Lautertal. Die neue Friedhofsordnung und die künftigen Friedhofsgebühren in Lautertal sollen in einer Kommission des Gemeindevorstands beraten werden. Mit diesem Vorschlag von Carsten Stephan (CDU) waren die Fraktionen im Finanzausschuss der Gemeindevertretung einverstanden.
Bürgermeister Andreas Heun sagte zu, dem Gemeindevorstand die Einrichtung des Gremiums zu empfehlen. Ihm sollen nicht nur Vertreter der Fraktionen angehören, sondern auch Sachkundige. Von denen waren auch einige zur Finanzausschusssitzung gekommen.
Die Vorlage der neuen Gebührensatzung in der Gemeindevertretung hatte für Aufsehen gesorgt – besonders, nachdem diese Zeitung über die geplanten und teils deutlichen Kostensteigerungen berichtet hatte. Thomas Eichhorn, Geschäftsführer der Steinfirma „Eichhorn und Walter“ in Gadernheim, hatte sich unmittelbar darauf an Bürgermeister Heun gewendet und vor dem Schritt gewarnt. Er war bei der Sitzung ebenso dabei, wie Kollegen von ihm aus Lautertal und Bestatter Walter Mink aus Reichenbach.
Erhalt der Friedhöfe als Kulturgut
Eichhorn sagte, es sei „unrealistisch“ zu erwarten, dass die geplante Gebührenerhöhung sich wie geplant auswirke. Die Preissteigerung werde vielmehr dazu führen, dass sich der Trend hin zu den günstigeren Bestattungsformen verstärke. Dadurch sinke der Anteil der belegten Flächen auf den Friedhöfen, was zu einem verstärkten Pflegeaufwand für die Gemeinde führen werde.
Eichhorn sagte die Hilfe der steinverarbeitenden Betriebe in Lautertal zu für die Suche nach Wegen, um die Friedhöfe in Lautertal attraktiver zu machen. Der Verkauf von Grabsteinen sei für die Firmen zwar mittlerweile nur noch ein Nebengeschäft. Dennoch gehe es auch um den Erhalt der Friedhöfe als „Kulturgut“.
Nur ein Fünftel der Beerdigungen sind Erdbestattungen
Der Zweckverband KMB, der für die Gemeinde Lautertal die Friedhöfe pflegt, war durch seinen Geschäftsführer Frank Daum bei der Finanzausschusssitzung vertreten. Daum wies auf die schlechteren Rahmenbedingungen in Lautertal hin. So habe die Gemeinde im Verhältnis relativ viele Friedhöfe. Während in Bensheim umgerechnet ein Friedhof auf 4700 Einwohner komme, seien es in Lautertal nur 1440 Einwohner.
Bei den Kosten gehe es nicht nur um die Pflege der Grünflächen, sondern auch um die Anlagen. So müssten die Trauerhallen in Ordnung gehalten werden, würden aber im Schnitt nur einmal im Monat genutzt. In Bensheim seien es immerhin 45 Nutzungen im Jahresschnitt.
Grundsätzlich habe sich die Bestattungskultur verändert. Der Trend weg von Erdbestattungen sei nicht nur von den Kosten abhängig. In Lautertal habe es 2019 nur 13 Erdbestattungen gegeben, 2020 und 2021 seien es je 15 gewesen, 2022 aber sogar nur zehn. Das entspreche nur noch einem Fünftel aller Beerdigungen, während der Anteil in Bensheim bei fast einem Drittel liege.
Für die Stadt Bensheim ist der KMB für die Verwaltung der Friedhöfe zuständig. Das könnte auch für Lautertal möglich sein, stellte Bürgermeister Andreas Heun in den Raum, es müsse aber bezahlt werden.
Ein Vorteil ist, dass der Verband auf effizientes Arbeiten schaut, wie Frank Daum an einem Beispiel deutlich machte: Einzelgräber in einem leeren Grabfeld würden in Bensheim möglichst vermieden. Den Rechteinhabern werde dann eine Umbettung angeboten. Große Flächen seien eben einfacher und damit billiger zu pflegen. tm
Auch Bestattungsunternehmer Walter Mink warnte vor einem Verdrängungseffekt. Die Kunden würden noch mehr als bisher nach günstigeren Bestattungsformen suchen, wenn die Gebührenerhöhung wie geplant beschlossen werde. Schon jetzt sei die Konkurrenz zum klassischen Erdgrab groß – nicht nur wegen der Urnengräber, sondern auch wegen der Friedwälder und weiterer alternativer Bestattungsformen, die nicht in der Hand der Kommune lägen.
Wie Erdbestattung attraktiver wird
Die Preise auf den Lautertaler Friedhöfen seien schon durch die vorige Erhöhung von 2017 „ausgereizt“, sagte Mink. Es sei deutlich zu sehen, wie die Friedhöfe in der Folge immer leerer würden. Lautertal sei auch im Vergleich zu den benachbarten Kommunen viel zu teuer. In Bensheim würden für eine Urnenbestattung 480 Euro verlangt, in Heppenheim gar nur 175 Euro. Dort sei dann jeweils noch ein Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung dabei. In Lautertal gebe es diesen Service nicht. Die Bestattung soll künftig 625 Euro kosten.
Mink forderte, die „Erdbestattung wieder attraktiver“ zu machen. Er zeigte dazu auch Möglichkeiten auf. In Fürth werde für Urnengräber außer der eigentlichen Gebühr eine Pflegepauschale für den Friedhof verlangt. Möglich sei auch, den Nachkauf der Erdgräber zu vergünstigen oder die Ruhezeiten für Urnengräber zu verkürzen. Während sich die Liegezeit bei Erdbestattungen nach der Bodenbeschaffenheit richten müsse, könne sie nach Einäscherungen bis auf 15 Jahre – die gesetzliche Regelung in Hessen – verkürzt werden.
Dass Frank Daum, der Geschäftsführer des Zweckverbands KMB, darauf hinwies, dass die Arbeitsstunden für den Verband zwischen 2019 und 2022 von 3500 auf 2400 zurückgegangen sind, nahm Thomas Eichhorn auf, um nochmals Kritik an den geplanten neuen Gebühren zu äußern: Wenn der Aufwand sinke, sei es umso unverständlicher, dass die Preise ansteigen sollten. Dem widersprach Daum allerdings. Seit der letzten Gebührenerhöhung seien die Tarife im öffentlichen Dienst um 15 Prozent gestiegen. Zudem stiegen auch die Sachkosten gerade in letzter Zeit drastisch.
Trauerhallen als Kostentreiber
Bürgermeister Heun wies darauf hin, dass nach einer Untersuchung des Hessischen Rechnungshofs Lautertal seine Friedhöfe im Jahr mit bis zu 600 000 Euro aus Steuermitteln finanziere. Das heiße, dass die hohen Grundsteuersätze auch hier ihre Ursache hätten. „Kostentreiber“ seien auch die Sachkosten, verwies Heun auf die aktuellen Wünsche der Ortsbeiräte Beedenkirchen und Knoden / Breitenwiesen nach Investitionen in Trauerhallen.
Achim Mink (SPD) forderte daraufhin alle Ortsbeiräte auf, ihre Wünsche auch mit Blick auf die Kosten zu überdenken. Erich Sauer (CDU) erinnerte an die Erweiterung des Friedhofs in Reichenbach. Die sei damals für nötig erachtet worden, weil auf dem alten Friedhof kaum noch Platz gewesen sei. Aus heutiger Sicht sei sie eher überflüssig gewesen.
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