Lautertal. Mitglieder des Aktionsbündnisses Lautertaler Wald stellten bei einer Begehung im europäischen Schutzgebiet Felsberg fest, dass auf dem Gebiet der Gemeinde Lautertal umfangreiche Fällarbeiten durchgeführt wurden. Es seien sowohl abgestorbene und auch augenscheinlich gesunde Fichten nicht nur entlang der Wege, sondern auch abseits der Wege gefällt worden, schreibt das Aktionsbündnis in einer Mitteilung.
Auf einem stark erosionsgefährdeten Steilhang in Südostausrichtung mit starker Sonnenexposition seien abgestorbene Fichten gefällt worden. Besorgte Bürger hatten das Aktionsbündnis darüber informiert, eine Pressemitteilung der Revierförsterei hatte bevorstehende Verkehrssicherungsmaßnahmen zudem kurzfristig angekündigt.
„Absprachen wurden nicht eingehalten“
Die Begutachtung des Gebiets habe bei der Gruppierung, die sich aus Mitgliedern von Naturschutzverbänden, Bürgerinitiativen, Bürgern und Jägern zusammensetzt, aus mehreren Gründen für große Irritation gesorgt.
Trotz mehrfacher Anfragen an das Forstamt sei man vor geplanten Fällungen nicht angehört worden, bemängelt das Aktionsbündnis. Bei der letztjährigen Begehung im Felsbergwald mit Lautertals Bürgermeister Andreas Heun, dem Forstamt und dem Aktionsbündnis Lautertaler Wald habe man deshalb angeregt, vor Eingriffen in FFH-Gebiete zukünftig beteiligt zu werden. Das Bündnis forderte, Einsicht in die FFH-Vorprüfung zu erhalten, die das zuständige Forstamt vor einem Eingriff erstellen muss, um eine Verschlechterung des Schutzgebiets auszuschließen. Bürgermeister Heun habe diesen Vorschlag als guten, sachlichen Kompromiss aufgenommen und in Gegenwart des Revierförsters und der Forstamtsleitung positiv beantwortet. „Diese Absprache wurde seitens Hessen-Forst jedoch nicht eingehalten, eine Kontaktaufnahme hat nicht stattgefunden“, kritisiert das Aktionsbündnis.
Einsatz für Erhalt des Waldes in Lautertal
Das Aktionsbündnis Lautertaler Wald wurde 2022 gegründet. Bürger, Naturschutzvereine und Bürgerinitiativen haben sich zusammengeschlossen, um sich für den Erhalt des Lautertaler Waldes einzusetzen. Dem Naturschutzbund (Nabu) Beedenkirchen, Elmshausen und Seeheim- Jugenheim sowie dem Netzwerk Bergsträßer Wald haben sich mittlerweile weitere Naturschutzgruppen angeschlossen: Mitglieder des Nabu Kreisverbands Bergstraße, des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund) Bensheim/Zwingenberg, von Greenpeace und engagierte Bürger wollen sich gemeinsam für einen ökosystemorientierten und zukunftsgewandten Umgang mit dem Lautertaler Wald stark machen, wirbt das Aktionsbündnis in einer Mitteilung. red
15 Prozent der Lautertaler Waldflächen sollen laut einer Entscheidung der Gemeindevertretung nicht mehr bewirtschaftet werden. Forstamtsleiter Steffen Hering hatte in der Sitzung des Bau-, Umwelt- und Infrastrukturausschusses am 6. Februar der Gemeinde Lautertal vorgeschlagen, im FFH-Gebiet Felsberg Naturwaldflächen auszuweisen. Baumfällungen in Gebieten, die potenziell für eine baldige Naturwaldausweisung infrage kommen, sei für die Naturschutzgruppen in keinster Weise nachvollziehbar.
Hering habe in dieser Sitzung zudem ausgeführt, dass zum Erhalt der Buchenwälder das Kronendach möglichst geschlossen zu halten sei. Nur so sei das Wald-Innenklima bei immer stärker werdenden Hitze- und Trockenperioden zu erhalten. Aus diesem Grunde würden durch den Forstbetrieb Hessen-Forst nur Einzelstammentnahmen im Gemeindewald erfolgen. Bei der vorliegenden Fällmaßnahme sei laut dem Aktionsbündnis stattdessen das Kronendach durch die Entnahme von Baumgruppen teils stark aufgerissen worden. Im Falle der Kahlfläche auf dem Steilhang sei mit schwerwiegenden Konsequenzen wie Austrocknung und Erosion des Bodens sowie Trockenschäden an den verbleibenden Bäumen zu rechnen.
Der Abtransport soll unterbleiben
Laut einem Beschluss der Gemeindevertretung aus dem Herbst 2023 sollen zeitnah Konzepte entwickelt werden, wie die Lautertaler FFH-Gebiete zukünftig effektiver geschützt werden können. Dieser Beschluss steht laut dem Aktionsbündnis im Widerspruch zu den aktuellen Fällmaßnahmen.
Für die aktuellen Fällungen habe aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht keine juristische Notwendigkeit bestanden, da sie als waldtypische Gefahren durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs von der Verkehrssicherungspflicht eindeutig ausgenommen sind. Die betroffenen Waldstücke seien zudem weit entfernt von den besonders stark frequentierten Zonen rund ums Felsenmeer.
Absprachen mit der Gemeinde wie das Aufstellen von Schildern zur Warnung vor waldtypischen Gefahren seien nicht eingehalten worden. Von den abgestorbenen Fichten sei keine Schädlingsgefahr mehr ausgegangen, da der Borkenkäfer bereits lange ausgeflogen war. Eventuell befallene Fichten hätten nicht gefällt werden müssen, da es im Umkreis kaum mehr gesunde Fichten gibt, die hätten befallen werden können. „Der Borkenkäfer sorgt hier für einen natürlichen Waldumbau. Hier schien es darum zu gehen, aktuell nochmal schnell Geld zu verdienen“, vermutet das Waldaktionsbündnis.
Es sei nach Ansicht der Mitglieder des Aktionsbündnisses nun dringend geboten, dass alle gefällten Bäume zur Totholzanreicherung, Wasserspeicherung und als Erosionsschutz im Gebiet verbleiben und nicht abtransportiert werden. Es sei zum einen Zielvorgabe des FFH-Bewirtschaftungsplanes, Totholz im Wald anzureichern. Zum anderen dürfe der Entscheidung, welche Gebiete als Naturwald ausgewiesen werden, nicht weiter vorgegriffen werden.
Das Aktionsbündnis fordert eine zügige Aufklärung, wie es in Anbetracht der bestehenden Sachver-halte zu einer solchen Maßnahme kommen konnte. „Das Forstamt spielt mit diesem Vorgehen nicht nur mit dem Vertrauen der Naturschützer, sondern auch mit dem des Bürgermeisters, der Gemeinde und der Bürger”, mahnt das Aktionsbündnis.
Es sei auch unverständlich, warum die Mitarbeiter gegen den öffentlich kommunizierten Vorschlag des Forstamtsleiters handelten. Zu prüfen sei zudem, ob die den Gemeindewald betreuende Forstbehörde im Einklang mit dem EU- und deutschen Naturschutzrecht und fahrlässig bezüglich kommunaler Absprachen gehandelt hat. red
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