichnete Heun die Vorstellung, Lautertal könne dauerhaft auf eine Erhöhung der Grundsteuer verzichten.

Redaktion Lokalredakteur Lautertal/Lindenfels

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