Kommunalpolitik

Windkraft-Projekt steht in Heppenheim wieder auf der Agenda

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fran/ü
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Mehrere tausend Quadratmeter Wald müssten auf dem Kesselberg gerodet werden, sollte die Windkraftanlage dort in die Tat umgesetzt werden. © Reinhardt

Heppenheim. „Opposition ist Mist.“ Wie viel Wahrheit in dieser Aussage des einstigen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering liegt, müssen die Heppenheimer Grünen seit Jahren erkennen. Viele Anträge der Fraktion um ihren Vorsitzenden Franz Beiwinkel scheitern an der übermächtig erscheinenden Parlamentsmehrheit von CDU und SPD – obwohl die Grünen die Sozialdemokraten bei der Kommunalwahl im März des vergangenen Jahres als zweitstärkste politische Kraft der Kreisstadt abgelöst haben.

Zu knabbern haben Partei und Fraktion nach eigenen Angaben auch noch an der Verkleinerung des Magistrats auf nur noch fünf ehrenamtliche Mitglieder. Auch diese Entscheidung wurde im Nachgang der Kommunalwahl in erster Linie mit den Stimmen der Großen Koalition durchgeboxt. „Nach der alten Satzung hätten uns zwei Plätze im Magistrat zugestanden. Natürlich bedauern wir dieses Votum bis heute“, sagt Beiwinkel.

Von Resignation könne dennoch keine Rede sein, betonen der Fraktionsvorsitzende sowie die Doppelspitze des Ortsverbandes, Martin Fraune und Birgit Kohl, im gemeinsamen Gespräch mit dieser Zeitung. „Ich persönlich kenne es ja auch nicht anders – seit nunmehr 23 Jahren“, konstatiert Beiwinkel. Umso wichtiger ist es dem Führungstrio, mit Parlamentsanträgen und Anfragen auf die eigenen Positionen hinzuweisen und die Kontrollfunktion einer Oppositionspartei wahrzunehmen.

„Immer wieder werden wir Grüne als Verbotspartei tituliert. Diesem Vorwurf wollen wir mit unserer Politik und im Dialog mit den Bürgern entgegenwirken“, stellt Birgit Kohl klar. Erklärtes Ziel des Heppenheimer Ortsverbandes ist es demnach vielmehr, die Bürger zu schützen. Sei es mit Blick auf den Klimawandel durch eine Reduzierung der Hitzequellen im Stadtgebiet, beim Vorantreiben der Verkehrswende durch die Einführung von Fahrradstraßen oder beim derzeit allumfassenden Thema Energiesparen beziehungsweise dem Ausbau der erneuerbaren Energien.

Versiegelte Flächen begrünen

„Wir dürfen nicht über die Bürger hinweg bestimmen, sondern müssen sie mitnehmen und auf die schwerwiegenden Veränderungen vorbereiten“, so die Co-Vorsitzende.

Dies gelte nicht nur für die Grünen, sondern auch für die anderen Fraktionen und die Verwaltungsspitze im Rathaus, stellen Fraune, Kohl und Beiwinkel klar. Sie monieren deshalb unter anderem die fehlende Transparenz bei der Umsetzung des städtischen Radwegekonzepts. Und sie fordern: „Die Stadt muss grüner und endlich klimagerecht werden.“

Es gelte deshalb, zu untersuchen, welche versiegelten Flächen insbesondere in der Kernstadt geöffnet und begrünt werden könnten. Explizit nennt Beiwinkel hier den Graben und den Parkhof, der sich bei andauernder Hitze immer mehr in „einen Glutofen“ verwandle. Der Graben sei verkehrstechnisch hingegen „ein städtisches Filetstück“, das künftig ohne Autoverkehr auskommen sollte. „Hier könnten Gastronomie-Angebote sowie Spiel- und Verweilmöglichkeiten für mehr Aufenthaltsqualität in der Innenstadt sorgen“, befindet Martin Fraune.

