Bildung

Schüler und Lehrer verabschieden sich von Heppenheimer Siegfriedschule

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bib
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Am letzten Schultag vor den Ferien verabschiedeten sich Schüler und Lehrer für immer von der Siegfriedschule. © Lotz

Heppenheim. Blau, gelb, grün und rot: Am Freitagvormittag zogen rund drei Dutzend bunte Ballons von der Siegfriedschule in Richtung Süden über den Bruchsee. Die Heppenheimer Schüler und ihre Lehrer haben sie steigen lassen. Damit verabschiedeten sie sich nicht nur in die Sommerferien, sondern dauerhaft von ihrer Schule. Nach den Ferien werden weder die Kinder noch ihre Lehrer in die Einrichtung zurückkehren.

Wegen der voranschreitenden Inklusion in den Regelschulen sanken die Schülerzahlen in der Siegfriedschule kontinuierlich. Zuletzt besuchten 36 Schüler die Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen. Dieser Bereich wird nun aufgelöst. Zukünftig wird die Sprachheilschule, die derzeit in Bürstadt angesiedelt ist, das Schulgebäude nutzen.

Der Abschied fällt Lehrern und Schülern schwer. „Wir sind hier sehr dicht an den Schülern, aber auch an den Eltern und Kollegen“, sagt Sanja Prenc, Klassenlehrerin der unteren Stufen. Auch Schulleiterin Nicole Roth spricht von einer kleinen Familie, die sich in der Schulgemeinschaft entwickelt hat. Mit einem selbstgemachten Video überraschten die Kinder Roth am Freitag. Die letzte Woche war sehr emotional, so die Schulleiterin. „Es wurde viel gelacht und geweint“, erzählt sie.

Neun Absolventen hat die Siegfriedschule in diesem Sommer, die anderenmüssen nach den Ferien in neuen Einrichtungen untergebracht werden. Einige werden dann auf die Förderschule Kirchbergschule in Bensheim gehen, andere auf die Martin-Buber-Schule.

Hoffnungen und Bedenken

Ein Jahr lang konnte das Kollegium die Schüler auf die Schließung ihrer Schule und den Wechsel in eine neue vorbereiten. „Ich bin mir sicher, sie werden alle gut ankommen“, sagt Roth. Gemeinsam mit ihren Schützlingen haben die Lehrer bereits die neuen Lernorte besucht. Mit dem Bus sind sie den neuen Schulweg abgefahren. Viele Heppenheimer Kinder seien zuvor noch nie Bus gefahren, auch das habe man geübt.

Doch auch Bedenken werden im Kollegium geäußert. „Hier hat jeder seine Eigenarten, da wurde nicht drauf rumgeritten“, sagt Prenc. Sie hat Angst, dass Schüler im neuen Umfeld gemobbt werden oder der Umgangston rauer sein könnte. In der Siegfriedschule konnten viele Kinder ihr Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl aufbauen. Prenc hofft, dass die Kinder sich das beibehalten werden und nicht wieder in alte Muster zurückverfallen.

Doch auch die Lehrer werden die Schule verlassen. Die Wege teilen sich: Frührente, Kirchbergschule Bensheim, Biedensandschule Lampertheim. Die Schulleiterin selbst wird auch in Zukunft noch Kontakt zu dem ein oder andern Schüler haben können: Sie wechselt an die Martin-Buber-Schule.

Auch wenn die Sprachheilschule zunächst den Namen „Siegfriedschule“ behalten wird, außer der Schulsekretärin bleibt niemand dort, so Roth. Es fühle sich wie eine Schließung an, komme für Schüler und Lehrer einer solchen gleich. Seit 1945 war die Siegfriedschule an verschiedenen Standorten in der Kreisstadt ansässig. Ein eigenes Schulgebäude gab es erst 2008 in der Mainzer Straße. „Vielen Schülerinnen und Schülern konnte in 76 Jahren immer ein geeigneter Ort zum Lernen und zur Selbstfindung ermöglicht werden“, sagt Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) über die Einrichtung. Die Schulgemeinde habe viele Kinder und Jugendliche mit schweren Schicksalsschlägen individuell gefördert.

Um die letzte Schulwoche zu feiern, haben sich die Lehrer einiges einfallen lassen. Mit Unterstützung des Schulamtes wurde eine aktionsreiche Woche geplant. Lieblingsfilme schauen, ein Ausflug an den Bruchsee und Wettbewerbe mit Gokarts standen auf dem Programm. Am Donnerstag gab es einen Tag der offenen Tür, bei dem auch die Eltern eingeladen waren. Ein Eiswagen und Planwagenfahrten an den Bruchsee haben allen noch mal eine besondere Erinnerung geschaffen.

Am Freitag feierte die gesamte Schule eine Abschiedsfeier mit Luftschlangen und einer Wunsch-Playliste der Schüler. Das kleine Fest im Foyer der Schule erinnerte ein wenig an eine Fastnachtsfeier.

Kurz vor Schulschluss gab es noch eine Polonaise über den Schulhof. Dann stiegen die Ballons zum Abschluss eines dreiviertel Jahrhunderts Schulgeschichte in den Himmel. 

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