Heppenheim. „Sankt Martin war ein braver Mann, der zeigte, wie man helfen kann“: So wird bis heute, auch in Heppenheim, des legendären Ritters gedacht, der mit dem Schwert seinen Mantel teilte und so einen frierenden Bettler rettete. Es muss ja im Alltag nicht solch eine große Tat sein, aber zumal das Teilen gerade vielen kleinen Kindern schwerfällt, greifen einige Einrichtungen das Thema rund um den 11. November intensiv auf. Eine redaktionelle Befragung unter Heppenheimer Kitas zeigt, dass das aber durchaus unterschiedlich gehandhabt wird.
Die katholische Kita Sankt Christophorus begeht Sankt Martin der Leiterin Petra Ratgeber zufolge mit der Lehre vom Teilen über das hölzerne Bilder-Erzähltheater Kamishibai, traditionellen Liedern und einen großen Laternen-Umzug durch die Altstadt am kommenden Montag, 10. November. Daran sind mehrere Gruppen beteiligt. Die Krönung bilden eine kleine Aufführung, für die sich rund 15 Christophorus-Kinder freiwillig meldeten, und ein Feuer am „Bergsträßer Dom“ Sankt Peter nebst Glühwein, Kinderpunsch und Brötchen.
Kirchen trotzen Halloween-Hype
Das Kirchenjahr gibt in konfessionellen Einrichtungen natürlich den Rhythmus vor, aber die dem Toten-Gedenken gewidmeten stillen Tage von Allerheiligen bis Totensonntag lassen sich so kleinen Kindern noch schwierig vermitteln. „Das greifen wir eher Aschermittwoch auf“, und dann natürlich Ostern, „dass etwas Neues erwächst.“ Noch relativ neu in Deutschland, aber schon etabliert, ist Halloween. „Das feiern wir nicht“, betont Ratgeber im Sinne der Kirche. „Die Kinder dürfen natürlich verkleidet kommen, aber sonst thematisieren wir das nicht.“
Die evangelische Kirche hat einen eleganten Ausweg vom Halloween-Hype gewählt. Der 31. Oktober ist parallel auch Reformationstag, und die hiesigen Einrichtungen haben inzwischen aus diesem sehr evangelischen Grund (in Ost- und Norddeutschland Feiertag) geschlossen. So war es auch bei der Heppenheimer Oberlin-Kita. „Wir bilden generell die Lebenswelt der Kinder ab, und dazu gehört natürlich Halloween“, erklärt Leiterin Tanja Hohmann wie den Umstand, dass das Grusel-Spektakel darüber hinaus nicht thematisch befeuert wird.
Sankt Martin schlägt sich sehr wohl nieder, „mit einem kleinen Zug bei uns durch die Straße“ und im Anschluss gemütlichem Beisammensein. Unterstützt von und in Absprache mit den Eltern, was unter anderem in Verzicht auf Alkohol (Glühwein) mündete: Punsch für alle. Die städtische „Drachenbande“ bäckt am kommenden Donnerstag, 13. November, Teile-Brötchen. Auf die Frage, ob sie eine leicht einreißbare Kerbe haben, antwortet Leiterin Lea Sophie Klink mit Augenzwinkern: „Die Kinder kneten den Teig selbst.“ Gefeiert wird am Freitag, 14. November.
Diesen Freitag, 7. November, bereits zelebriert die ebenfalls städtische „Räuberhöhle“ Sankt Martin, dessen Geschichte dieser Tage auch erzählt wird. Eine Woche zuvor kamen die Kinder verkleidet, was aber sowieso regelmäßig erlaubt oder Motto ist, wie Leiterin Ayse Ünal berichtet. Von Disco in der Turnhalle über Glitzer-Tattoos bis zum freien Spiel war alles geboten und „sehr gruselig“. Wie es viele Kinder lieben, die das Feiern von Halloween regelrecht eingefordert hatten. Ausnahmsweise, auch hier wieder in Interaktion mit den Eltern, waren dann, wie in anderen Einrichtungen, auch mal heute aus gesundheitlichen Gründen sonst ungern gesehene Süßigkeiten in Ordnung.
Trotz Bewegung auch stille Momente erleben
In den Folgewochen geht es überall dann (vor)weihnachtlich weiter, mit Bastelei als Option. So hält es auch Ratgeber für Sankt Christophorus, wo etwas Besinnlichkeit Einzug halten soll. Lichterketten, Geschichten und Weiteres mehr, sollen dabei helfen, bei allem Bewegungsdrang zumindest stillere Momente zu erzeugen und zu erleben. Richtig schön gruselig ging es zuletzt bei den ebenfalls großteils verkleideten kleinen Strolchen im Stadtteil Ober-Laudenbach zu. „Die Eltern haben auch tolle Sachen mitgebracht“, zur Deko und vor allem als Halloween-Essen, berichtet die stellvertretende Leiterin Christine Kuhlmann. Auch, dass Halloween erst das zweite Mal auf der Agenda stand.
Wer wollte, konnte zuletzt Laternen basteln oder kann im Sinne der thematisierten Nachhaltigkeit auf schon vorhandene zurückgreifen. Eine kleine Runde führt durch Ober-Laudenbach. In Kirschhausen, vormals katholisch, nun städtisch, begeht die „Pusteblume“ ein „Laternenfest“, für das seit September 75 Laternen entstanden. Teilen soll insofern gelebtes Thema bleiben, als ein Mitarbeiter der Tafel vorbeikommt und mitnimmt, was die Kinder beziehungsweise ihre Familien über einen Sammelplatz Haltbares zum Teilen abgaben.
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