Für Birgit Kohl steht grundsätzlich außer Frage: „Die Aufenthaltsqualität steigt, je weniger Autos unterwegs sind.“ Auch deshalb müssten der ÖPNV und das Radwegenetz ausgebaut werden. „Hinzu kommt der Sicherheitsaspekt“, sagt Beiwinkel. „Insbesondere Kinder müssen sicher zur Schule kommen.“

Der immer lauter werdenden Diskussion um den Weiterbetrieb der drei verbliebenen deutschen Kernkraftwerke begegnen die Heppenheimer Grünen derweil auf ihre eigene Art. Birgit Kohl: „Wir machen uns stark für erneuerbare Energien, dazu gehört auch die Windkraft in Stadt und Kreis.“

In Abstimmung mit dem Kreisverband und den Ortsverbänden der Nachbarkommunen wollen sich Partei und Fraktion deshalb mögliche Standorte für Windparks oder Windkraftanlagen noch einmal ganz genau anschauen und die Ergebnisse anschließend auch in die politischen Gremien tragen.

„Ein großer Fehler“

Explizit nennt Beiwinkel in dieser Hinsicht den Kesselberg in Ober-Hambach und den benachbarten Heiligenberg, die vor mehr als zehn Jahren als Vorrangflächen für Windkraftanlagen vorgesehen waren. Längst sieht dies anders aus, was Beiwinkel schon vor einigen Wochen als „einen großen Fehler“ bezeichnet hatte. Vielmehr gilt: Kesselberg und Heiligenberg wurden im Teilplan erneuerbarer Energien (TPEE) des Regionalplans Südhessen als Vorrangflächen für Windkraft abgelehnt. „Das wären aber nach wie vor Flächen, die Heppenheim gemeinsam mit Bensheim und Lautertal nutzen könnte“, befindet der Fraktionsvorsitzende. Vier bis fünf Windräder könnten dort positioniert werden, schätzt er.

Bekannt wurde das Vorhaben einst unter dem Projektnamen „Heike“, Ende Februar 2012 informierten sich 150 Bürger aus Heppenheim, Bensheim und Lautertal auf dem Kesselberg über das Projekt. Die Energiegenossenschaft Starkenburg wollte dort seinerzeit bereits fünf Windräder errichten. Pro Rotor hätten dafür 5000 Quadratmeter Wald gerodet werden müssen. Die Sprecher der Genossenschaft versprachen jedoch, die Windräder würden dort gebaut, „wo es der Natur am wenigsten wehtut“. Realisiert wurde „Heike“ bislang freilich nicht. Gut möglich ist aber, dass die einstigen Planspiele durch die Initiative der Grünen nun wieder frischen Wind erhalten. fran/ü

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Thema : Festspiele Heppenheim

