Bauausschuss

Entscheidung über die Hofacker-Planung in Reichenbach vertagt

Die Fraktionen sehen noch Beratungsbedarf, nachdem die SPD beantragt hat, die Hessische Landgesellschaft ins Boot zu holen. So soll es jetzt weitergehen.

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Thorsten Matzner
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Das Interesse an den Vorgängen auf dem Hofacker ist groß. Die Gemeindevertretung entscheidet voraussichtlich am 22. Februar darüber, ob eine Bebauungsplanung erstellt wird. © Thomas Zelinger

Reichenbach. Ob für den Hofacker in Reichenbach eine Baugebiets-Planung erstellt werden soll, bleibt weiter offen. Der Bauausschuss der Gemeindevertretung vertagte die Beratung dazu auf den 22. Februar. Dann will sich das Gremium um 18 Uhr – eine Stunde vor der Gemeindevertretung – im Rathaus treffen, um eine Empfehlung abzugeben. Erich Sauer (CDU) hatte um die Vertagung gebeten, damit seine Fraktion sich besprechen könne.

Die Fraktionen positionierten sich bei der ersten Beratung nicht abschließend. Bedenken machten lediglich die Grünen geltend. Frank Maus sagte, er halte „wenig davon, Baugebiete auf Halde zu planen“. Maus wies – wie zuvor bereits Bürger bei der Sitzung – darauf hin, dass in Lautertal rund 150 neue Wohnungen bereits geplant oder in Planung seien. Das seien so viele wie seit 50 Jahren nicht. „Und es wird noch mehr.“ Denn schließlich sei absehbar, dass auch der Platz des Reichenbacher Kindergartens und der Sportplatz des SSV Reichenbach als Bauland genutzt werde.

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Generell sei eine Innenentwicklung besser, als – wie auf dem Hofacker – die Siedlungsfläche zu erweitern. Daher müsse die Gemeinde bei Baugebieten wie denen auf dem Ciba- und dem Destag-Gelände „dranbleiben“.

Damit handelte Maus sich allerdings Widerspruch von Bürgermeister Andreas Heun ein. Die Gemeinde habe bei der Destag ihre Hausaufgaben gemacht. Wie auch beim Schmelzig in Elmshausen liege der Ball im Feld der Grundstücksbesitzer. Die Gemeinde schaffe Baurecht, könne dieses aber nicht umsetzen, weil sie nicht Eigentümer der Flächen sei.

Nach wie vor ein „starker Siedlungsdruck“ in Lautertal

Frank Maus sah auch die Gefahr eines Überangebots. Da die Baupreise immer weiter stiegen, sei jetzt schon zu beobachten, dass ausgewiesene Baugebiete in Nachbarkommunen zögerlich oder gar nicht genutzt würden. Heun sagte dagegen, die Bevölkerungsentwicklung sei schwer zu prognostizieren. Lautertal sei lange ein Bevölkerungsrückgang vorhergesagt worden, der dann aber nicht eingetreten sei. Es gebe eher ein leichtes Wachstum.

Nach wie vor sei ein „sehr starker Siedlungsdruck“ zu verzeichnen. Die Tendenz habe sich wegen der gestiegenen Preise abgeschwächt, sei aber noch da. Das bestätigte Planer Michael Schweiger. Die Preise an der Bergstraße seien kaum noch bezahlbar. Gleichzeitig sei die Rhein-Main-Region weiterhin ein attraktiver Wohnort. Also zögen die Leute aufs Land.

Er habe „überhaupt keine Bedenken“, dass der Hofacker genutzt werde. Das Gebiet werde vermutlich nicht schnell belegt, aber es sei für die Gemeinde ohnehin gut, einen Puffer auf mehrere Jahre zu haben.

Die Fraktionen der Gemeindevertretung haben sich auf Anregung der Grünen inzwischen darauf verständigt, die Bauentwicklung in Lautertal untersuchen zu lassen. Bürgermeister Heun berichtete, dazu sei Kontakt mit der TU Darmstadt aufgenommen worden für ein Studienprojekt. Im März sei ein erstes Gespräch geplant.

Die Studie soll einen Ersatz für eine Fortschreibung des Flächennutzungsplans sein. Diese Rahmenplanung für die Entwicklung einer Gemeinde wurde früher regelmäßig novelliert. Das sei inzwischen allerdings für Lautertal zu teuer, die Kosten dafür gingen in die Hunderttausende, sagte Heun.

Viele Bürger wollen bauen

Der Bürgermeister regte an, das Hofacker-Projekt zurückzustellen, bis die Untersuchung der TU vorliegt und dann diese Informationen in die Entscheidung einzubinden. Dazu wurde im Ausschuss aber noch keine Festlegung getroffen. Jürgen Röhrig (LBL) wandte sich gegen eine Verschiebung. Das mit den 150 bereits geplanten Wohnungen möge stimmen. Tatsächlich aber seien keine Bauplätze zu bekommen.

