Lautertal. Um die ab Mai direkt in die Gemeinde Lautertal kommenden Flüchtlinge unterbringen zu können, lässt die Gemeinde das ehemalige Gasthaus „Zur Siegfriedsquelle“ am Felsenmeer herrichten. Der Erste Beigeordnete Friedel Mink (LBL) kümmert sich federführend um das Projekt und berichtete im Finanzausschuss der Gemeindevertretung, dass zurzeit die Infrastruktur des Hauses auf Vordermann gebracht werde. Nach einer Grundreinigung solle dann entschieden werden, wie die Räume neu aufgeteilt werden.
Mink und auch Bürgermeister Andreas Heun betonten, dass die Lage für die Gemeinde zurzeit schwierig einzuschätzen sei. Es sei noch völlig unklar, welche Art von Flüchtlingen ab Mai nach Lautertal kämen. Abhängig von deren Status bekommt die Gemeinde unterschiedliche Summen an Unterstützung für ihre Ausgaben. Außerdem ist davon abhängig, welche Folgekosten entstehen.
Gemeinde kann Weißmühle nutzen
Die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sind meist Frauen mit Kindern, Asylsuchende aus dem Nahen Osten und aus Afrika in der Regel junge Männer. Erstere ziehen nach Heuns Erfahrung schnell weiter, weil es oft Verwandte oder Freunde gebe, die sie aufnehmen. Dann würden die Plätze wieder frei. Bei der zweiten Gruppe komme es öfter zu Konflikten, da werde dann möglicherweise ein Sicherheitsdienst zu bezahlen sein.
In der „Siegfriedsquelle“ können nach Heuns Einschätzung bis zu 25 Leute unterkommen. Die frühere Unterkunft in der Weißmühle in Lautern steht der Gemeinde auch zur Verfügung. Der Eigentümer ist bereit, die Räume an die Kommune zu vermieten. Hier könnten etwa 20 Leute einziehen. Zudem gebe es Angebote von Bürgern, berichtete Heun. Unter anderem gehe es dabei um ein Zweifamilienhaus, das gemietet werden könne.
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Die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine bekommen Leistungen aus dem Sozialsystem und kommen daraus zum Teil selbst für die Miete auf. Vom Kreis bekommt die Gemeinde zehn Euro pro Tag für die Unterbringung von Asylsuchenden erstattet. Heun rechnet allerdings damit, dass eher 14 bis 15 Euro nötig sind.
Dennoch gab es keine Kritik am Landratsamt. Die Behörde habe anhand der ihr gewährten Mittel klar vorgerechnet, wie es zu dem Kostenersatz komme, so der Bürgermeister. Frank Maus (Grüne) betonte, man müsse dem Kreis dafür dankbar sein, das Thema über die vergangenen Jahre von den Kommunen ferngehalten zu haben. Und auch in der aktuellen Lage gebe es von dort noch Unterstützung. So sei zugesagt worden, die Zuweisungen der Leute auf die Kommunen möglichst passgenau zuzuschneiden.
160 000 Euro wird die Gemeinde in diesem Jahr wohl noch in die Hand nehmen müssen. Bürgermeister Heun sagte, 60 000 Euro seien für die Instandsetzungsarbeiten in der „Siegfriedsquelle“ nötig. Weitere 100 000 Euro sind für Investitionen vorgesehen.
Ein neuer Naturkindergarten soll entstehen
Auch wenn die Zuwanderung sich verlangsamen sollte, erwartet Heun keine Entlastung. Die Lage sei „dynamisch“, gerade was den Krieg in der Ukraine angehe. Der Kreis habe aber bereits zu verstehen gegeben, dass er Bewohner aus den eigenen Unterkünften an die Kommunen weitergeben möchte, wenn die Zahl der Neuankömmlinge sinkt. 21 Leute sollen im zweiten Quartal und dann wohl auch weiterhin quartalsweise nach Lautertal kommen. Die Verwaltung rechnet mit 60 bis 65 Personen bis Jahresende.
„In diesem Jahr werden wir noch über die Runden kommen“, sagte Andreas Heun. Es sei aber völlig unklar, was 2024 passiere. Die Gemeinde wolle zwar eine „Ghettoisierung“ verhindern und möglichst auch ohne Wohncontainer auskommen. Er könne aber nicht sagen, ob dies auf Dauer klappe.
Mehrkosten werden die Flüchtlinge auch bei der Kinderbetreuung auslösen - wobei die Zahl der Plätze in den Einrichtungen auch ohne die Zuwanderung nicht ausreichen. Bürgermeister Heun erinnerte daran, dass etwa 25 Plätze fehlen, das ist eine Kindergartengruppe. Die sollen nun dadurch geschaffen werden, dass in Lautern am evangelischen Kindergarten ein Naturkindergarten eingerichtet wird. 350 000 Euro sind dafür im Haushalt eingeplant - eine hohe Summe, die sich laut Heun auch durch die strengen Vorgaben des Jugendamts erklärt.
Auch im bestehenden Kindergarten sollen weitere Plätze geschaffen werden, was aber nicht so einfach ist. Nachdem eine Wohnung in dem früheren Schulhaus für eine zweite Gruppe umgebaut worden war, stellte sich heraus, dass sie gar nicht für diesen Zweck genutzt werden kann.
Wie Heun nun berichtete, hatte die Gemeinde auch geprüft, ob die frühere Schulturnhalle zu einem Gruppenraum umfunktioniert werden kann. Das werde von den Behörden aber abgelehnt, weil es dort keine Fenster gebe, durch die die Kinder nach draußen schauen können.
Kompliziert bleibt es auch beim Neubauprojekt in Elmshausen. Wenn kritisiert werde, dass das so lange dauere, dann möge man sich erinnern, dass hier erst einmal ein Bauplatz geschaffen werden müsse. Bisher sei das geplante Grundstück im Außenbereich, erinnerte Bürgermeister Heun. Das sei aber allen auch klar gewesen, als der Beschluss in den Gremien gefasst worden sei.
Reicht der Neubau in Elmshausen?
Zwar gebe es beim Kreis grundsätzlich Unterstützung für das Vorhaben, es würden im Verfahren aber auch viele Fragen gestellt. Zum Beispiel, ob die Gemeinde nicht einen anderen Platz habe. Was bekanntermaßen nicht der Fall sei. Immerhin sollen wohl im zweiten Halbjahr die Stellungnahmen der Behörden zur ersten Fassung der Planung in der Gemeindevertretung beraten werden.
Vorsichtig bleibt Heun bei der Abschätzung der Folgen des Neubaus. Zunächst war geplant gewesen, damit die Kindergärten in Reichenbach und Lautern zu ersetzen. Das hätte der Gemeinde Erlöse beim Verkauf der dortigen Grundstücke bringen können. Es sei aber noch gar nicht klar, ob die bis zu sechs neuen Gruppen in Elmshausen ausreichen, um die beiden Kindergärten zu ersetzen.
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