Heppenheim. Weithin sichtbar thront die Starkenburg über Heppenheim. Seit rund 950 Jahren gibt es auf dem steilen Schlossberg eine Befestigungsanlage, die im Dreißigjährigen Krieg nacheinander von Spaniern, Schweden und Franzosen erobert und später zur Festung ausgebaut wurde. Ausreichend Zeit und Gründe also, um Geschichten über Geister und Spukgestalten hervorzubringen.
Fantastisch wird es bereits beim Bau der ersten Burganlage im Jahr 1065: „Adalbert von Bremen hatten von Heinrich VI. alle Klostergüter erhalten, doch der Lorscher Abt Udalrich war damit nicht einverstanden und errichtete über Nacht die Burg, wie es heißt. So blieb Lorsch bis 1232 freies Reichskloster“, sagt Andrea Falk, stellvertretende Vorsitzende des Heppenheimer Geschichtsvereins und Laternenwegführerin. In der Tat ähnelte die erste Burg damals noch eher einem römischen Kastell, mit Erdwällen und Holzbauten, die schnell zu errichten waren.
Das reale Vorbild bleibt im Dunkeln
In die Zeit des Hochmittelalters datiert wohl auch die Sage von der weißen Frau zurück. „Der Burggraf schloss sich einem Kreuzzug an, seine Angetraute hielt von den Zinnen Ausschau nach ihm, doch er kam nicht zurück“, fasst Falk zusammen. „Als sie einem benachbarten Ritter schließlich das Ja-Wort gab, kam just in diesem Moment der verwundete Ehemann zurück. Aber die alten Bande waren zerschnitten und so siechten beide bald dahin. Seitdem geistert sie auf der Burg und sucht nach Erlösung.“
Als erster Ritter auf der Burg wurde Hugo von Starckimberg im Jahr 1206 bekannt. Von ihm rührt auch ihr heutiger Name her, denn ab 1229 hieß sie Starkenberg. Ob er auch Vorlage für die unglückliche Liebe war, ist indes nicht bekannt.
Auch das reale Vorbild für den in Heppenheim beliebten Geisterhund „Melampus“ bleibt im Dunkeln. „Der große schwarze Hund mit den feurigen Augen spielt in mehreren Geschichten eine Rolle. Man sagt, er habe die Burg bewacht“, erzählt Falk. „Als eines Tages Feinde durch den Geheimgang den Schlossberg stürmen wollten, fing er an zu bellen und half bei der Verteidigung. Doch wurde er dabei tödlich getroffen.“ Seitdem soll der Geisterhund öfters im Wald nahe der Burg gesehen worden sein.
Ein Körnchen Wahrheit gibt es vielleicht: Als 1924 der alte Bergfried der Starkenburg wegen Baufälligkeit gesprengt wurde, machte man im Fundament eine gruselige Entdeckung. „Man fand dort ein Hundeskelett“, berichtet Falk. Das passe zwar zu den Melampus-Geschichten, es sei damals aber nicht unüblich gewesen, Tiere beim Bau als Teil des Aberglaubens zu vergraben.
Unbestätigt bleibt auch bis heute der vermutete Geheimgang: „Von der Starkenburg soll er bis zum Kloster Lorsch geführt haben“, berichtet Falk.
Auch wenn die Entfernung natürlich zu weit ist, hatten Burgen oft einen zweiten, geheimen Ausgang. „Vielleicht vom Brunnenschacht aus, der heute leider zum großen Teil zugeschüttet ist.“ Ein reales Vorbild gibt es auf der Burgfeste Dilsberg bei Neckargmünd, wo der 78 Meter lange Bewetterungsstollen des Brunnenschachts noch heute vom Berghang aus begehbar ist. Eine letzte Sage dreht sich um ein geheimes Gewölbe unter der Burg: Das Schloss im Berg. „Ein armer Kerzenmacher aus Kirschhausen schickte seinen Sohn regelmäßig in die Stadt, Kerzen zu verkaufen. Da erschien ihm eine geheimnisvolle Gestalt und versprach ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit ein Säckchen voll Gold, wenn er seine Kerzen ausschließlich an ihn liefere“, erzählt Falk. „Die Heppenheimer waren darüber erzürnt. Und als der Kerzenmachersohn seinem Vater davon erzählte, war die Tür zum Schloss im Weinberg für immer verschwunden.“
Darin klingt die Sehnsucht der Heppenheimer an, einen verborgenen Schatz zu finden. Doch den realen Schatz haben sie sich über die Jahre hinweg bereits geholt: „1765 wurde die Burg zum Schleifen freigegeben. Alles, was nicht niet- und nagelfest war, wurde versteigert und auch die Steine galten als wertvolles Baumaterial“, sagt Falk.
Wohngebäude,Mauern des Hofs und der Eingang fielen dem Abbruch zum Opfer. Der Erzbischof von Erthal stoppte im späten 18. Jahrhundert das Treiben, sodass Rundtürme und Mauern erhalten blieben. 1928 erhielt die Burg ihren neuen Turm und fungiert seither als Jugendherberge, deren Gäste sich nicht am Spuk zu stören scheinen. thr/ü
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