Der Hofacker ist im Besitz von Privatleuten, die eine Nutzung als Baugelände bei der Gemeinde angeregt hatten. Sie wollen die Grundstücke teilweise selbst bebauen. Die SPD regte im Bauausschuss an, wie beim Schneiders Feld in Gadernheim das Baugebiet von der Hessischen Landgesellschaft (HLG) entwickeln zu lassen. Tobias Pöselt beantragte, der HLG einen solchen Auftrag zu erteilen. Dabei würden die Flächen von der Gesellschaft angekauft. Die bisherigen Eigentümer hätten dann das Recht, einen Teil zu vergünstigten Preisen zurückzukaufen. Zudem könne bei der Vergabe der Grundstücke sichergestellt werden, dass auch wirklich die jungen Familien zum Zuge kämen, die die Gemeinde sich wünsche.

Dann wäre vermutlich auch die Frage der Erschließung problemlos zu lösen. Danach fragten Anlieger, die direkt an der geplanten Zufahrt zum Neubaugebiet wohnen. Diese Zufahrten müssen auch im Bestand erneuert werden, außerdem würden Kanal- und Wasserleitungen verlegt werden.

Michael Schweiger sagte, nach der Rechtslage sei es so, dass alle diejenigen dafür Beiträge zahlen müssten, die einen Vorteil von der Erschließung hätten – sofern diese von der Gemeinde vorgenommen werde. Bei bereits erschlossenen Grundstücken müsse der Einzelfall geprüft werden. Ausgeschlossen sei eine Beitragspflicht aber nicht.

Werde dagegen das Baugebiet durch die Eigentümer selbst erschlossen, dann zahlten diese die kompletten Kosten. Da die Gemeinde kein Geld ausgebe, werde sie in dem Fall auch keine Beiträge erheben.

150 zusätzliche Fahrten am Tag

Schweiger wies darauf hin, dass die Verkehrsanbindung „ein wichtiges Thema“ sei. Es werde mit 150 zusätzlichen Fahrten am Tag gerechnet, das liege unterhalb der in Gerichtsurteilen festgelegten Schwelle für eine notwendige Abwägung im Verfahren. Dennoch sei geplant, einen Gutachter einzuschalten, der die Situation untersuche. „Wir wollen das nicht abbügeln.“. Die Untersuchung werde auch zeigen, ob es bereits ohne das Neubaugebiet Schwierigkeiten gebe.

Inwieweit das Areal Auswirkungen auf den Verkehr in Bensheim hat, wird dabei aber nicht automatisch mit untersucht. Allerdings werde Hessen Mobil als zuständige Behörde im Rahmen einer Planung um eine Stellungnahme gebeten, berichtete Schweiger weiter.

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Die Bürger hatten Bedenken geäußert, dass die bereits geplanten Baugebiete die Straßen in Bensheim – hauptsächlich den Ritterplatz – überfordern. Jonas Bauer von der Bürgerinitiative Hofacker verwies darauf, dass zu den Lautertaler Baugebieten noch der Seegenberg auf dem Gelände der Christoffel-Blindenmission in Schönberg und das Thermoplastik-Areal in Bensheim hinzukämen. Dazu sagte Michael Schweiger, dass Verkehrszählungen ergeben hätten, dass der Verkehr auf der B 47 im Jahr 2015 stärker gewesen sei als 2021. Das sei auch durch die Pandemie bedingt. Wegen der Homeoffice-Regelungen erwarte er aber, dass bei der nächsten Untersuchung 2025 die Zahlen eher bei denen von 2021 als bei denen von 2015 lägen.

Gas und Wasser - aber ohne Risiko

Auf dem Hofacker soll die Stellplatzsatzung der Gemeinde greifen, die zwei Parkplätze pro Wohnung vorsieht. Die Straße sei breit genug, um versetzt weitere Parkplätze zu schaffen, sagte Michael Schweiger.

Kein Problem sieht der Planer in der benachbarten Gasleitung. Hier müssten nur geringe Abstände eingehalten werden. Ein Anschluss des Baugebiets sei nicht vorgesehen. „Gas macht heute keiner mehr.“ Neue Häuser würden mit Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen ausgestattet.

Auch ein Hochwasser-Risiko sieht Schweiger nicht. Ob das Gelände wie bisher Acker und Wiesen sei oder bebaut, mache beim Wasserabfluss nicht viel aus. Genau genommen verbessere sich die Lage sogar, wenn man nach dem Prinzip der „Schwammstadt“ zum Beispiel begrünte Dächer zulasse.

Redaktion Lokalredakteur Lautertal/Lindenfels

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