Lautertal. Die Grundsteuer wird in Lautertal im kommenden Jahr drastisch steigen. Das hat sich aus den Beratungen des Finanzausschusses der Gemeindevertretung ergeben. Angesichts eines Fehlbetrags von rund zwei Millionen Euro im Haushalt 2025 bleibt den Gemeindevertretern auch gar nichts anderes übrig.
Der Etat ist noch nicht offiziell, er wird erst am nächsten Donnerstag von Bürgermeister Andreas Heun in der Gemeindevertretung vorgestellt. Der Fehlbetrag im laufenden Geschäft ist aber schon bekannt. Heun selbst hatte bereits am Dienstag in der Sitzung des Ortsbeirats Reichenbach vor schweren Zeiten gewarnt.
Heun sagte, es werde ohne Steuererhöhungen nicht gehen. Es sei aber auch wichtig, „klare Mehrheiten“ zu haben, damit nicht wieder gegenseitige Schuldvorwürfe aufkommen, wer die Steuererhöhung verursacht habe.
Steuersatz erreicht fast wieder eine Rekordhöhe
Wie die Gemeinde mit der schwierigen Lage umgeht, ist allerdings unter den Fraktionen umstritten. Wäre es nach dem Bürgermeister gegangen, hätten die Gemeindevertreter beschlossen, dass die Grundsteuer zum 1. Januar im Zuge der Grundsteuerreform lediglich umgestellt wird. Das Land Hessen hatte dazu empfohlen, den Hebesatz auf 540 Punkte festzulegen. Damit wäre das Steueraufkommen von zuletzt 1,7 Millionen Euro gleichgeblieben.
Die Verwaltung hatte zwar noch im Oktober vor Einnahmeverlusten gewarnt, falls dieser Hebesatz beschlossen werde. Das habe sich aber nach einer Neuberechnung nicht bestätigt, sagte Andreas Heun. Es sei wohl dem Umstand geschuldet gewesen, dass im Oktober noch rund 600 Messbescheide gefehlt hätten. Diesen Bescheid erhält jeder Immobilienbesitzer. In ihm ist der Basissatz festgelegt, der für die Berechnung der Grundsteuer gilt.
Heun forderte die Fraktionen auf, sich dann im Rahmen der Haushaltsplanberatungen im Januar und Februar auf ein einheitliches Vorgehen zu einigen und den endgültigen Hebesatz mit dem Haushaltsplan zu beschließen. Das wäre rechtlich bis zum 30. Juni rückwirkend möglich.
Die CDU stellte jedoch bereits im Finanzausschuss den Antrag, einen Hebesatz von 650 Punkten zu beschließen und setzte das mit der Hilfe der LBL auch durch. Wegen der Mehrheitsverhältnisse in der Gemeindevertretung ist zu erwarten, dass diese Empfehlung zum Beschluss erhoben wird. Der Steuersatz erreicht damit umgerechnet 1023 Punkte, also fast wieder die Rekordhöhe von 1050 Punkten, die nach der Finanzkrise festgesetzt werden mussten. SPD und Grüne lehnten eine Erhöhung zum jetzigen Zeitpunkt ab und wollten die Haushaltsberatungen abwarten.
Wegen Großprojekten sollten Rücklagen erhalten bleiben
Für die CDU sagte Erich Sauer, eine Anhebung jetzt sei „ehrlicher“ und „verantwortungsvoll gegenüber den Bürgern“. Sauer erwartet von dem Schritt Mehreinnahmen von Höhe von 320 000 Euro. Er wies darauf hin, dass die Gemeinde eigentlich das Defizit von 2025 noch aus der Rücklage ausgleichen könne. Die sei dann aber aufgebraucht. Das sei nicht sinnvoll angesichts der großen Projekte, die angegangen werden müssten, darunter der Bau eines Kindergartens in Elmshausen. „Wir müssen einen Puffer haben“, so Sauer. Denn gleichzeitig werde die Gewerbesteuer wegen der Wirtschaftskrise im Land sinken.
Sauer argumentierte aber auch mit der einfacheren Handhabbarkeit. So könne die Verwaltung darauf verzichten, zwei Jahresbescheide für die Bürger auszustellen. Beigeordneter Helmut Götz sagte, mit 650 Punkten komme die Gemeinde im nächsten Jahr auf jeden Fall hin. Tobias Poth (CDU) verwies auf den psychologischen Effekt, wenn es nun einen Bescheid auf der Basis von 540 Punkten gebe und später eine Nachzahlung. Da sei es besser, mit 650 Punkten zu operieren und im Fall von Einsparungen die Steuer später zu senken.
Kerstin Eckel (LBL) sagte, die Steuererhöhung zum 1. Januar sei ein „Signal nach außen“. Es sei klar, dass 540 Hebesatzpunkte nicht ausreichten.
Die SPD bezweifelte die Notwendigkeit einer Steuererhöhung nicht. Helga Dohme lehnte eine „heimliche Steuererhöhung“ im Zuge der Grundsteuerreform aber ab. Achim Mink sagte: „Uns treibt keiner, heute schon über Hebesätze zu reden, wo wir noch gar keinen Haushalt vorliegen haben.“ Wenn der beraten werde, müssten die Hebesätze so festgelegt werden, dass sie passten. Dann sei aber für die Bürger auch klar, warum. Einerseits sei nicht ausgeschlossen, dass es zu Einsparungen komme. Andererseits könne auch sein, dass ein Satz von 650 Punkten gar nicht ausreicht.
Mink schlug vor, außerdem über die Gewerbesteuer zu reden. Es sei bekannt, dass bis zu einer gewissen Grenze – es sind etwa 400 Hebesatzpunkte, Lautertal hat zurzeit 390 – die kleinen und mittleren Unternehmen die Gewerbesteuer voll mit der Einkommensteuer verrechnen könnten. Wenn die Gemeinde diese Marge ausreize, habe sie mehr Geld, ohne dass für die Firmen höhere Lasten entstünden.
Auch Olaf Harjes (Grüne) wollte die Entscheidung über einen neuen Hebesatz vertagen. „Wir planen ins Blaue.“ Die Steuererhöhung treffe die Bürger nun ohne eine Erklärung, wofür das Geld gebraucht werde. Das könne in der Haushaltsplanberatung besser verdeutlicht werden. Zudem sei es möglich, zum Beispiel über die Gewerbesteuer oder eine neue Grundsteuer C Einnahmen zu schaffen, die sich entlastend auswirken könnten.
Grundsteuer A soll weitgehend unverändert bleiben
Auch Bürgermeister Heuns Hinweis verfing nicht, der neue Hebesatz sollte so gestaltet werden, dass er mindestens zwei Jahre Bestand habe. Heun ließ durchblicken, dass das mit 650 Punkten nicht erreicht wird, also eine noch höhere Grundsteuer gebraucht wird. Dem stünden allerdings auch Lohn- und Rentenerhöhungen in den vergangenen Jahren gegenüber, was nicht vergessen werden dürfe. Vieles sei noch unsicher, darunter die Frage, wie die staatliche Schuldenbremse von der nächsten Bundesregierung gestaltet werde.
Die Grundsteuer A soll nach dem Willen der CDU weitgehend unverändert bleiben. Vom Land wurde eine Umstellung von 570 auf 405,98 Punkte empfohlen. Nun sollen es 410 Punkte werden, um einen glatten Satz zu erreichen. Die Mehrbelastungen deswegen seien marginal, sagte Erich Sauer dazu.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/lautertal_artikel,-lautertal-grundsteuer-lautertal-finanzausschuss-_arid,2268210.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/lautertal.html