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    Fliegender Wechsel im Amtshof. Noch hängt die Fahne des am Sonntag beendeten Weinmarkts über der großen Bühne, da sind schon die Veranstaltungs- und Lichttechniker für das nächste große Ereignis am Werk. Die gemeinnützige „Theaterlust“-GmbH übernimmt die Regie mit ersten Vorbereitungen für das Bühnenbild, das ab diesem Mittwoch aufgebaut wird. In wenigen Tagen beginnen die Heppenheimer Festspiele: Die Premiere von Carl Zuckmayers „Der fröhliche Weinberg“ markiert am 15. Juli nach zweijähriger Corona-Pause den Neubeginn des traditionsreichen, 1974 von Hans Richter begründeten Freiluft-Theaters. {element} Die Schauspielerin und Regisseurin Iris Stromberger hat die Intendanz übernommen, jetzt steht sie zum ersten Mal auf der Bühne, die bis Ende August der Mittelpunkt ihres Theaterlebens sein wird. Ihr Mann Ingo Schöpp-Stromberger, Geschäftsführer und Bühnenbildner der Festspiele, schaut unterdessen auf dem Pflaster nach den Markierungen fürs Podest im hinteren Teil des Hofes. Weil das Gelände abfällt, werden die Sitzplätze erhöht, damit die gute Sicht gewährleistet ist. Neues Mobiliar und neue Polster {furtherread} Und auch in die Bequemlichkeit für die Gäste wird einiges investiert. Die Stadt hat neues Mobiliar angeschafft, vierzig Tische, achtzig Bänke, zusätzlich Stühle, allesamt ausgestattet mit Rückenlehnen. Denn der Festspielbesuch konnte früher zur Strapaze werden, altgediente Theaterfreunde erinnern sich an die harten Biertisch-Garnituren. Auch Andrea Helm, Stiftungsmanagerin der Sparkassenstiftung Starkenburg, hat solche Abende erlebt, „es war doch immer eine Herausforderung“, seufzt sie. Umso erfreuter stellte sie eine Anschaffung vor, die am Dienstag der Stadt von der Stiftung als Dauerleihgabe übergeben wurde: Polster für Bänke und Stühle, maßgeschneidert für das Amtshof-Mobiliar, abwaschbar, wetterfest und mit praktischen Klettbändern zu befestigen. Bei der Auswahl der grauen Farbe hat die Intendantin ein Wörtchen mitgeredet, sieht ja auch sehr schick aus zum Weiß der Bänke, und Iris Stromberger verspricht Tischdecken und Blumen-Deko. Sie will die Menschen aus ihren bequemen Fernsehsesseln wieder ins Live-Theater locken, und dann sollen sie es auch schön haben. „Die Festspiele bekommen einen anderen Charakter“, sagt Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU), und er meint nicht nur den Anblick im Theaterhof, sondern auch die enge und offenkundig sehr gute Zusammenarbeit der Betreibergesellschaft mit der Stadt. Dass die Zuschauer in diesem Sommer unter freiem Himmel sitzen, sei angesichts wieder steigender Corona-Zahlen eine gute Sache. Für die kommenden Jahre, ergänzt Schöpp-Stromberger, solle es aber wieder einen Regenschutz geben. Premiere fast ausverkauft Neben den Polstern, die von der Stadt auch für andere Veranstaltungen genutzt werden können, spendet die Stiftung den Festspielen 20 000 Euro. „Gelebte Kulturförderung“, die sowohl bei der Sparkasse als auch bei deren Stiftung selbstverständlich sei, sagt Helm. Allmählich zieht auch der Vorverkauf an, für die erste Premiere gibt es nur noch vereinzelt Karten, an allen Abenden lohnt es, an der Abendkasse nachzufragen. In den kommenden Tagen wird der Hof sein Gesicht verändern. An der Seite wird sich die Herrmann Gastro Gruppe aus Lampertheim einrichten, die außer Wein der Bergsträßer Winzer eG und Odenwaldquelle-Wasser auch kleine Speisen anbietet. Nicht nur der weiche Sitz, auch die Bewirtung markiert die Abkehr vom sehr rustikalen Charme, der dieses Festival früher auszeichnete. Dann geht es Schlag auf Schlag, die Endproben zum „Fröhlichen Weinberg“ sind schon auf der Amtshof-Bühne angesetzt, und nach dem ersten Wochenende muss rasch umgeräumt werden, damit die bereits fertig einstudierte zweite Produktion „Cash!“ am 22. Juli folgen kann. Die Wartezeit darauf verkürzt von 19. bis 21. Juli an drei Abenden der Schauspieler Walter Renneisen – mit zwei Programmen seines Dauerbrenners „Deutschland, deine Hessen“, dazwischen moderiert er mit eigenen Erinnerungen den Abend „Als der Jazz in Deutschland laufen lernte“, zu dem Sigi’s Jazz Men musizieren. Dann wird im Wochenturnus zwischen rheinhessischem Volksstück und britischer Farce gewechselt. In beiden Komödien hat Iris Stromberger als Regisseurin ihren Ensembles nicht nur Präzision, sondern auch Tempo verordnet. Den „Weinberg“ will sie in rekordverdächtigen neunzig Minuten plus Pause auf die Bühne bringen. Die Regisseurin verspricht: „Wir sind flott unterwegs.“ job/ü

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