Bergstraße. Sie sind nur wenige Millimeter klein und können trotzdem großen Schaden anrichten. Die Rede ist von mottenartigen Schmetterlingen, sogenannte Traubenwickler, die eine Vorliebe für Weintrauben haben. Wissenschaftlich gesehen lassen sich Traubenwickler, von denen zwei Arten auch an der Bergstraße vorkommen, der Gruppe der Schmetterlinge und Wickler zuordnen. Während der Einbindige Traubenwickler auch mit feuchter Witterung zurechtkommt, bevorzugt der Bekreuzigte eher trockene Orte. Hauptsache: Es ist schön warm.
„Bedingt durch den Klimawandel und damit einhergehende warme und trockene Witterungsverläufe während der Vegetationszeit der Rebe wird das Vorkommen des Bekreuzigten Traubenwicklers zunehmend begünstigt und beobachtet“, beschreibt Christoph Süß, Pressesprecher des Regierungspräsidiums Darmstadt, das veränderte Vorkommen des Schädlings in der Natur. Während warme Temperaturen und hohe Niederschläge auch an der Bergstraße spürbar sind, richten die Traubenwickler in Heppenheim bislang nur wenig Schaden an.
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Die Winzer auf Trab halten sie dennoch. Denn Traubenwickler kommen in mehreren Generationen vor und richten zeitlich gesehen nacheinander unterschiedliche Schäden an Reben und Trauben an. Ab Anfang April beginnt in der Regel der Falterschlupf aus den überwinternden Puppen. Dann folge der Falterflug sowie die Paarungszeit des Traubenwicklers, erklärt das Regierungspräsidium. Der Traubenwickler der ersten Generation baue sein Nest dann bevorzugt in den Blütenständen, so der Heppenheimer Winzer Rolf Freiberger. Durch das Gespinst werde ein Teil der zukünftigen Traube geschädigt. Die schlüpfenden Larven der ersten Generation, der Heuwurm, richten neben der Verspinnung der Einzelblüten auch Fraßschäden an Blütenständen an. Das geschehe von Ende Mai bis Mitte Juni. „Dadurch kann es bereits sehr früh im Jahresverlauf zu massiven Ertragsausfällen kommen“, warnt Süß. Durch den Befall trockne die zukünftige Traube aus und falle herunter, schildert Freiberger.
Während der Befall durch den Heuwurm noch überschaubar sei, werde es erst richtig kritisch, wenn die Eier der Weibchen in die Trauben gelangen. Denn dann würden Würmer daraus und die Trauben faul. „Wenn es zu einer Fäulnis kommt, ist das das größte Problem“, erklärt er. Hier ist die zweite Generation des Traubenwicklers am Werk. Denn nach „ausgiebiger Fraßaktivität kommt es zur Verpuppung der Larven“, sagt Süß. Im Verlauf des Sommers würden dann junge Beeren befallen und ausgehöhlt. Da sie dann noch unreif und sauer seien, heißt die zweite Larvengeneration Sauerwurm.
Um den Mottenflug vorab bestimmen zu können, hängen Winzer in ihren Weinbergen Pheromonfallen auf. Damit lassen sich Traubenwickler nicht nur langfristig bekämpfen, sondern auch die Häufigkeit ihres Vorkommens bestimmen. „Dadurch weiß man, wann der Peak ist“, erklärt Freiberger. Der Flughöhepunkt lasse gleichzeitig auf die Eiablagerung, also die häufigste Begattung der Weibchen, schließen. „Wir haben den Klimawandel, der Bekreuzigte ist da“, sagt Weinbauberater Bernd Neckerauer.
Heppenheimer Winzer setzen vereinzelt Pheromonkapseln ein
Um sie zu bekämpfen, enthalten die Pheromonkapseln spezielle Duftstoffe. Einer hilft gegen den Einbindigen, der andere gegen den Bekreuzigten. Dadurch entstehe eine Pheromonwolke, die ein Durchkommen der Männchen sowie eine Paarung verhindere, so der Weinbauberater. Die Kapseln müssen gleichmäßig alle zehn Meter angebracht werden. Pro Hektar werden 500 Ampullen empfohlen. Diese Pheromone auch in Heppenheim einzusetzen, dafür gebe er zurzeit keinen Handlungsdruck.
„In gewissem Maße sind wir alle vom Traubenwickler betroffen“, sagt zwar der Winzer Patrick Amthor. Doch durch die Lage der Weinberge am Hang blieben sie in den letzten Jahren in Summe von den Schädlingen relativ verschont: „Wir haben hier deutliche Aufwinde“. Auch der Umwelt zuliebe müsse man über eine Anschaffung gründlich nachdenken. Auch das Weingut Koob verzichtete in den vergangenen Jahren auf Pheromone. Ein plötzlicher Befall durch den Traubenwickler sei aber jederzeit möglich.
Der Befall hält sich auch beim Weingut Freiberger in Grenzen. Nur vereinzelt werden Pheromone zur Bestimmung des Mottenflugs angebracht: „Wir machen im Prinzip fast nichts, dafür ist der Schaden bei uns zu gering. Am Ende ist es auch immer eine Kosten-Nutzen-Frage“, sagt Rolf Freiberger. Eine flächendeckende Pheromonaktion im Kreis Bergstraße habe es aber schon gegeben. Die Pheromongemeinschaft, ein Zusammenschluss aus Winzern, habe sich aber nicht für jeden rentiert. Dafür sei es eine „schöne Gemeinschaftsaktion“ gewesen. nab/ü
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