Heimatgeschichte - Lange Zeit war Bensheim der Anlaufpunkt für gläubige Christen aus dem Lautertal / Erst im Spätmittelalter gründeten sich vor Ort Kirchspiele

20 Kilometer Fußweg zum Gottesdienst

Von 
Heinz Eichhorn
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Der Grundstein für die evangelische Kirche in Gadernheim wurde 1912 gelegt, geplant hatte sie der Architekt Heinrich Metzendorf. In früheren Zeiten, in denen die heutigen Lautertaler Dörfer dem Kirchspiel Bensheim zugeordnet waren, mussten die Gläubigen meist den Fußweg in die Stadt an der Bergstraße auf sich nehmen. © Neu

Lautertal. Weit und beschwerlich war der Fußweg nach Bensheim und wieder zurück. Besonders wenn die gläubigen Christen in den „Oberdörfern“ Gadernheim, Raidelbach und Lautern wohnten. Wenn an den drei hohen Festen Weihnachten, Ostern und Pfingsten die Messe gelesen und gepredigt wurde, hatte die Bevölkerung aus dem Tal dem Gottesdienst in Bensheim beizuwohnen. Nach einer Sechstagewoche in Stall, Feld und Wald versorgten die Bauern am Sonntag ihr Vieh und machten sich mit Frau und Kind auf den Fußmarsch nach Bensheim. Bei Wind und Wetter.

Teil des Bistums Mainz

Auch wenn die Raidelbacher und Gadernheimer die Abkürzung über den Hohenstein nahmen, dürften für den Kirchenbesuch in Bensheim noch rund 20 Kilometer Fußmarsch zusammengekommen sein. Die ersten Bewohner im Tal, die sicher schon früher als vor der amtlich festgestellten Gründung im Jahre 1012 hier lebten, konnten oder mussten schon 772 die Michaelskirche in Bensheim besuchen. Hier wurden ihre Kinder getauft und auf dem Bensheimer Friedhof die Toten beerdigt.

Das Kirchspiel Bensheim, das zum Bistum Mainz gehörte, umfasste die Orte Bensheim, Fehlheim, Groß-Hausen, Schwanheim, Zell, Gronau, Schönberg, Wilmshausen, Elmshausen, Reichenbach, Lautern, Raidelbach, Gadernheim, Hohenstein, Knoden, Breitenwiesen, Schannenbach, Beedenkirchen, Hochstädten, Auerbach und Zwingenberg. Gleich 16 Geistliche feierten dort jeden Vormittag ein Hochamt und gegen Abend einen Vespergottesdienst. In der übrigen Zeit versahen sie ihren Dienst in Schule und Seelsorge.

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Nur wenn sich in den Filialorten kleine Kirchen oder Kapellen befanden, wurde dort an Sonn- und Feiertagen die Messe gelesen und gepredigt. Diese scheint bei dem „Sattelhof“, der uralten Wildhube aus der frühfränkischen Zeit im Bitzenrech im Nordteil der alten Wüstungsflur „Hanrode“ bestanden zu haben, rund 800 Meter entfernt von der heutigen evangelischen Kirche. Dies ersparte nicht nur den Oberdörfern, sondern auch den übrigen Dörfern im Tal den weiten Fußweg nach Bensheim.

Dort löste sich dann mit dem Anstieg der Bevölkerungszahlen das alte Kirchspiel nach und nach auf. Zuerst machte sich Zwingenberg, dann Auerbach, Gronau, Schwanheim und Beedenkirchen selbständig. Wann das Kirchspiel Reichenbach folgte, ist mit letzter Sicherheit noch nicht geklärt. Der Heimatforscher Rudolf Kunz aus Jugenheim, der wesentlich an der Neugestaltung des Reichenbacher Heimatbuches aus 1987 mitwirkte, vermutet das Jahr 1430. Gronau sei bereits um 1387 und Beedenkirchen 1452 selbstständig geworden: „Warum sollte dann dieses Recht dem zentralen und größten Ort Reichenbach vorenthalten worden sein?“, fragt Kunz. Fest steht dagegen, welche Gemeinden dem neuen Kirchspiel angehörten: Reichenbach, Elmshausen, Hanrod, Grauelbach, Hohenstein, Lautern, Gadernheim, Raidelbach, Breitenwiesen und Knoden. Es war also nahezu identisch mit der Großgemeinde Lautertal, die 1971 gebildet wurde.

Sieben neue Kirchen

Nach der Dezentralisierung des Kirchenlebens entstanden im Tal zwei christliche Kirchen in Schönberg, zwei in Reichenbach, eine in Beedenkirchen, eine in Gadernheim und eine in Kolmbach, also insgesamt sieben Gebäude.

Mit der Abnahme der Zahl der Mitglieder sowohl der katholischen, als auch der evangelischen Kirche und der damit verbundenen geringeren Einnahmen, werden derzeit Überlegungen zwecks Kostensenkungen in beiden Konfessionen angestellt.

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